Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Heft r. AUrMnievte Famikien-Zeitung. Ļhrg. mz.


Vie krau 6e; Ken6anten.
Kriminalroman von Z. v. klauhmann.
(kortktzung.)
' ttllicköeuck verboten.)
ach einer kurzen Pause fuhr der Ilnter-
M suchungsrichter zum Kommissar geweudet
I U fort: „Ich wiederhole, daß ich aus Grund der
empfangenen Eindrücke die Überraschung der
^rau Winter wie ihre Verzweiflung und ihre Ent-
rüstung gegen den verbrecherischen Gatten für durch-
aus ungekünstelt halte. Wem: die Frau von der
Absicht ihres Mannes Kenntnis gehabt oder ihn gar
dazu aufgestachelt hätte, würde sie jetzt auch viel
eher bemüht sein, ihn zu
entlasten, statt ihn so rück-
haltlos preiszngeben, wie
sie es im Gegensatz zu
ihrer Schwägerin getan
hat."
„Im Gegensatz zu ihrer
Schwägerin, Herr Rat?"
„Nun ja! Die Schwe-
ster glaubt eben noch immer
an seine Schuldlosigkeit,
oder sie schämt sich doch
einzngestehen, daß sie
nicht mehr daran glaubt.
Für verdächtig aber kann
ich darum auch sie noch
nicht halten. Die Helfers-
helferinnen eines gemeinen
Diebes pflegen anders aus-
zusehen als diese junge
Lehrerin."
„Sie wünschen also
nicht, daß die beiden Da-
men polizeilich beobachtet
werden?"
„Wenn Sie es für
nötig oder zweckmäßig hal-
ten — meinetwegen! Nur
möchte ich wünschen, daß
es in möglichst rücksichts-
voller und unauffälliger
Weise geschieht. Wenn sie
keinen Anteil an der Sache
haben, sind sie wahrhaftig
ohnehin schwer genug heim-
gesucht."
„Man wird selbstver-
ständlich mit aller Scho-
nung und Diskretion zu
Werke gehen. Und für
etwaige schärfere Maß-
regeln, wie erneute Haus-
snchnngen oder dergleichen,
werde ich mich vorher je-
desmal der Zustimmung
des Herrn Untersuchungs-
richters versichern. — Ist

übrigens das Nummeruverzeichnis der Kassenscheine
schon gedruckt?"
„Ja. Ich habe mir eben eine Anzahl von Ab-
zügen geben lassen. Da — ich stelle sie Ihnen zur
Verfügung."
Der Kommissar überflog mit raschem Blick eines
der in Form der gewöhnlichen polizeilichen Lauszettel
bedruckten Blätter. „Die Numerierung der Hundert-
markscheine ist mit verhältnismäßig wenigen Aus-
nahmen eine fortlaufende," sagte er. „Es muß sich
also um ganz neue, direkt von der Reichsbank ge-
kommene Noten handeln, die sich noch nicht im Ver-
kehr befunden haben. Das könnte uns möglicher-
weise von großem Nutzen sein."
„Hoffen wir es! — Aber nun können wir, wie
ich denke, auf eine weitere Inanspruchnahme dieses
Zimmers verzichten. Meine Anwesenheit hier im

Hause hat keinen Zweck mehr, nnd ich werde alle
weiteren Vernehmungen zu dieser Sache im Gerichts-
gebäude bewirken. Haben Sie mir noch irgend etwas
zu sagen, Herr Kommissar?"
„Nein — bis auf eine Frage. Daß der Pförtner
Nitschke außer Beobachtung gestellt werde, haben
der Herr Untersuchungsrichter ja bereits ungeordnet.
Ich möchte mich aber auch darüber informieren, ob
gegen den Buchhalter Bartel noch ein Verdacht vor-
liegt, der seine Beobachtung notwendig erscheinen
läßt. Ich habe augenblicklich nur wenige Beamte
zur Verfügung nnd möchte ihre Kräfte nicht gern
an eine zwecklose Aufgabe vergeudet sehen."
„Lassen Sie den Buchhalter in Gottes Namen
unbehelligt seines Weges gehen. Seitdem nur die
Kombination mit dem Morde aufgcgebcn haben,
entfällt jeder Verdacht gegen den Munn."
„Das war auch meine
Ansicht. Ter Hamburger
Brief des Herrn Rendan-
ten hat uns wenigstens
davor bewahrt, unsere
Zeit noch länger ans einer
falschen Fährte zu ver-
lieren."

luölltss Kapitel.
Es ivar am vierten
Tage nach ihres Mannes
rätselhaftem Verschwinden,
als Fran Hermine Winter
emsig schreibend in ihrem
Zimmer saß. Der Eifer,
mit dem sie sich dieser Be-
schäftigung hingab, hatte
ihre Wangen gerötet, und
sie sah wieder so hübsch
aus, als wäre das furcht-
bare Ereignis und der
anfangs so bedrohlich schei-
nende Krankhcitsanfall
völlig spurlos an ihr vor-
übcrgcgangen.
Dabei hatte sich in-
zwischen nichts ereignet,
das danach angetan ge-
wesen wäre, sie freudiger
nnd hoffnungsvoller zu
stimmen. Das Dunkel,
das über dem Verbleib
des flüchtigen Rendanten
schwebte, hatte sich nicht
gelichtet. Man hatte seit
jenem in Hamburg auf-
gegebenen Briefe kein
Lebenszeichen mehr von
ihm erhalten. Wenn sic
nicht ängstlich vermieden
hätte, eine Zeitung zur
Hand zn nehmen, würde
Hermine in allen Blättern
gelesen haben, daß der
Kassierer der Glückanfge-

nm «armen Oken, llacli einem Semäläe von Konrad Medertiolü


Vll. IS03.
 
Annotationen