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Heft 20. AUrrstvie^te Famiiien-Deitrrng. Iahrg. iW.



8ec!rrelints; llapllel.
„Setzen Sie sich, Linning," sagte
Elverdaal von seinem Bett aus zu
dem Rechtsanwalt, der eben eintrat.
„Sie sehen hier, wie kleine Ursachen
große Wirkungen haben. Ich wollte
eben in den Wagen steigen, um ins
Parlament zu fahren, wo heute die
Abstimmung über den berühmten Filz-

van Elverclaak Crblckait.
komcm von v?o!6emcir Urban.
(?orlsshung.)

(Ncickclruck verboten.)
suchst du, Alice?" fragte Mister Bur-
R F nett erstaunt.
„Ach, Papa, ich dachte
„Meintest du Mister Elverdaal?"
„Papa, ich-- Das Abendessen ist fertig,
Papa. Man erwartet dich drinnen."
„Alice!" fügte ihr Vater erstaunt und sah sie
scharf an. „Was soll das heißen? Kannst du nicht
Ja oder Nein sagen?"
Alice hob den Kopf rasch und -
freimütig empor. „Ja, Papa!" er-
widerte sie fest, wenn auch tief er-
rötend, „ich erwartete Mister Elver-
daal."
„Es ist gut. Gehe ins Hans,"
sagte Burnett kurz und nachdenklich.
Schweigend wandte sich Alice ab und !
ging in das Hans, während Burnett
trotz des harrenden Abendessens noch
lange sinnend über den Fluß hinweg-
schaute, auf dem noch immer das
hastende Getriebe der Kutter und
Kähne, der Schleppschiffe, der großen
und kleinen Dampfer auf und ab
wogte. Längs der Ufer und auf dem
Flusse selbst schimmerte ein Lichter-
meer in allen Farben, Pfeifen und
Signale klangen durch die Abend-
stille, Dampfwolken ringelten sich am
Himmel hin, aber Burnett sah das
alles nicht. Die Angelegenheiten El-
verdaals nahmen ihn je länger je
mehr in Anspruch. Er war gewiß kei-
ner von denen, die sich vor dem gol-
denen Kalbe auf die Kniee werfen,
aber er verachtete das Geld keines-
wegs, und wenn er für sich heimlich
sagte: Geld macht nicht glücklich, so
fügte er rasch hinzu: aber es ist em
gutes Ding und macht auch nicht un-
glücklich, wenn man Verstand hat.
Nur für deu armen Elverdaal, meinte
Burnett, wäre es vielleicht besser ge-
wesen, er hätte sein verhängnisvolles
Erbe nie gesehen.

hinweg sind, die mir meine Feinde in den Weg
werfen Daß mir das freilich gerade jetzt passieren
muß, ist sehr bös. Indessen — Elverdaal bleibt
Elverdaal! Setzen Sie sich. Wie steht unsere An-
gelegenheit?"
Linning sah den Patienten einen Augenblick
prüfend an. Er erschien ihm heute noch mehr ver-
fallen, noch zerfahrener und verwirrter als bisher.
Die Geschichte mit der Apfelsinenschale machte ja
seiner Phantasie alle Ehre, und wenn der Rechts-
anwalt nicht schon vom Kutscher gehört hätte, daß
Elverdaal in der Trunkenheit den Tritt verfehlt und
gefallen war, dann hätte er sie sogar glauben können.
Trotzdem machte „Seine Herrlichkeit" einen jämmer-
lichen Eindruck. Die groben Züge erschienen krank-
haft bleich, mit roten Flecken auf den Wangen, die
ausdruckslosen starren Augen wässerig
verschwommen, bald irr anfflackernd,
bald starr und wie bewußtlos, die
Bewegungen unsicher, zitterig und
fiebernd, als ob der Mann seiner
eigenen Glieder nicht mehr sicher sei.
„Es ist vorbei mit der Herrlichkeit,
alter Sohn," dachte Linning, während
der Kranke in seiner breiten, lärmen-
den Weise seinen Unfall erzählte,
„du pfeifst aus dem letzten Loch!"
„Es steht nicht so gut, wie ich es
in meiner treuen Anhänglichkeit und
Ergebenheit wünschen müßte," er-
widerte er dann, „es steht aber auch
nicht so schlecht-, wie ich es fürchten
müßte. Der Antrag auf Aufhebung
der Vermögenssperre Eurer Herrlich-
keit ist abgegangen. Sie kennen ihn.
Er ist gepfeffert und gesalzen und
wird seine Wirkung nicht verfehlen.
Ich habe das Beweismaterial des
Gegners zerstückelt, zerrissen und zer-
fleischt wie der Wolf das Schaf. Ich
bin sicher des Erfolges. Aber —
gut Ding will Weile. Es handelt
sich darum, über den toten Punkt
hinwegznkommen, und ich glaube, das
geschieht immer noch an, besten durch
einen Vergleich."
„Ich will mich aber nicht ver-
gleichen!"
„Ein magerer Vergleich ist besser
als ein fetter Prozeß," unterbrach
ihn der Rechtsanwalt. „Wir müssen
Geld haben, Herr van Elverdaal,
erst daun können wir wieder an
kostspielige Prozesse denken und auch
den Vergleich wieder anfechtcu, wenn
Eure Herrlichkeit das durchaus wollen.
Das erste und notwendigste Ziel ist
aber die Aufhebung der Sperre."
„Haben Sie mit Perkins über den
Vergleich gesprochen?"
„Ja. Es handelt sich um dcn
einstweiligen Verzicht auf hundert-
sünfzigtausend Pfund oder drei Mil-
lionen Franken zu Gunsten der Frau

Pantoffelantrag erfolgen muß, als ich auf einer weg-
geworfenen Apfelsinenschale ausglitt und mich am
Knie verletzte. Merken Sie wohl, Linning? Eine
weggeworfene Apfelsinenschale hindert mich, meinen
Einfluß auf Lord Leeds und Sir Walter Hirsdale
geltend zu machen, eine weggeworfene Apfelsinen-
scbale kann eine strafbare Vernachlässigung der eng-
lischen Armee und damit dcn Ruin und Verfall
Englands zur Folge haben. Haben Sie das be-
griffen, Linning?"
„Ich bedauere den Unfall Eurer Herrlichkeit un-
gemein," erwiderte der Rechtsanwalt schmerzlich be-
wegt.
„Ich weiß es, Linning, ich weiß, daß Sie ein
treuer, ehrlicher Mensch sind. Es wird Ihr Schaden
nicht sein, wenn wir erst über die kleinen Hindernisse

Zn Verlockung, llack einem Semäiäs von Mliielm Kalieiback.




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