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Heft s. JUustvierte FnmiUen-Deitnng. Zahrg. IM


Vie krau 6s; Ksn6anten.
iiriminalroman von O. tilauhmann.
<?ort!ehung.)

' <Itack6ruck verboten.)
W artel hatte aber doch Überlegung genug, sich
zu sagen, daß von einer Übersendung der
. M Geldsumme an Winters Schwester nicht
Rede sein könne. Denn er kannte die
unbestechliche Lauterkeit ihres Charakters, und es
war während dieser letzten Tage in seiner Gegen-
wart so oft von der Haltung gesprochen worden,
E sie der abweichenden Auffassung der anderen
öogenüber bewahrte, daß er dadurch hinlänglich
sUr äußersten Vorsicht gemahnt wurde.
Er wußte, daß Martha das Geld nicht still-
schweigend hinnehmen würde, und er mußte fürchten,
daß etwaige polizeiliche Nachforschungen nach dem

anonymen Absender für ihn leicht verhängnisvoll
werden könnten. Darum galt cs, allen Scharfsinn
anznstrcngen, damit ihm nicht gerade diese Regung
eines Edelmuts, der seine Ursache freilich allein in
seiner schwärmerischen Liebe für die schöne junge
Lehrerin hatte, zum Verderben gereiche.
Er sann und grübelte, den Blick immer auf seine
Schätze gerichtet, bis lange nach Mitternacht, und
auch dann war er noch nicht zu einem bestimmten
Ergebnis gekommen. Soviel nur war ihm bei seinen
gründlichen Erwägungen klar geworden, daß er ihr
nicht die ganze Summe auf einmal zukommen lassen
dürfe, und daß er für die Übermittlung einen anderen
als den brieflichen Weg wählen müsse, bei dem ein
Federzng, ein Poststempel, ja selbst das Papier des
Briefumschlages unter Umstanden an ihm zum Ver-
räter werden konnte. Deshalb steckte er nur einen
der funkelnagelneuen Tanscndmarkscheine in seine
Brieftasche und brachte das übrige wieder an dem
gewohnten Platze unter.
„Wenn ich ihr nur diese tausend Mark unauf-

fällig in die Hände spielen kann," dachte er, „so ist
sie doch wenigstens für die nächste Zukunft gesichert.
Und-später - - spater findet sich schon Rat."
Seine Pulse jagten schneller, als er sich, aus sein
hartes Lager hingestreckt, in die Vorstellungen ver-
lor, die sich für ihn mit diesem unbestimmten „später"
verknüpften. Das Mädchen, das er mit so verzehrender
Leidenschaft liebte, hatte ja in seinen Gedanken auf-
gehört, die unerreichbare Göttin zu sein, die er wohl
demütig anbeten, doch nimmermehr zu besitzen hoffen
durfte. Sic selbst hatte ihm gesagt, daß dunkle
Abstammung oder niedere Herkunft für sic kein
Hindernis sein würden, einem Manne ihre Achtung
zu schenken. Er wußte aus ihrem eigenen Munde,
wie warmes Interesse sie für den Romanheldcn ge-
fühlt hatte, der doch nur ein elternloser Findling
gewesen war. lind wenn er auch nach dein Maße
feiner Bildung und seiner Anlagen nicht gleich jenem
berufen sein konnte, große Geistestaten zn verrichten,
so stand ihm doch nach seiner innersten Überzeugung
darum nicht weniger der Weg zu den Höhen der mensch-



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