501
die Geschichte am Ende
in Ordnung. Du bist
ja reich."
„Aber abhängig von
meinem Schwiegerva-
ter. Der rückt nur
Geld heraus, wenn ich
selbst Wustrau über-
nehme. Es schmeichelt
ihm, seine Tochter als
Herrin eines so alten
Besitzes zu sehen. Bitte,
glaube nicht, daß ich
deine üble Lage be-
nutzen will. Mir kann's
gleich sein, ob du dich
erst aus Wustran rui-
nierst — im Gegenteil,
ich kauf's im Zwangs-
verkauf viel billiger
wie jetzt. Verzichtest
du aber auf die Erb-
winsre Knaben beim Moklellieren. schäft, so übernehme
ich alle Verpflichtungen,
arrangiere deine Privatschnldcn und zahle dir ein Kapital
ans, mit denc du etwas anfangen kannst. Groß wird's
freilich nicht sein können. Am besten wär's, du gingst
jetzt fort — dann kann ich die Gläubiger besser drücken."
„Meinen Abschied reich' ich ein," sagte Harry kurz.
„Wie kann ich als Offizier ohne anständige Zulage leben?
Was fang' ich aber an?"
„Wenn du dich entschließen könntest, ins Ausland zu
gehen, so könnte Rat geschafft werden. Mein Schwie-
gervater hat ein großes Bankgeschäft in New Jork."
„Tanke! Ich konnte meine eigenen Rechnungen nie
zusammenzählen."
„Er besitzt auch große Ländereien. Wenn du dort
eine Art Jnspektvrposten übernehmen würdest-cs han-
delt sich um Pserdeankäuse, und das Gehalt wird höchst
anständig bemessen werden."
„Und meine Braut? Könnte ich die mit hinnehmcn?"
„Lieber Junge, da wär' ein rascher Schnitt das
beste. Es tut weh, aber nachher bist du's los. Eine ver-
wöhnte Frau mit iu das neue, dir selbst unbekannte
Land und Leben nachznschlcppen, das wäre ein böser
Hemmschuh. Setz dem Vater deiner Verlobten die Ver-
werten die Hypotheken nicht
gekündigt, da er mit einem
reellen Hintergrund dafür
eintreten kann."
„Sind Sie von meinem
Vetter beauftragt, mir dies
zu sagen?" fragte Harry
finster.
Der Justizrat hielt den
prüfenden Blick ruhig aus.
„Herr v. Hohendorf sprach
allerdings mit mir darüber.
Sröhere Knaben an cler Hobelbank.
Unteckuclning öer Höllcilugkeit.
Clncolrkung aul clie Sprecluesrkreuge mit Hille cles Spatels.
hineinstecke,
! krieg' ich
Lilstsr aus stein Pciubltuinmenunterricstt. (5. 502)
hältnisse auseinander und laß ihn selbst
entscheiden.".
Harry seufzte. Wie die Entscheidung
des 'Generals ausfallen würde, war klar.
Dennoch tat er's. Er setzte dein General
die hoffnungslos zerrütteten Verhältnisse
Ich kann nicht umhin, seine Vorschläge im all-
seitigen Interesse sehr annehmbar zu finden."
Harry stand auf. „Ich will cs mir überlegen."
Mit kurzem Gruß verließ er das Zimmer. Er
ging quer über den Hof, durch das Dorf, auf das
Feld hinaus. Er besaß nicht das geübte Auge eines
Landmannes, um zu bemerken, wie schlecht die Felder-
bestellt waren, wie dünn die wehenden Halme stan-
den. Ihm erschien die Gegend so grün — so hoff-
nungsfroh! Zn dem blauen Himmel schwangen sich
jubelnde Lerchen ans. Der sanfte Wind wehte wahre
Schauer von den blühenden Weißdornhecken auf den
staubigen Weg.
Er wandte sich um. Das alte Wnstrauer Schloß
lag auf einer Anhöhe. Es schimmerte zwischen den
grünen Linden hervor. Dort unter dem schirmenden
Dach hatte er sein Glück bergen wollen.
Er konnte es nicht hindern; die Augen wurden
ihm feucht. Wie sollte er Freda die schreckliche Wahr-
heit sagen? Gab es denn gar kein Mittel, die ver-
worrenen Verhältnisse zu ordnen?
Vetter Wilhelm war vermögend! Ob der ihm
half? Er mußte sich offen mit ihm aussprechen.
Eben sah er die Gestalt des Vetters vom Hause her-
auf sich zukommen. Rasch entschlossen ging er ihm
entgegen. Auge in Auge ließ sich besser verhandeln
als durch solchen geriebenen Advokaten.
Wilhelm v. Hohendorf legte vertraulich seinen
Arm in den des jungen Offiziers. „Siehst du dir
dein Eigentum an?" fragte er. „Viel Freude wirst
du nicht daran haben. Eine solche Lotterwirtschaft
ist unglaublich. Kein Handwerkszeug ist iu Ord-
nung, kein ordentliches Stück Vieh in den Ställen,
die Gebäude stürzen fast ein. Man hätte den Alten
unter Kuratel stellen sollen. Es ist haarsträubend,
wie er mit seinem Gut umgegangen ist. Dem Diebs-
gesindel, namentlich der Jansen und dem Klemens,
zahlte ich an deiner Stelle die Legate nicht aus."
„Was liegt an dem Bettel! Hier handelt es sich
nm ganz andere Summen. Kann ich Wustran über-
nehmen? Kroll riet ab."
Wilhelm zuckte die Schultern. „Faul ist die Ge-
schichte jedenfalls für dich. Du mußt einfacher ivie
ein Pächter leben, dein eigener Inspektor sein! Ver-
mutlich kommt es trotzdem über kurz oder lang zum
Zwangsverkauf. Sage mir nur, lieber Junge, wie
konntest du dich mit einem so armen Mädchen ver-
loben? Wenn deine Braut wenigstens Geld hätte!"
Harry zog Frcdas Bild, das er in
einem kleinen Lederetuis bei sich trug,
ans der Tasche, und hielt es schweigend
dem Vetter hin.
„Ein entzückendes Gesicht," bewun-
derte Wilhelm. „Ich kann ver-
stehen, daß man um dieser Augen
ivillen eine große Dummheit macht.
Die junge Dams sicht aber auch
nicht aus, als ob ihr ein Leben
ohne jede Spur von Komfort be-
hagen ivürde. Sie müßte hier
wie eine Magd arbeiten. Hast
du den Mut, ihr das zu bieten?"
Harry schüttelte den Kopf.
Freda, die elegante, verwöhnte
Freda - eine überarbeitete,
geplagte Gutsfran! Er selbst
vom Morgen bis zum Abend
auf dem
Felde, da-
zu Sorgen
— Armut
— eine rich-
tige Prole-
tarierwirt-
schaft!Jhn
schauderte.
Nein, er-
kannte sich
zn gut,
solches Da-
sein war
unerträg-
lich.
„Könn-
test du unr-
ein größe-
res Kapital
leihen,
Wilhelm?"
bat er zö-
gernd.
„Wenn ich
das in
Wustrau
XXIll. wog.
die Geschichte am Ende
in Ordnung. Du bist
ja reich."
„Aber abhängig von
meinem Schwiegerva-
ter. Der rückt nur
Geld heraus, wenn ich
selbst Wustrau über-
nehme. Es schmeichelt
ihm, seine Tochter als
Herrin eines so alten
Besitzes zu sehen. Bitte,
glaube nicht, daß ich
deine üble Lage be-
nutzen will. Mir kann's
gleich sein, ob du dich
erst aus Wustran rui-
nierst — im Gegenteil,
ich kauf's im Zwangs-
verkauf viel billiger
wie jetzt. Verzichtest
du aber auf die Erb-
winsre Knaben beim Moklellieren. schäft, so übernehme
ich alle Verpflichtungen,
arrangiere deine Privatschnldcn und zahle dir ein Kapital
ans, mit denc du etwas anfangen kannst. Groß wird's
freilich nicht sein können. Am besten wär's, du gingst
jetzt fort — dann kann ich die Gläubiger besser drücken."
„Meinen Abschied reich' ich ein," sagte Harry kurz.
„Wie kann ich als Offizier ohne anständige Zulage leben?
Was fang' ich aber an?"
„Wenn du dich entschließen könntest, ins Ausland zu
gehen, so könnte Rat geschafft werden. Mein Schwie-
gervater hat ein großes Bankgeschäft in New Jork."
„Tanke! Ich konnte meine eigenen Rechnungen nie
zusammenzählen."
„Er besitzt auch große Ländereien. Wenn du dort
eine Art Jnspektvrposten übernehmen würdest-cs han-
delt sich um Pserdeankäuse, und das Gehalt wird höchst
anständig bemessen werden."
„Und meine Braut? Könnte ich die mit hinnehmcn?"
„Lieber Junge, da wär' ein rascher Schnitt das
beste. Es tut weh, aber nachher bist du's los. Eine ver-
wöhnte Frau mit iu das neue, dir selbst unbekannte
Land und Leben nachznschlcppen, das wäre ein böser
Hemmschuh. Setz dem Vater deiner Verlobten die Ver-
werten die Hypotheken nicht
gekündigt, da er mit einem
reellen Hintergrund dafür
eintreten kann."
„Sind Sie von meinem
Vetter beauftragt, mir dies
zu sagen?" fragte Harry
finster.
Der Justizrat hielt den
prüfenden Blick ruhig aus.
„Herr v. Hohendorf sprach
allerdings mit mir darüber.
Sröhere Knaben an cler Hobelbank.
Unteckuclning öer Höllcilugkeit.
Clncolrkung aul clie Sprecluesrkreuge mit Hille cles Spatels.
hineinstecke,
! krieg' ich
Lilstsr aus stein Pciubltuinmenunterricstt. (5. 502)
hältnisse auseinander und laß ihn selbst
entscheiden.".
Harry seufzte. Wie die Entscheidung
des 'Generals ausfallen würde, war klar.
Dennoch tat er's. Er setzte dein General
die hoffnungslos zerrütteten Verhältnisse
Ich kann nicht umhin, seine Vorschläge im all-
seitigen Interesse sehr annehmbar zu finden."
Harry stand auf. „Ich will cs mir überlegen."
Mit kurzem Gruß verließ er das Zimmer. Er
ging quer über den Hof, durch das Dorf, auf das
Feld hinaus. Er besaß nicht das geübte Auge eines
Landmannes, um zu bemerken, wie schlecht die Felder-
bestellt waren, wie dünn die wehenden Halme stan-
den. Ihm erschien die Gegend so grün — so hoff-
nungsfroh! Zn dem blauen Himmel schwangen sich
jubelnde Lerchen ans. Der sanfte Wind wehte wahre
Schauer von den blühenden Weißdornhecken auf den
staubigen Weg.
Er wandte sich um. Das alte Wnstrauer Schloß
lag auf einer Anhöhe. Es schimmerte zwischen den
grünen Linden hervor. Dort unter dem schirmenden
Dach hatte er sein Glück bergen wollen.
Er konnte es nicht hindern; die Augen wurden
ihm feucht. Wie sollte er Freda die schreckliche Wahr-
heit sagen? Gab es denn gar kein Mittel, die ver-
worrenen Verhältnisse zu ordnen?
Vetter Wilhelm war vermögend! Ob der ihm
half? Er mußte sich offen mit ihm aussprechen.
Eben sah er die Gestalt des Vetters vom Hause her-
auf sich zukommen. Rasch entschlossen ging er ihm
entgegen. Auge in Auge ließ sich besser verhandeln
als durch solchen geriebenen Advokaten.
Wilhelm v. Hohendorf legte vertraulich seinen
Arm in den des jungen Offiziers. „Siehst du dir
dein Eigentum an?" fragte er. „Viel Freude wirst
du nicht daran haben. Eine solche Lotterwirtschaft
ist unglaublich. Kein Handwerkszeug ist iu Ord-
nung, kein ordentliches Stück Vieh in den Ställen,
die Gebäude stürzen fast ein. Man hätte den Alten
unter Kuratel stellen sollen. Es ist haarsträubend,
wie er mit seinem Gut umgegangen ist. Dem Diebs-
gesindel, namentlich der Jansen und dem Klemens,
zahlte ich an deiner Stelle die Legate nicht aus."
„Was liegt an dem Bettel! Hier handelt es sich
nm ganz andere Summen. Kann ich Wustran über-
nehmen? Kroll riet ab."
Wilhelm zuckte die Schultern. „Faul ist die Ge-
schichte jedenfalls für dich. Du mußt einfacher ivie
ein Pächter leben, dein eigener Inspektor sein! Ver-
mutlich kommt es trotzdem über kurz oder lang zum
Zwangsverkauf. Sage mir nur, lieber Junge, wie
konntest du dich mit einem so armen Mädchen ver-
loben? Wenn deine Braut wenigstens Geld hätte!"
Harry zog Frcdas Bild, das er in
einem kleinen Lederetuis bei sich trug,
ans der Tasche, und hielt es schweigend
dem Vetter hin.
„Ein entzückendes Gesicht," bewun-
derte Wilhelm. „Ich kann ver-
stehen, daß man um dieser Augen
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Die junge Dams sicht aber auch
nicht aus, als ob ihr ein Leben
ohne jede Spur von Komfort be-
hagen ivürde. Sie müßte hier
wie eine Magd arbeiten. Hast
du den Mut, ihr das zu bieten?"
Harry schüttelte den Kopf.
Freda, die elegante, verwöhnte
Freda - eine überarbeitete,
geplagte Gutsfran! Er selbst
vom Morgen bis zum Abend
auf dem
Felde, da-
zu Sorgen
— Armut
— eine rich-
tige Prole-
tarierwirt-
schaft!Jhn
schauderte.
Nein, er-
kannte sich
zn gut,
solches Da-
sein war
unerträg-
lich.
„Könn-
test du unr-
ein größe-
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Wilhelm?"
bat er zö-
gernd.
„Wenn ich
das in
Wustrau
XXIll. wog.