Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext


ent-

Mann

zur

dies bereits

ihn scharf,

Theodor Machtet. (-I, MW)

gewesen?"

Gesangnißwärter mit verzweiflung-voller Miene. „Oh ,
daß ich ihn: geglaubt habe — uuu bat er auch mich
in's Unglück gestürzt!"
„Nein, Sie sollen dadurch nicht leiden," fuhr der
Freiherr sort, indem er an seinen Sekretär trat.
„Hier — hier Huben Sie das Doppelte, was der Un-
glückselige verlangte. Nun fliehen Sie, denn ich will
Ihr Unglück nicht! Geben Sie ihm das Geld nicht,
sagen Sie es ihm nicht, fliehen Sie allein, denken Sie
nur au Ihre Rettung!"
„Ich soll ihn im Stiche lassen nnd ihm las Geld
nicht geben?" sragte der Mann erstaunt.
„Nein. Begreifen Sie denn nicht, daß ein Mensch,
der keine Ehre mehr hat, der ein Mörder ist, der Sie
schon einmal betrogen, daß dieser Sie auch zum zweiten

„Er ist

Male betrügen wird! Befürchten Die nicht, daß er
mit dem Gelds allein fliehen und Sie im Stiche lassen
wird? Nun eilen Sie, denn Ihre Flucht wird längst
entdeckt sein und jeden Augenblick können Ihre Ver-
folger hier eintreffen."
„Und was wird aus Ihrem Nesfeu? Er ist ohne
alle Mittel, nur eine Blouse, wie ich sie trage, habe
ich ihm verschafft."
„Denken Sie an Ihre eigene Rettung!" wieder-
holte der Freiherr. „Der Unglückselige ist mein Neffe
nicht mehr — er ist für mich ein Fremder!"
Eine Minute lang zögerte der Flüchtling noch,
dann eilte er schnell fort. Der Freiherr trat an das
Fenster und sah ihn durch den Garten eilen. In
dem nahen Walde war sein unglücklicher Neffe. Vor-
wenigen Wochen war er noch zn stolz
gewesen, eine Bürgerliche zu heirathen,
jetzt war er ein hilfloser Flüchtling,
der durch die Furcht, der Polizei wie-
der in die Hände zu fallen, ruhelos
weiter getrieben wurde.
War er gegen den Unglücklichen
nicht doch vielleicht zu hart verfahren?
Einen Augenblick lang quälte ihn die-
ser Gedanke — dann drängte er den-
selben zurück — er hatte sich von dem
Verbrecher losgesagt!
Eine Stunde später kam bereits
der Kriminalkommissär Pitt. Mann-
stein ließ ihn in sein Zimmer führen.
„Herr Freiherr, Ihr Neffe ist in
der vergangenen Nacht aus dem Ge-
fängnisse entflohen," sprach der Kom-
missär.
Kein Zug in dem Gesichte des klei-
nen Herrn verrieth, daß er
wußte.
„Wie ist dies möglich
sragte er.
Der Kommissär blickte
prüfend an.
„Sollten Sie dies wirklich nicht
wissen?" warf er ein.
„Auf mein Wort nicht," versicherte
der Freiherr.
„Die Eifenstäbe vor dem Fenster
seiner Zelle sind dnrchfeilt, an einem
Seile hat er sich hinabgelassen. Er
ist bei seiner Flucht durch Andere unter-
stützt worden, die ihm das Seil und die
Feile gegeben haben. Auch sein Wärter
scheint für den Fluchtplan gewonnen
zu sein, denn seit heute Morgen ist der-
selbe verschwunden."
„Es ist möglich, daß sein Wärter
ihn unterstützt hat," bemerkte der
Freiherr.
„Und wer hat den Wärter dazu

liom Mei.
K r i m i n a l e r z ä h l u n g
von
Friedrich Friedrich.
(Fortsetzung.)
Des Freiherru Hand zitterte heftig,
flohen?" rief er.
„Ja, durch meine Hilfe," gab der
Antwort. „Ich war sein Wächter im Gefängnisse, er
überredete mich, ihm zur Flucht behilflich zu sein und
versprach mir zwanzigtausend Thaler, wenn seine Flucht
gelinge."
„Und Sie haben ihm geglaubt?"
„Er hat es mir sogar schriftlich ge-
geben. Ich habe es hinterher bereut,
daß ich mich durch ihn habe bereden
lassen, jetzt ist es zu spät — ich bin ein
Flüchtling so gut wie er, deun wenn
ich ergriffen werde, erwartet auch mich
das Gefüngniß."
„Sic haben es schriftlich!" wieder-
holte der Freiherr und ein bitteres Lä-
cheln zuckte um seinen Mund hin.
„Wissen Sie, daß er nichts hat, daß
er ärmer ist als Sie?"
„Er hat mir gestanden, daß er au-
genblicklich ohne jede Mittel ist, sobald
wir jedoch einen sicheren Ort erreicht
haben, wird er seinem Anwalt schrei¬
ben, sein Vermögen flüssig zn machen
und ihm zu senden."
„Sein Vermögen?" Er hat keins."
„Er ist reich," bemerkte der Mann.
„Er hat Sie getäuscht und betrogen,
denn er besitzt nichts, nichts, nicht ein-
mal einen ehrlichen Namen!"
Der Gefängnißwärter fuhr bestürzt
zurück, das Blut war aus seinen
Wangen gewichen.
„Der Schändliche! Nun hat er auch
mich in das Unglück gestürzt!" rief er.
„Wo ist der Unglückselige?"
„Er erwartet mich im Walde."
„Er ist hier, so nahe!" rief der
Freiherr erregt aufspringend. Hastig
schritt er im Zimmer auf und ab und
schien mit einem Entschlüsse zu kämpfen.
— „Ich kenne ihn nicht mehr — mir
ist er ein Fremder!" sprach er daun
ruhiger. „Mag seine Flucht gelingen,
mag er wieder ergriffen werden — mich
soll es nicht mehr erregen. Mein Herz
kennt ihn nicht mehr — meine Hand
bleibt ihm verschlossen!"
„Wir sind unrettbar verloren, wenn
Sie uns nicht unterstützen!" rief der


I
 
Annotationen