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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 37.1902

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Heft 25
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https://doi.org/10.11588/diglit.44085#0615
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Das Buch für Alle.

Heft 25.

und ihr entgegenkommen. Aber kaum, daß sie den
Gedanken gefaßt hatte, verwarf sie ihn wieder.
„Jetzt justament uil!"
Da kam sie an einer Stelle, wv die Schneedecke
noch weniger erweicht war, ins Gleiten, stürzte.

und rutschte unaufhaltsam die steile Böschnug hiuab.
Wohl streckte sic iustinktmäßig die Arme weit von
sich nnd suchte nach einem Halt, aber die Hände
griffen nur in den Schnee, nnd so glitt sie weiter,
bis sie endlich am Rande des SchneefeldeS liegen

blieb. Mühsam raffte sie sich wieder auf. Die
Zähue schlugen ihr klappernd aneinander vor Kälte,
ganz durchnäßt war sie schon von dem dicken
stinkenden Nebel, und in allen Gliedern spürte sie
einen dumpfen Schmerz. Jetzt half alles nichts

Keitenmaciieriiuien in Crcuüeij iöeatü l^nglaiui). (5. H15)


mehr, mit matter Stimme rief sie nm Hilfe. Und
richtig, wie sie so angstvoll lauschte, traf ein Laut
ihr Shr, der sie wieder mit Hoffnung beseelte.
Zwar ivar es keine menschliche Stimme, sondern nur
das Brüllen eines Rindes nnd der Klang einer Kuh-
schelle, aber trotz Müdigkeit und Schmerzen arbeitete
sie sich doch in die Höhe und ging den Lauten nach.

Und nach hundert Schritten hatte sie die Knh er-
reicht, die selber in dem schützenden Geäst des
Krummholzes Zuflucht gesucht haben mochte, bis
sich der Nebel verzogen. Ganz entkräftet sank die
Steinleitnerin neben dem Tier in die Kniee und
schmiegte sich eng an den wärmenden Körper des
ruhenden Rindes. „Na, weil ich nur dich gefunden

hab', du lieb's Kuhl', du," schmeichelte sie. „Gelt,
laßt mich lieaen da, daß ich nit ganz erfrier'. Leicht
war's eh a Sünd' von mir, daß ich da 'raufg'stiegen
bin nnd hab' dem armen Madel weh thnn wollen.
Was kaun's denn dafür, daß 's jung is und sauber
und daß sich mein Flori in sie vergafft hat! Hab'n
halt alleweil ein wen'g z' streng g'halten, den Buben,
 
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