DER BAUMEISTER • 1910, MÄRZ.
63
fähige Elemente goti-
scher Formensprache
aufnimmt und sie im
Sinne moderner Bau-
gedanken weiterbildet.
Die am Eingang auf-
gestellten Plastiken,
die sich in organischer
Weise den Architektur-
formen anpassen und
gleichsam daraus her-
vorwachsen, sind
Werke des bekannten
Münchner Architektur-
bildhauers Jul. Seidler.
Das Cafe Kusch
in Nürnberg, das als
Resultat einer Meta-
morphoseausteilweise
alten Beständen in sei-
ner jetzigen schmu-
cken Tracht hervor-
ging, bringt den Cha-
rakter des Eckhauses
in repräsentativer
Weise zum Ausdruck.
Noch eine andere
verlockende Aufgabe
wurde ihm in Nürn-
berg zuteil — die Er-
bauung des Gesell-
schaftshauses„Col-
leg“. Der Bauplatz
wargeradezu ideal. Ein
alter Park mit pracht-
vollen Baumbestän-
den, auf die der Archi-
tekt bei der Grund-
risslösung Rücksicht
nahm. Er verstand es,
das Haus in diese an-
mutige Umgebung hi-
neinzubauen, als wäre
es von alters her da-
gestanden. Zum Teil
war es auch alter Be-
stand und musste z. B.
Arch. Emanuel von Seidl, München.
Gesellschaftsbaus „Colleg“, Nürnberg. Speisesaal.
die architektonische Durchbildung des Saales mit dem vordem
bestandenen Gesellschaftssaal durchgeführt werden. Der hei-
teren festlichen Bestimmung gemäss und der Repräsentation,
die es erfüllen musste, brachte Seidl durch die mannigfache
Ausgestaltung der Innenräume, die je nach ihrem Zwecke mit
bald einfacheren bald reicheren Formen im Charakter der
Empire und Biedermeier geschmückt wurden, zum Ausdruck.
Einer ganz anderen Aufgabe galt die Lösung eines Herr-
schaftshauses in einem vornehmen Stadtquartier. Wie Emanuel
von Seidl bei dem Bau des Colleg in Nürnberg die Formen des
Putzbaues in neuer
eigenartiger Weise zur
Anwendung brachte,
so bediente er sich
beim Bau des Hauses
Lampe-Vischer in
Leipzig des Ziegels.
Durch Verwendung
des holländischen Zie-
gelformates brachte er
dessen dunkles Rot
und verhältnismässig
rauhe Oberfläche
durch helle Fugen gut
zur Wirkung; diese
malerische Wirkung
wird nocherhöht durch
die massvolle Mit-
wirkung von Sandstein
für die reicher ge-
stalteten Architektur-
glieder.
Mit seinen Land-
hausbauten wirkt auch
Emanuel von Seidl
seit langem vorbild-
lich. Es sind im Ge-
gensatz zu den Stadt-
hausbauten keine Re-
präsentationsbauten,
keine darstellenden
Architekturen, son-
dern ganz aus inneren
Bedürfnissen heraus
entwickelte Zweckbau-
Arch. Emanuel von Seidl, München.
Wohnhaus Bavariaring 11, München.
ten, Heimstätten für
63
fähige Elemente goti-
scher Formensprache
aufnimmt und sie im
Sinne moderner Bau-
gedanken weiterbildet.
Die am Eingang auf-
gestellten Plastiken,
die sich in organischer
Weise den Architektur-
formen anpassen und
gleichsam daraus her-
vorwachsen, sind
Werke des bekannten
Münchner Architektur-
bildhauers Jul. Seidler.
Das Cafe Kusch
in Nürnberg, das als
Resultat einer Meta-
morphoseausteilweise
alten Beständen in sei-
ner jetzigen schmu-
cken Tracht hervor-
ging, bringt den Cha-
rakter des Eckhauses
in repräsentativer
Weise zum Ausdruck.
Noch eine andere
verlockende Aufgabe
wurde ihm in Nürn-
berg zuteil — die Er-
bauung des Gesell-
schaftshauses„Col-
leg“. Der Bauplatz
wargeradezu ideal. Ein
alter Park mit pracht-
vollen Baumbestän-
den, auf die der Archi-
tekt bei der Grund-
risslösung Rücksicht
nahm. Er verstand es,
das Haus in diese an-
mutige Umgebung hi-
neinzubauen, als wäre
es von alters her da-
gestanden. Zum Teil
war es auch alter Be-
stand und musste z. B.
Arch. Emanuel von Seidl, München.
Gesellschaftsbaus „Colleg“, Nürnberg. Speisesaal.
die architektonische Durchbildung des Saales mit dem vordem
bestandenen Gesellschaftssaal durchgeführt werden. Der hei-
teren festlichen Bestimmung gemäss und der Repräsentation,
die es erfüllen musste, brachte Seidl durch die mannigfache
Ausgestaltung der Innenräume, die je nach ihrem Zwecke mit
bald einfacheren bald reicheren Formen im Charakter der
Empire und Biedermeier geschmückt wurden, zum Ausdruck.
Einer ganz anderen Aufgabe galt die Lösung eines Herr-
schaftshauses in einem vornehmen Stadtquartier. Wie Emanuel
von Seidl bei dem Bau des Colleg in Nürnberg die Formen des
Putzbaues in neuer
eigenartiger Weise zur
Anwendung brachte,
so bediente er sich
beim Bau des Hauses
Lampe-Vischer in
Leipzig des Ziegels.
Durch Verwendung
des holländischen Zie-
gelformates brachte er
dessen dunkles Rot
und verhältnismässig
rauhe Oberfläche
durch helle Fugen gut
zur Wirkung; diese
malerische Wirkung
wird nocherhöht durch
die massvolle Mit-
wirkung von Sandstein
für die reicher ge-
stalteten Architektur-
glieder.
Mit seinen Land-
hausbauten wirkt auch
Emanuel von Seidl
seit langem vorbild-
lich. Es sind im Ge-
gensatz zu den Stadt-
hausbauten keine Re-
präsentationsbauten,
keine darstellenden
Architekturen, son-
dern ganz aus inneren
Bedürfnissen heraus
entwickelte Zweckbau-
Arch. Emanuel von Seidl, München.
Wohnhaus Bavariaring 11, München.
ten, Heimstätten für