Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
oder groteske Reimereien dem geduldigen Fremden-
buche anvertraut.
Auf zur Höhe, ihr rüstigen Wanderer! Lernt
sie selbst kennen, die echte Hüttenromantik!

Ullllklliks^kllkigL?. verboten.)
Woöinsons Urbild. — Daniel Defoe veröffentlichte
im Jahre 1719 seinen berühmten Roman „Robinson
Crusoe", der im Fluge sich die Welt eroberte und auch
noch jetzt seinen unverwüstlichen Reiz bei jugendlichen
Lesern behauptet.
Dem Roman liegen bekanntlich die wirklichen Aben-
teuer des schottischen Matrosen Alexander Selkirk zu
Grunde, der, nachdem er sich mit seinem Kapitän über-
worfen hatte, auf seinen eigenen Wunsch auf die ein-
same Insel Juan Fernandez ausgesetzt wurde, wo er
vier Jahre und vier Monate verweilen mußte, bis im
August 1709 Kapitän Rogers mit einem Schiffe dort
erschien, ihn an Bord nahm und nach England zurück-
brachte. Rogers ließ einen Bericht über feine Fahrt

nach dem Stillen Ozean erscheinen und erwähnte darin
die Erlebnisse Selkirks. Dadurch wurde Defoes Phantasie
angeregt zu seiner meisterhaften Geistesschöpfung, die
unvergänglich zu den Zierden der Weltliteratur gehört.
Es >var bald in weitesten Kreisen bekannt, daß
Selkirk das eigentliche Urbild des Robinson sei, und
diese poetisch? Verklärung seiner Abenteuer verschaffte
ihm ein gewisses Ansehen in seinem schottischen Heimats-
dorfs Largo, wo er seit der Rückkehr in ärmlichen Ver-
hältnissen lebte, nachdem er sich mit der Tochter eines
Hausierers verheiratet hatte. Er wurde gewissermaßen
die lebende Merkwürdigkeit des Dorfes. Da er aber zur
Arbeit keine rechts Lust mehr hatte, und sein lustiger
Schwiegervater auch lieber im Wirtshause saß, anstatt
sein Hausiergeschäft fleißig zu betreiben, so erging es
den beiden recht schlecht, und sie sahen ihren völligen
Ruin vor Augen, als zum Glück Desoes Roman sie plötz-
lich aus der bittersten Not rettete.
Beide saßen eines Tages trübsinnig beieinander und
haderten über die schlechten Zeiten und ihr elendes
Geschick, ohne einsehen zu wollen, daß sie es doch eigent-
lich selbst so verschuldet hatten, da fuhr eine Kutsche
ins Dorf und hielt vor dem armseligen Häuschen an.
Zwei Knaben stiegen aus und dann eine schwarzgekleidete

Dame, die Witwe eines schottischen Lords, welche
einige Meilen von Largo aus ihrem Gute wohnte.
„Wir wünschen den Seefahrer Selkirk zu sehen,"
sagte die Dame.
„Der bin ich, Mylady," versetzte der ehemalige Ma-
trose.
„Ihr habt wirklich so lange Zeit auf einer einsamen
Insel im Südmeer verweilt?"
„Jawohl."
„Und ein gewisser Defoe hat Eure Erlebnisse be-
schrieben ?"
„Das hat er getan."
„Nun, meine beiden Knaben haben Defoes Buch
gelesen und sind davon so begeistert, daß sie am liebsten
gleich selbst Robinsons werden möchten. Es war ihr
inniger Wunsch, das Urbild des herrlichen Robinson
persönlich zu sehen, und diese Freude konnte ich ihnen
ja leicht gewähren, da Ihr in unserer Nachbarschaft
wohnt. Deshalb also sind wir heute hierher gefahren."
Selkirk fühlte sich sehr geehrt durch dies seiner Per-
son gewidmete Interesse. „Dann müssen die jungen
Herren mich aber auch als richtigen Robinson sehen,"
rief er vergnügt. „Schnell will ich mein Ziegenfell-
kostüm Mnlegen, welches ich mitnahm, als ich die Insel

ller kluHtanü in lllaredom'en: Lin siebensmittellrcmlpock 6er llusiländllcüeii (5. SSt)


Juan Fernandez verließ; auch kann ich ihnen noch
einige sonstige Raritäten zeigen."
Er entfernte sich und kehrte nach einigen Minuten
zurück, gekleidet in das Ziegenfellkostüm, welches er sich
aus der Insel so mühevoll gemacht hatte, mit einer Fell-
mütze auf dem Kopse und seiner alten Flinte in der
Hand. Außerdem zeigte er noch andere Sachen: sein
Beil, sein Messer und sonstiges mehr. Dazu erzählte
er allerlei von seinen Abenteuern auf der Insel.
Die Dame bedankte sich, und als sie nach einer
Stunde mit ihren Knaben Abschied nahm, drückte sie dem
erstaunten Selkirk einige Goldstücke in die Hand.
Nachdem sie fort waren, rief der ehemalige Seemann
freudig: „Drei Guineen hat sie mir gegeben - das ist
ja heute ein richtiger Glückstag!"
„Ich habe da eine prächtige Idee!" rief sein
Schwiegervater. „Führen wir sie aus, lieber Alex, dann
sind wir aus allen Schwulitäten gerettet und kommen
bald zu Glück und Wohlstand!"
„Ich glaube schon zu erraten, was du meinst," sagte
Selkirk lächelnd. „Aber sprich!"
„Du hast bemerkt, mit weicher tiefen Aufmerksamkeit,
mit welchen leuchtenden Augen die beiden Knaben dich
anschauten und auf deine Worte lauschten?"
„Gewiß! Sie verschlangen mich förmlich mit ihren
Blicken."
„So werden Tausende und Abertausende anderer
Knaben und auch viele Erwachsene dich neugierig an-
schauen, wenn du als echtes Urbild des berühmten
Robinson dich ihnen zeigst in deinem Ziegenfellkostüm.
Aber freilich nicht hier in Largo, in dies weltentlegene
Dorf kommen die Leute nicht."
„Das ist richtig Hier ist es beinahe ebenso still wie
auf der Insel Juan Fernandez."

„Wir müssen in die weite Welt, in die großen Städte.
Ungeheuren Zulauf werden wir haben und ansehnliche
Einnahmen erzielen, wenn's auch nur zwei Pennys kostet,
für Kinder die Hälfte; denn die Menge bringt es ein,
und eine Viertelmillion Pennystücke sind beinahe tausend
Pfund Sterling."
„Stimmt!"
„Du bist also einverstanden mit meinem Plan?"
„Selbstverständlich! Ich bin die Sehenswürdigkeit
und du sollst an der Kasse sitzen und das Geld ein-
nehmen."
Das so viel Vorteil verheißende Unternehmen wurde
unverzüglich mit allem Eifer ms Werk gesetzt.
Zuerst bereisten sie Schottland, dann besuchten sie
die Städte in England und hielten sich nm längsten in
London auf, wo auch Daniel Defoe die Schaustellung
besuchte und so die persönliche Bekanntschaft Selkirks
machte, den er bis dahin nur aus dem Reisebericht des
Kapitäns Rogers gekannt hatte.
Am Eingang zu dem Lokal, in welchem „Robinson"
zu sehen war, prangten unter Glas und Rahmen. Sel-
kirks Taufschein und andere Ausweispapiere, von deren
unzweifelhafter Echtheit sich jedermann überzeugen konnte.
Der Zulauf des lieben Publikums war ganz erstaunlich
und übertraf die kühnsten Erwartungen. Besonders
fanden sich überall die Schulknaben scharenweise dazu
ein; denn das wirkliche Urbild des herrlichen Robinson
wollte doch jeder von ihnen so gerne sehen.
Fünf Jahre lang zogen Selkirk und sein pfiffiger
Schwiegervater so umher und brachten em schönes Ver-
mögen zusammen, womit sie dann nach Largo zurück-
kehrten, um dort fortan in behaglichen Verhältnissen
zu leben. Der Urenkel Selkirks, ein wohlhabender
Webermeister, bewahrte und zeigte noch im Jahre 1806

in Largo das Ziegenfellkostüm, die Fellmütze, die Flinte
und sonstige Sachen seines berühmt gewordenen Vor-
fahren. I. O Hansen.
Aestcr als Stahl. — Man ist im täglichen Leben
gewöhnt, Stahl als dasjenige Metall anzusehen, welches
am dauerhaftesten für den Gebrauch ist. Gleichzeitig
verbindet man mit dem Worte Stahl den Begriff von
Festigkeit und Unzerbrechlichkeit. Es gibt aber in
Wirklichkeit etivas, was viel fester und dauerhafter als
Stahl ist, nämlich — der Faden der Spinne in ihrem
Gewebe. Natürlich handelt es sich nur nur „verhältnis-
mäßige" Stärke und Festigkeit.
Ein Fäden aus dem Gewebe der Spinne trügt näm-
lich, ohne zu zerreißen, ein Gewicht von 10 Gramm.
Macht man einen runden Stab aus Stahl von 2,6 Zenti-
meter Durchmesser, so hält dieser Stab ein Gewicht von
1000 Zentnern aus, bevor er zerreißt. Berechnet man
jetzt den Durchmesser des Spinnwebfadens und das
Verhältnis zwischen dem >Ltahlstab und diesem Faden,
so ergibt sich, daß ein Spinnwebfaden von dem Durch-
messer des Stahlstabes 1480 Zentner tragen würde.
Das ist also fast um die Hälfte mehr, als der Stab
aus bestem Stahl aushält, ohne zu zerreißen. Man hat
außerdem berechnet, daß ein Pfund der feinsten Spinn-
webfäden soviel Fäden enthält, daß diese, aneinander-
gelegt, um den Äquator der Erde Herumreichen würden.
A. O. Kl.
Unerwünschte ßröschnftc». — Gemeinhin spricht man
von „lachenden" Erben, aber daß manchmal Erbschaften
recht unerwünscht kommen können, beweisen die fol-
genden Fälle.
Ein junger Landwirt in Holland erhielt eines Tages
die Nachricht, daß sein verstorbener O»kel ihn zum
Erben eines großen alten Bauernhauses eingesetzt habe.
 
Annotationen