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Badische Fundberichte: amtl. Nachrichtenbl. für die ur- u. frühgeschichtl. Forschung Badens — 13.1937

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Lais, Robert: Die Steinzeit im Schwarzwald
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https://doi.org/10.11588/diglit.42015#0060

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Robert Lais

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Vll. Der Mensch der Steinzeit im Schwarzwald.
(Dgl. Tabelle als Beilage.)
A.. Die einzige p a lä v li th i sch e Siedlungsstätte des Schwarzwaldes ist der
491,5 ra hohe Röthekopf bei Säckingen, eine nach Süden vorspringende Bergnase,
die ans drei Seiten sehr steil zur tieferen Geländestufe abfällt. Die Funde beweisen
eine nicht lange dauernde Besiedlung durch eine Iägerhorde. Dem Paläolithikum
ist wohl auch der schöne, rundum retuschierte Klingenkraher zuzuweisen, den Wepser
am Fnchsköpfle bei Freiburg gesunden hat, und das papageienschnabelartige Werk-
zeug von der Gelben Mühle bei Lahr.
Es kann heute als gesichertes Ergebnis der Zusammenarbeit von Geologie
und Urgeschichte gelten, daß das Spätmagdalenien in die Endphasen der letzten
Eiszeit und mit seiner letzten Stuse in das sog. Bühlstadium fällt (z. B. Meng hin
1929). Bach zahlreichen früheren Untersuchungen, die sich über Mittel- und Nord-
europa erstrecken und den neueren Ergebnissen Oberdor fers (1931) über die
postglaziale Klima- und Vegetationsgeschichte des Schluchsees^ haben arktische
Zwergsträucher mit einzelnen Kiefern und Birken unmittelbar nach dem Rückzug
der Gletscher im Subarktikum das Gebiet bis tief in die Täler hinab bedeckt. Im
Hinblick auf die Niederlassung des Magdalenienmenschen am Röthekopf bei Säk-
kingen und die allerdings nicht sicher datierbaren Einzelfunde erscheint es wichtig,
den Pflanzenwuchs der tieferen Lagen genauer kennen zu lernen. Leider liegen
aus derartigen Gebieten des Gebirges oder seiner Täler keine Pintersuchungen vor.
Wir dürfen aber unbedenklich die neuesten Ergebnisse Oberdorfers (1937) von
Ohnenheim, in der elsässischen Rheinebene nördlich von Eolmar, und von plrbis
(aus 480 in Höhe) in einem Seitental des Thurtals in den Südvogesen heranziehen.
Beide Moorprofile beginnen im Subarktikum. Das Gebiet um.Urbis und der ganze
mittlere und obere Schwarzwald war von einer unter einem hocharktisch-kontinen-
talen Klima entstandenen Tundra bedeckt. Nur in der klimatisch außerordentlich be-
günstigten Rheinebene standen in der Tundrenvegetation einzelne Kiefern und
Birken. Mit einem scharf ausgeprägten V.mschwung des Klimas, Wohl nach der
atlantischen Seite hin, setzt dann eine geradezu explosionsartige Ausbreitung von
Kiefern- und Birkengehölzen ein, die von der Ebene bis zu den Hochlagen des
Gebirges (z. B. Schluchsee, 900 nr) reicht. Sie ist von einer üppigen Entfaltung der
subarktischen Zwergsträucher begleitet.
Auch für den Röthekopf bei Säckingen, die kleine in nicht ganz 500 nr Höhe
an der Südabdachung des Hotzenwaldes stark vorspringende Bergnase, die den
Wirkungen des Alpenföhns unmittelbar ausgesetzt ist, muß eine nicht unerhebliche
klimatische Begünstigung angenommen werden. Sie hat aber unzweifelhaft nicht
dasselbe Ausmaß erreicht wie in der elsässischen Rheinebene bei Colmar, die im
Wind- und Regenschatten der Vogesen liegt.

5 Den tiefsten Einblick in die Degetationsverhältnisse der postglazialen und diluvialen
Dorzeit verdanken wir der zu einer besonderen Wissenschaft ausgebauten Untersuchung
des fossilen Blutenstaubs, der sogenannten P o llc n analy se. In Torf, Land, Ton und
Mudde haben sich im allgemeinen die Blütenstaubkörner vorzüglich erhalten. Ihre Häu-
figkeitsschwankungen von Schicht zu Schicht spiegeln mit erstaunlicher Treue die Entwick-
lung der Bäume und Wälder in der Llmgebung des Fundortes und damit auch ihre klimati-
schen Kasachen. Die Pollenanalhse wird ergänzt durch die Untersuchung der fossilen Holz-
kohlen, Hölzer, Früchte und Blattreste und durch geologische und bodenkundliche Forschun-
gen. In den kalkreichen Ablagerungen der Dorbergzone hat sich die Auswertung der Mol-
luskenschalen als aufschlußreich bewährt.
 
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