Heft 22. Illustrierte Flrmilieu-Deitung. Iahrg. IW.
Vollen Ns um: nickt ciuck malen? llcick einem Temcllkls von ?. Labrera Lanto. (8. ^81)
manche Tonne Kopra wurde sein Eigentum für
eine Perlenschnur, die ihm zwei Pence kostete. — Ja,
das waren noch schöne Zeiten, mein lieber Mister
Twellinghood! Und immer ehrlich, mein teurer
Sir! Wir haben nie Schnaps unter die Eingebo-
renen ansgeteilt. Scheppers litt das nie, aber er
steckte den Gewinn des Kaufmanns und den Ge-
winn des Schiffsführers in dieselbe Tasche. Das
war sein großer Vorteil. Dadurch konnte er immer
weiter und immer mächtiger ausgreifen, dadurch ge-
wann er Millionen."
„Ehrlich!" schaltete Twellinghood ein.
„Ehrlicher wie mancher in Europa, der mit Titeln
und Orden großtut."
„Wie kam es denn aber dann, daß er seinem
Steuermann Brockers —"
„Was?" unterbrach ihn Jerez heftig, „lebt denn
der alte Sünder auch noch?"
„Er ist zur Zeit in London und klagt gegen die
Erben des alten Scheppers fünfhundert Pfund ein,
die ihm angeblich von seinem früheren Herrn schuldig
geblieben sind."
„Scheppers jemand und noch dazu dem alten
Brockers etwas schuldig geblieben? Hahaha!" lachte
Mister Jerez spöttisch, „und das
glaubt man diesem alten Säufer?
Bitte um Verzeihung, Sir, aber ich
hätte die Leute in London für
schlauer gehalten. Hahaha! Schep-
pers dem alten Brockers etwas schul-
dig geblieben! In Wahrheit, Sir,
fiel Brockers auf seiner letzten Fahrt
in der Trunkenheit die Falltreppe
hinunter, schlug sich den Kopf an
mehreren Stellen entzwei und wurde
vou den Leute« halbtot aus.dem
Meer wieder aufgefischt. Scheppers
selbst pflegte ihn auf der Reise wie
ein anvertrautes Kind, ließ ihn nach
seiner Rückkehr nach Sydney ins
Spital schaffen, auf seine Kosten
auskurieren und daun — auch auf
seine Kosten — in die Heimat be-
fördern. Und Scheppers soll dem
alten Brockers was schuldig geblie-
ben sein? Ich wüßte nicht was,
wenn nicht eine anständige Tracht
Prügel."
Diese mit der Bestimmtheit des
Selbstcrlebten und Gesehenen ge-
machten Angaben verfehlten nicht,
auf Twellinghood einen tiefen Ein-
druck zu machen. Hatte er das
Tatsachenmaterial, das von Green
und Genossen herbeigeschafft war,
schon immer mit tiefem Mißtrauen
angesehen, so erschienen die Vor-
gänge, auf die es im Prozeß d'Aigre
kontra Elverdaal besonders ankam,
nach den eben gehörten Schilde-
rungen in einem ganz anderen
Licht. Nach der einen Darstellung
ivar Scheppers ein Schmuggler, ein
Seeräuber, ein Verbrecher und Mör-
der gewesen, nach der anderen ein
tüchtiger Kaufmann, ein Pfadfin-
der, ein Ehrenmann. Wie war
es möglich, fragte sich Twellinghood,
daß „der Schatten" eines Menschen,
der in Gestalt seines Andenkens oder
seiner Hinterlassenschaft noch nach
seinem Tode unter den Menschen
wandelte, die Gemüter seiner Ange-
hörigen und Bekannten so verwirrte,
daß solche Gegensätze zum Vorschein
kamen? Twellinghood als ruhiger,
alter Mann würde es vielleicht nicht
(llockdruck verboten !
ister Twellinghood," antwortete Jerez,
8 „ich verehre, ich liebe den alten Schep-
W R S pers, er war stets mein Vorbild, mein
M. ZU M, Muster, mein Lehrherr und Führer. Was
ich bin und was ich habe, danke
ich ihm. Kein Wort gegen diesen
Alaun, Mister Twellinghood, wenn
wir gute Freunde werden wollen.
Scheppers war ein Genie, ein Pfad-
finder des modernen Handels, der
Handelswerte und Naturschätze auf-
fand, die bis dahin kein Mensch
kannte, ein kühner, unerschrockener
Entdecker, der Hunderten von Kauf-
leuten den Weg gezeigt, den Weg
zu einem ehrlichen, anständigen und
guten Geschäft. Nichts gegen den
alten Scheppers, Mister Twelling-
hood! Er war ein Engländer vom
alten Schrot und Korn, ein Eng-
länder im besten Sinn des Wortes,
der nichts mit der räuberischen Krä-
merpolitik der Neuzeit zu tun hatte."
„Ich bin glücklich. Sie so sprechen
zu hören, mein teurer Mister Jerez,"
entgegnete Twellinghood. „Würden
Sie auch die Güte haben, mir eine
Aufklärung darüber zu geben, wie
Samuel Scheppers seine Geschäfte
machte, und wie er zu so großem
Vermögen kam?"
„Ich spreche gern davon, warum
denn nicht? Man spricht davon
wie von seinen Sieges- oder Ruh-
mestaten, Sir, denn in der Tat
sind es solche. Sehen Sie, Schep-
pers war eigentlich mehr Kauf-
mann als Kapitän, oder vielmehr
er war beides in einer Person. Er
war seinerzeit — also vor zwanzig
und dreißig Jahren — vielleicht
der beste Kenner der Südsee, die
er seit mehr als einem Menschen-
alter durchfuhr — anfangs als
Matrose, später als eigener Unter-
nehmer. Er kannte die Produkte der
Inseln, ihre Handelsbeziehungen.
Er hat viele der Inseln — im kauf-
männischen Sinne des Wortes —
entdeckt. Er kaufte von den Einge-
borenen, die er vielfach persönlich
kannte und mit denen er häufig in
ihrer Sprache zu sprechen verstand, allo
wertvollen Erzeugnisse der Tropen,
besonders aber Koparrah oder, wie
man hier sagt, Kopra noch für Glas-
perlen und Mcssingschmuck ein. Wie
van Clvsrüaak CMckcck.
koman von U?o!ffCinar Urban.
(kortletzung uncj Zctüuh.)
XXIl. 1903.
Vollen Ns um: nickt ciuck malen? llcick einem Temcllkls von ?. Labrera Lanto. (8. ^81)
manche Tonne Kopra wurde sein Eigentum für
eine Perlenschnur, die ihm zwei Pence kostete. — Ja,
das waren noch schöne Zeiten, mein lieber Mister
Twellinghood! Und immer ehrlich, mein teurer
Sir! Wir haben nie Schnaps unter die Eingebo-
renen ansgeteilt. Scheppers litt das nie, aber er
steckte den Gewinn des Kaufmanns und den Ge-
winn des Schiffsführers in dieselbe Tasche. Das
war sein großer Vorteil. Dadurch konnte er immer
weiter und immer mächtiger ausgreifen, dadurch ge-
wann er Millionen."
„Ehrlich!" schaltete Twellinghood ein.
„Ehrlicher wie mancher in Europa, der mit Titeln
und Orden großtut."
„Wie kam es denn aber dann, daß er seinem
Steuermann Brockers —"
„Was?" unterbrach ihn Jerez heftig, „lebt denn
der alte Sünder auch noch?"
„Er ist zur Zeit in London und klagt gegen die
Erben des alten Scheppers fünfhundert Pfund ein,
die ihm angeblich von seinem früheren Herrn schuldig
geblieben sind."
„Scheppers jemand und noch dazu dem alten
Brockers etwas schuldig geblieben? Hahaha!" lachte
Mister Jerez spöttisch, „und das
glaubt man diesem alten Säufer?
Bitte um Verzeihung, Sir, aber ich
hätte die Leute in London für
schlauer gehalten. Hahaha! Schep-
pers dem alten Brockers etwas schul-
dig geblieben! In Wahrheit, Sir,
fiel Brockers auf seiner letzten Fahrt
in der Trunkenheit die Falltreppe
hinunter, schlug sich den Kopf an
mehreren Stellen entzwei und wurde
vou den Leute« halbtot aus.dem
Meer wieder aufgefischt. Scheppers
selbst pflegte ihn auf der Reise wie
ein anvertrautes Kind, ließ ihn nach
seiner Rückkehr nach Sydney ins
Spital schaffen, auf seine Kosten
auskurieren und daun — auch auf
seine Kosten — in die Heimat be-
fördern. Und Scheppers soll dem
alten Brockers was schuldig geblie-
ben sein? Ich wüßte nicht was,
wenn nicht eine anständige Tracht
Prügel."
Diese mit der Bestimmtheit des
Selbstcrlebten und Gesehenen ge-
machten Angaben verfehlten nicht,
auf Twellinghood einen tiefen Ein-
druck zu machen. Hatte er das
Tatsachenmaterial, das von Green
und Genossen herbeigeschafft war,
schon immer mit tiefem Mißtrauen
angesehen, so erschienen die Vor-
gänge, auf die es im Prozeß d'Aigre
kontra Elverdaal besonders ankam,
nach den eben gehörten Schilde-
rungen in einem ganz anderen
Licht. Nach der einen Darstellung
ivar Scheppers ein Schmuggler, ein
Seeräuber, ein Verbrecher und Mör-
der gewesen, nach der anderen ein
tüchtiger Kaufmann, ein Pfadfin-
der, ein Ehrenmann. Wie war
es möglich, fragte sich Twellinghood,
daß „der Schatten" eines Menschen,
der in Gestalt seines Andenkens oder
seiner Hinterlassenschaft noch nach
seinem Tode unter den Menschen
wandelte, die Gemüter seiner Ange-
hörigen und Bekannten so verwirrte,
daß solche Gegensätze zum Vorschein
kamen? Twellinghood als ruhiger,
alter Mann würde es vielleicht nicht
(llockdruck verboten !
ister Twellinghood," antwortete Jerez,
8 „ich verehre, ich liebe den alten Schep-
W R S pers, er war stets mein Vorbild, mein
M. ZU M, Muster, mein Lehrherr und Führer. Was
ich bin und was ich habe, danke
ich ihm. Kein Wort gegen diesen
Alaun, Mister Twellinghood, wenn
wir gute Freunde werden wollen.
Scheppers war ein Genie, ein Pfad-
finder des modernen Handels, der
Handelswerte und Naturschätze auf-
fand, die bis dahin kein Mensch
kannte, ein kühner, unerschrockener
Entdecker, der Hunderten von Kauf-
leuten den Weg gezeigt, den Weg
zu einem ehrlichen, anständigen und
guten Geschäft. Nichts gegen den
alten Scheppers, Mister Twelling-
hood! Er war ein Engländer vom
alten Schrot und Korn, ein Eng-
länder im besten Sinn des Wortes,
der nichts mit der räuberischen Krä-
merpolitik der Neuzeit zu tun hatte."
„Ich bin glücklich. Sie so sprechen
zu hören, mein teurer Mister Jerez,"
entgegnete Twellinghood. „Würden
Sie auch die Güte haben, mir eine
Aufklärung darüber zu geben, wie
Samuel Scheppers seine Geschäfte
machte, und wie er zu so großem
Vermögen kam?"
„Ich spreche gern davon, warum
denn nicht? Man spricht davon
wie von seinen Sieges- oder Ruh-
mestaten, Sir, denn in der Tat
sind es solche. Sehen Sie, Schep-
pers war eigentlich mehr Kauf-
mann als Kapitän, oder vielmehr
er war beides in einer Person. Er
war seinerzeit — also vor zwanzig
und dreißig Jahren — vielleicht
der beste Kenner der Südsee, die
er seit mehr als einem Menschen-
alter durchfuhr — anfangs als
Matrose, später als eigener Unter-
nehmer. Er kannte die Produkte der
Inseln, ihre Handelsbeziehungen.
Er hat viele der Inseln — im kauf-
männischen Sinne des Wortes —
entdeckt. Er kaufte von den Einge-
borenen, die er vielfach persönlich
kannte und mit denen er häufig in
ihrer Sprache zu sprechen verstand, allo
wertvollen Erzeugnisse der Tropen,
besonders aber Koparrah oder, wie
man hier sagt, Kopra noch für Glas-
perlen und Mcssingschmuck ein. Wie
van Clvsrüaak CMckcck.
koman von U?o!ffCinar Urban.
(kortletzung uncj Zctüuh.)
XXIl. 1903.