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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 37.1902

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Heft 23
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https://doi.org/10.11588/diglit.44085#0551
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M23. Illustrierte Farnitien-Deitung. Iahrg. IM.



ll?cil6icklost.
komcin von keinkolll vrtincinn.
l?oN!etzung.)

erniedrigen werde, mich gegen deine schimpflichen
Verdächtigungen auch nnr mit einem einzigen Worte
zn verteidigen."
Meinburg atmete schwer. Der hochmütige Stolz,
den sie seinem leidenschaftlichen Zorn entgegensetzte,
reizte ihn unverkennbar so sehr, daß er seine ganze
Willenskraft ansbieten mußte, sich zn beherrschen.
„Höre mich an, Antonie," sagte er mit gedämpfter
Stimme, „und merke wohl auf das, was ich dir
jetzt sage. Ich weiß, daß dein Herz diesem Menschen
gehörte, als du mir dein Jawort gabst — daß es
eine Lüge war, mit der dn an meiner Seite vor den
Altar getreten bist. Versuche nicht, es zu leugnen.
Es wäre verlorene Mühe, denn ich wiederhole dir,
daß ich es weiß."
„Das heißt, dn wußtest es, als du um mich
warbst, und nur, weil es dir darum zn thun war,
ihm eine tödliche Kränkung zuznfügen, setztest du
Himmel und Erde in Bewegung, mich zu deinem
Weibe zu machen."
Was ihm da aus ihren Worten entgegenklang,
war nicht mehr eine augenblickliche Zorneswallnng,
sondern es war lodernder Haß und vielleicht noch
etwas Schlimmeres als das. Für einen Augenblick
starrte er sie betroffen an, denn er war ans eine
solche Erwiderung seiner Anklage wohl nicht
vorbereitet gewesen; aber in der nächsten
Sekunde bänmte sich sein Mannesstolz zornig
ans gegen die Vorstellung, daß sein Weib
tollkühn genug sein könnte, ihm die Waffe
ans der Hand zu windeu, mit der er sie zn
zerschmettern gedachte. Und die von nenem
heiß cmporschäumcnde Wut machte ihn brutal.
„Du hast also nicht einmal Selbstachtung
genug, in Abrede zn stellen, daß du dich mir
lediglich verkauft hast?"
„Warum sollte ich in Abrede stellen, was
du doch jedenfalls so gut weißt als ich? Mein
Vater wäre damals ohne deine H^fe ein
ruinierter Mann gewesen. Und ich war eine
zn g'nte Tochter, als daß ich mich lange hätte
weigern sollen, den Preis zu zahlen, den dn
für seine Rettung verlangtest. Wer in solchem
Falle verächtlicher ist, der Käufer oder die
Gekaufte — das ist eine Frage, über die wir
wohl in deinem Interesse jetzt nicht weiter
reden."
Die Finger des Grafen wühlten sich tief
in die gepolsterte Lehne des Sessels, der zwi-
schen ihm und seinem Weibe stand. Die Adern
an seinen Schläfen waren hoch aufgeschwolleu,
und seine Augen schienen sich von Sekunde zn
Sekunde dunkler zu färben.
„Nein, wir wollen nicht weiter davon
reden," stieß er hervor, „wenn anch aus
einem anderen Grunde als dn ihn da anführst.
Denn auch meine Geduld hat ihre Grenzen,
und ich fühle, daß ich diesen Grenzen schon
verzweifelt nahe gekommen bin. Machen wir
also ein Ende! Was vor unserer Verhei-
ratung geschehen ist, mag auf sich beruhen; denn
es ist nichts mehr daran zu ändern. Auch kann ich
dich nicht hindern, sträfliche Gedanken zu hegen,
wenn dein eigenes Gewissen es dir gestattet. Wohl

„Das Gesetz mag dir eine Befugnis geben, Rechen-
schaft von mir zn fordern für meine Handlungen;
meine Wünsche und Gedanken aber sind mein. Ich
werde sie dir so wenig preisgeben, als ich mich dazu

Erregung die Achseln und es war ein Klang von
beleidigender Geringschätzung in ihrer Stimme, als
sie erwiderte: „Eine hochnotpeinliche Auseinander-
setzung also! Und das in einem fremden Hause! Ich
denke, du solltest dir's anfsparen, bis wir wieder in
Meinburg sind."
„Ich wähle für das, was ich dir zu sagen habe,
den Zeitpunkt, der mir als der geeignete erscheint,"
unterbrach er sie scharf. „Du hast also gewußt, daß
dieser Hungerleider hier auf Girnitz ist. Und nnr,
.um ihn wiederzusehen, hast dn mich bestimmt, die
Einladung des Fürsten anzunehmen!"
„Wenn mit der geschmackvollen Bezeichnung, die
dn da gewählt hast, Alexander v. Alvörden gemeint
ist, so habe ich keine Veranlassung, deine Frage zu
verneinen."
Er trat einen Schritt näher auf sie zu, und seine
Hände ballten sich unwillkürlich zn Fäusten. „Nicht
diesen Ton!" herrschte er sie an. „Ich bin bei Gott
nicht in der Laune, ihn zu ertragen. Ist es denn
so weit mit dir gekommen, daß dir nicht einmal
das Schamgefühl gebietet, deine sträflichen Gedanken
und Wünsche zu verbergen?"
Sie warf den Kopf zurück, uud ruhig ertrugen
ihre schönen stolzen Augen seinen sprühenden Blick.

wacköruck verboten.)
räfin Mcinbnrg schien beim Abschiede des
Forstmeisters dessen Erwiderung wärmer
als vorhin zn finden, denn es glitt ein
Aufleuchten der Freude über ihr Gesicht,
und deutlich fühlte Herr v. Alvörden den festen Druck
ihrer merkwürdig heißen Finger. Sein unverändert
ernstes Gesicht verriet nicht, inwieweit er sich durch
diese Gunstbezeigung beglückt fühlte; aber als erbald
darauf an der Seite des kleinen, redseligen Doktors
ins Freie hinaus trat, atmete er tief auf wie jemaud,
der froh ist, dem Aufenthalt iu einer dumpfen, be-
drückenden Atmosphäre entronnen zn sein.
Auch das gräfliche Ehepaar zog sich bald nach
der Entfernung der übrigen Gäste in seine Ge-
mächer zurück. Antonie war seit dem Augenblick,
wo sich die Thür hinter dem Forstmeister geschlossen
hatte, wieder ganz znr schönen Statue geworden.
Und so leicht hatte sie, während sie an der
Seite des Gatten ihrem Schlafzimmer zn-
fchritt, die Hand auf feinen Arm gelegt, daß
er die Berührung kaum verspürte.
Die Räume, die man ihnen auf Schloß
Girnitz zur Verfügung gestellt hatte, bestan-
den ans einem kleinen Salon und zwei rechts
und links von ihm gelegenen Schlafgemächern.
An der Thür des Appartements wurden sie
bereits von der Kammerjungfer erwartet und
die Gräfin machte dem jungen Mädchen ein
Zeichen, ihr zn folgen.
In demselben Moment aber wandte Graf
Meinburg den Kopf und sagte in befehlen-
dem Tone: „Meine Gemahlin bedarf Ihrer
Dienste vorläufig noch nicht. Wir werden nach
Ihnen klingeln, sobald wir Sie brauchen."
Antonie sah flüchtig zu ihm ans und eine
kleine, scharfe Falte, eine Falte trotzigen Zor-
nes, erschien über ihrer Nasenwurzel. Aber
sie erwiderte nichts, und ließ es geschehen, daß
sich die Dienerin mit verwunderter Miene ent-
fernte. Erst als sich die Thür des Salons
hinter ihnen geschlossen hatte, sagte sic, indem
sie die Hand von dem Arm des Gatten gleiten
ließ und nm ein Paar Schritte von ihm zu-
rücktrat: „Was soll das heißen? Seit wann
bist denn dn cs, der meiner Zofe Befehle er-
teilt?"
„Ich denke doch, daß ich ein Recht dazu
habe," erwiderte er. Und dann, indem er die
Arme über der Brust verschränkte und sie mit
einem funkelnden Blick vom Kopf bis zn den
Füßen betrachtete, fügte er hinzu: „Anch dürfte
es dich kaum befremden, daß ich das Mädchen
entfernt habe, dem: du mußtest darauf gefaßt fein,
daß ich nach den skandalösen Vorgängen dieses
Abends den Wunsch haben würde, mit dir zn reden."
Die junge Frau zuckte ohue ein Anzeichen der
 
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