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Ich

Louis Agassi;. (>L. 250.)

Der
dein
Die
und

war er noch nicht Graf, sondern hieß

gut," wollte der Alte
. „Ich thue ja Alles,

damals
Oberst Freiherr v. Ord en er, zu mir: Ignaz, morgen
mach' Dich schön, zieh' Deine beste Livree an, Du
sollst mich begleiten, es ist ein Ehrentag morgen . . .
Also ick that, wie der Herr geheißen, auch der Battista
und unser zweiter Gondolier waren in ihren besten
Kleidern mit den neuen Schärpen und dm Wappem
des Obersten an den Kappen. Wir fuhren hinaus
nach San Pietro di Castello ganz am Ende der Stadt,
wo früher der Patriarch von Venedig gewohnt hat,
bis ihm der Navoleon den Palast neben San Marco
schenkte. Dort vor der Kirche wartete schon der Graf
Trev isan auf uns in seiner Gondel, der beste Freund
unseres Herrn und, obschon ein venetianischer Nobile,
gut österreichisch. Ich sage Dir, das war ein schöner
Mann von der Figur unseres Obersten und auch blond,
alle Mädel waren in ihn verschossen, wie er in sie,
und lustig war er, alleweil lustig, auf's Geld kam's

die Dicke, „ich wollt'
gesehen. Aber ich will
nach dem Essen thut's

sagte: „Das ist für Dich, mach' Dir auch
einen lustigen Tag! man hat's nöthig in
dem Jammerleben. Aber sag' mir, wie
kam's, daß der italienische Herr Dir das Geld
gab?"
„Eine alte Schuld von dem Battista,
unserem Gondolier in Venedig, eine Spiel-
schuld, die ich längst verschmerzt und vergessen
hatte."
„Also um Goldstücke habt Ihr da gespielt?
Ja, ja, das war ein Leben herrlich und in
Freuden. Hast's hier fortgesetzt das lustige
Leben und das Meinige durchgebracht. Herr-
lich und in Freuden," lachte sie höhnisch,
„und jetzt steht der Exekutor vor der Thüre."
„Bin ich denn allein Schuld daran?"
wagte der Mann schüchtern einznwersen.
„Schweig!" schrie ''
ich hätt' Dich nimmer
mich nicht anfregen,
nicht Wohl."
„Sei nur wieder ..
die Zürnende begütigen." ,',Jch thue ja AlleH
was Du willst. Sieh, wir spielten nicht oft
so hoch, aber an dem Tage dursten wir's
wohl einmal, es war ja der Hochzeitstag . .
„Hochzeit?" fiel ihm die Fran aufhor-
chend in's Wort, „was war denn das für 'ne
Hochzeit?"
„Die von San Pietro di Castello. Wir
haben von der Geschichte ja schon geredet,
mein' ich."
„Es ist möglich, aber ich weiß nichts mehr
davon. Du schwätzest ja so viel von Deinem
Venedig."
„Sieh, Peppi, das war so: Einmal als der
Wastel, der in unserem Hause am bimmle
Zranäe den auswärtigen Dienst hatte, wieder
an seiner Gicht festlag, die ihm dann auch auf
dem Ruheposten zu Leisteten den Garaus
gemacht hat, sagte der Gras — aber halt,

Das Hans des Mheüo.
Erzählung
von
C. R. Strilüü)
(Fortsetzung.)
Der Mann langte, nachdem er den Affenpinscher
neben sich auf die Bank gesetzt, ans der Tasche seiner
abgetragenen Joppe einen Tabaksbeutel hervor, suchte
eine Weile darin und legte dann seufzend drei Gold-
stücke auf den Tisch. „Da " sagte er mürrisch.
„Lüg' nicht," wiederholte die Fran in drohendem
Tone, „es waren vier, ich hab's deutlich gesehen."
Der Mann suchte noch einmal und sügte schweigend
das fehlende zu den übrigen.
Die Frau steckte drei davon in ihre Geldtasche am
Gürtel, schob das Vierte dem Anderen wieder zu und
einmal

ihm nicht an, bis er das Seinige durchgebracht hatte.
Nun also, es dauerte eine Weile, dann kam die dritte
Gondel mit der Giuditta Salviani, der Tänzerin.
Alle Wetter, ich sag' Dir, die war schön! Wenn sie
wie ein Eiigel mit Flügeln an den Schultern aus den
Coulissen der Fenice hervortanzte und die herrlichen
schwarzen Augen herumwarf und den Herren in den
Logen zulächelte, es war um verrückt zu werden.
Wenn sie dann gar das wunderbare Bein in den weiß-
seidenen Tricots ausstreckte, als wolle sie damit salu-
tiren, ich sag' Dir, da wurde ganz Venedig toll und
unser Oberst auch, und es gab einen ganzen Platz-
regen von Bouquets und Gedichten."
„Nun, nun," brummte die Frau. „Du kommst
ja ganz außer Dir. Du alter Sünder!"
„So was ist aber auch noch nie dagewesen, Peppi.
Also die Giuditta stieg aus ihrer Gondel mit einem
prachtvollen Spitzenschleier und einen: Kranz von Myr-
ten- und Orangenblüthen in den schwarzen
Locken."
Also das war die Braut?"
Ja, das war die Braut."
Und welcher war der Bräutigam?"
Das weiß ich nicht. Es durfte Niemand
in die Kirche als die Herrschaften. Unser
Oberst hatte es strengstens verboten und
wenn er etwas befahl, so mußten wir strikt
gehorchen, sonst gab es Arrest."
„Dummkopf!" brummte das Weib.
„Freilich einmal, als der Meßner heraus-
kam, konnte ich durch die Thürspalte hinein-
lugen —"
„Und was hast Du da gesehen?"
„Es war eine wirkliche Hochzeit.
Geistliche stand im Meßgewands vor
Altar, auf welchen: die Kerzen brannten.
Braut knieete vor ihm ans den Stufen
daneben einer der Herren."
„Welcher war das?"
„Ja, das konnte ich nicht erkennen,
sah nur die Rücken halb von einem Pfeiler
verdeckt. Unser Oberst und Trevisan waren
beide in Civil, hatten auch die nämliche Frisur
und Statur."
„Wurde denn später nicht von der Hoch-
zeit geschwätzt?"
„Im Geheimen wohl, die Einen sprachen
so, die Andern anders. Aber wir mußten uns
in Acht nehmen. Der Oberst war gut und
streng. Hätte er vernommen, daß Einer den
Herumträger seiner Liebesabenteuer gemacht
— „Liaisons" nennen es die vornehmen Leute
— der wäre au: längsten in dem guten
Dienst gewesen. Die Giuditta ging bald ans
Reisen, Du kannst Dir wohl denken weshalb,
dann wurde unser Oberst nach Ravenna kom-
mandirt und als er zurückkam, ging's fort nach
Deutschland."


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