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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 23.1907

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Heft 7
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Bauten der Stadt Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.44950#0067

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1907

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 7

Friedrichs-Realgymnasium. Architekt; Stadtbaurat Ludwig Hoffmann.
Schulhaus in der Mittenwalderstraße. Bildhauer: Josef Rauch.
Fassadensystem.


Sandstein. Unsre Abbildung zeigt die treffliche Wirkung des
Ganzen in der ansteigenden Straße.
Bei der Doppelschule an der Pappelallee und
Lychenerstraße sind Lehrerwohnhaus und Turnhalle an
der letzteren, schmäleren, zu einer Gruppe vereinigt, deren
Vermittlung das Portal der Durchfahrt nach dem Hofe (S. 53)
bildet.
Das Andreas-Realgymnasium ist auf tiefem Hinter-
land mit schmaler Straßenfront erbaut, so daß an dieser, wie
bei mancher andern Berliner Schule, nur das Direktorwohnhaus
Platz fand. Dieses enthält im Erdgeschoß den Durchgang zur
Schule und Turnhalle und die Wohnungen für Schuldiener und
Heizer, im ersten Stock ein Standesamt, im zweiten Stock und
im Obergeschoß die Direktorwohnung.
Die Fassade ist in bayrischem Muschelkalkstein als ein-
fache, kräftige Quaderfläche mit tiefen Fensterlaibungen durch-
geführt. Die Wirkung des Mauerwerks ist verstärkt durch das
Hervorziehen einzelner Quadern und das nach der Mitte zu immer
stärkere Herauswölben der Bogensteine an der Durchfahrt und
an den Fenstersturzen. Besonders wirkungsvoll ist aber der
Gegensatz zwischen der schlichten, kraftvollen Quaderung und
den zarten antiken Gesimsen und antik behandelten Skulpturen,
die zugleich auf die Verschmelzung klassischer und realer Bildung
hinweisen sollen.
Derselbe Gegensatz findet sich nach italienischem Vorbilde
auch an dem Portal des Schulhauses (S. 55), dessen einfache
Quaderumrahmung sich massig von den dahinterliegenden feinen
Profilen abhebt, so daß das einzige Schmuckstück der sonst
ganz glatten Putzfassade besonders bedeutungsvoll hervortritt.
Beredten Ausdruck hat auch die verschiedene Benutzung
der Stockwerke des Direktorwohnhauses gefunden in der Tiefer-
legung des kräftigen Hauptgesimses und der gesonderten Be-
handlung des nur die Schlafräume der Direktorwohnung ent-
haltenden Obergeschosses mit einfachsten glatten Putzflächen
und zarten Putzgliedern, die den untern Hauptteil der Fassade
um so monumentaler erscheinen läßt
Für das Friedrich-Realgymnasium stand ein rund
62 m breiter, 71 m tiefer Bauplatz an der Mittenwalderstraße zur
Verfügung, der mit einem in seiner Mittelachse liegenden nur

18 m breiten und 20 m tiefen Grundstück an die Schleiermacher-
straße reicht Dies führte zu der in der Skizze auf S. 54 ver-
anschaulichten Grundrißdisposition und der stimmungsvollen
Anlage zweier, durch eine eingebaute Halle mit Altan getrennter
Höfe (Tafel 50).
Mit Rücksicht auf die verhältnismäßig geringe verfügbare
Grundfläche wurde die Turnhalle in das Erdgeschoß des Schul-
hauses an der Mittenwalderstraße gelegt. Da sie an Höhe das
anderthalbfache der üblichen Erdgeschoßhöhe beansprucht, er-
gab sich daraus an der Straßenseite das auf S.55u.56 im System
und im Detail wiedergegebene große Fassadenmotiv, dessen
Wirkung durch die Ausführung in bayrischem Muschelkalkstein
im Gegensatz zur oberen Putzfassade und durch die Einfügung
kleiner, sehr feiner, an den Aufsätzen über der Galerie fast zu
feiner Skulpturen noch besonders herausgeholt ist.
Im Innern führte die Anlage der Turnhalle im Vorderhause
zu sehr reizvollen Höhenunterschieden in der Lage der vor-
deren und seitlichen Korridore, die durch die dazwischenliegenden
Treppenhäuser vermittelt sind.
Das Direktorwohnhaus enthält zugleich die Wohnungen
des Schuldieners und Heizers. Seine Straßenseite ist sehr
freundlich gestaltet und mit weißen Putzflächen und Archi-
tekturgliedern in Muschelkalkstein ausgeführt (Tafel 52 und S.57).
Auch hier finden wir die Kontrastwirkung zwischen feinen
Profilen, zarten Skulpturen und einfacher kräftiger Quaderung,
die das schöne Material noch besonders hervortreten läßt, mit
großem Geschick und Erfolg verwendet.
Als ein Zeichen sorgsamster Durchführung auch in der
innern Ausstattung sei erwähnt, daß bei beiden Realgymnasien
Gipsabgüsse der besten Skulpturen früherer Jahrhunderte, noch-
mals in steinfestem Material abgegossen, als Anschauungs-
material und Schmuck in die Wände der Treppenhäuser, Flure
und Höfe eingemauert sind.
Schließlich sei noch kurz der einzigartigen Anlage einer
ganzen Krankenstadt außerhalb des Weichbildes, auf dem
nördlich von Berlin gelegenen früheren Rittergute Buch ge-
dacht. Dort sind, wie schon eingangs erwähnt, eine große
Irrenanstalt, ein Hospital und eine Heimstätte für Brustkranke


Andreas-Realgymnasium in der
Koppenstraße.
Portal des Schulhauses.

Architekt: Stadtbaurat Ludwig Hoffmann.
Bildhauer: Josef Rauch.

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