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1631.

1631.
Rembrandt hat 24 Werke mit dem Datum 1631 versehen, die zusammen eine so deutliche
Vorstellung vom Stil dieses Jahres ergeben, daß kaum Meinungsverschiedenheiten über die Zuge-
hörigkeit undatierter Stücke entstehen können.
Außer diesen Werken tragen noch l8 Radierungen neben einem Rembrandtmonogramm die
Jahreszahl 1631^. Sowohl die Horm dieser Zahl wie die des Monogramms wie auch der graphische
Stil der betreffenden Zustände gleichen einander auf allen l8 Blättern und weichen ebenso gleich-
mäßig von allem sonst von Rembrandt herrührenden ab. Dagegen stimmt der Vortrag mit dem aus
signierten Blättern bekannten des I. G. van vliet eng überein. Es scheint, daß dieser Verufsgraphiker,
der hauptsächlich Reproduktionen herstellte, von Rembrandt bei dessen Weggang von Leiden l63l
eine Anzahl kaum begonnener oder halbfertig verworfener, teilweise schon älterer Platten übernahm,
sie in seiner unverkennbaren Weise nacharbeitete und mit Rembrandts Monogramm und dem
Datum l63l versaht, -von einigen dieser Platten haben sich Abzüge vor der van vlietschen Über-
arbeitung erhalten, die noch Rembrandts Hand zeigen. So wurde hier B l50 bi 73 I (107) auf
etwa 1630 (s. S. 205), 8 l75 bl 75 I (55), 8 171 bl 77 I (66) und 3 134 bl 76 I (54) schon auf etwa
1629 datiert.
In der zweiten Hälfte des Jahres (nach dem 20. Juni) 1631 siedelte Rembrandt von Leiden
nach Amsterdam über. Dieser äußere Einschnitt zeichnet sich mit größter Schärfe in der Reihe der
erhaltenen Werke ab. Unter den 1631 datierten Werken stehen einige ikonographisch, stilistisch,
technisch und im Zormat außerhalb jedes Zusammenhangs mit allem bis dahin Geschaffenen, da-
gegen in engstem verband mit der so andersartigen Produktion der fortgeschrittenen 1630er Jahre.
Wenn aber auf Grund dieser Abweichungen einzelne Werke von 1631 hier als „amsterdamisch"
bezeichnet (und damit aus dem Material dieser Arbeit ausgeschieden) werden, so ist es nicht im rein
historisch-biographischen Sinne zu verstehen. Eine derartige künstlerische Wandlung kann sich all-
mählich vollziehen, mit Vorwegnahme und Vorlösungen des Reuen und mit Nachhallen und Wieder-
auftauchen des Alten. Sie ist nicht bloß Resultat, sondern ebensogut Ursache einer solchen Übersied-
lung. vielleicht ist auch die Überlieferung wahr, daß Rembrandt durch seine Historien- und Studien-
bilder so berühmt wurde Porträts der Leidener Zeit sind ja kaum erhalten -—, daß er noch vor der
Übersiedlung Aufträge aus Amsterdam erhielt und sie zunächst etwa bei vorübergehenden Aufent-
halten dort erfüllte, bis er schließlich ganz dorthin zog, weil der Auftrag zu Eulps Anatomie das
erforderte.
„Simeon und die Darbringung im Eempel" im Haag (85) und die „heilige Zamilie"
in München (Abb. Rl. d. Runst I S. 22) die beiden einzigen Historienbilder (im engeren Sinne), die
das Datum 1631 tragen, unterscheiden sich grundsätzlich voneinander, während das Haager Bild
in allem als die Fortsetzung und Rrönung der Leidener Entwicklung erscheint, geht das Münchener
von ganz anderen, neuen Voraussetzungen aus. Bis dahin hatte Rembrandt noch nie „eine heilige
Zamilie" dargestellt, sondern stets nur „die Zlucht nach Aggpten" oder „die Ruhe auf der Zlucht".
Zum erstenmal wird jetzt eine Gruppe in lebensgroßen Figuren gegeben, während im Laufe der
Leidener Entwicklung die Zigurengröße sich von dem Lastmanformat immer mehr zu den kleinen
Ausmessungen des Haager Simeonssegens verringert. Entsprechend ist die Malweise so großflächig
wie vorher nie. Statt des tiefen wie durch eine Öffnung gesehenen Bildraums wird jetzt eine flache
Bühne gegeben vor der die großen Jiguren ihre Gruppe bilden, ganz andersartig gruppiert, bewegt,
modelliert, beleuchtet, gebildet, traditionsbedingt als je zuvor. Alles, was hier in Gegensatz steht zu
dem bis dahin Geschaffenen, berührt sich dagegen so eng mit Werken von 1632—36 (lVlene tekel,
°° Ls sind die Nummern 8 349, 25, 14, 15, 322, 135, 317, 167, 150, 175, 134, 171, 355, 307, 324, 298,
314, 297 - >4 50, (60, (62, 63, (65, 69, (70, 72, 73, 75, (76, 77, (82, (84, (85, (86, (87, (351. Ziehe im einzelnen,
besonders auch wegen des Datums von 14 63 noch den Anhang. Literatur bei hind a. a. V. 5. 5ff., 15 u. passim.
°° Einzelne dieser Stücke (8 167, 8 72, 8 355, 14 (82, 8 307, 14 (84) sehen eher aus, als läge ihnen eine
Nadierung von Lievens zugrunde.
 
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