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Hest Lu. Illustrierte Familien-Zeitung. Zahrg. ms.


krükllng;itürme.
komcin von Hl. Srcikin v. Lünau.
(kortlshung unil Sckluh.i

(Nackäruck verbotsn.)
^^^ch fürchte, ich habe Ihnen keinen guten Dienst
I geleistet/' sagte Gras Rotenburg beim Diner
leise zu Freda. „Ihr Reitpferd bewahrte ich
'WM zwar vor ungeschickten Anfängerinnen, aber
die Laune unserer hohen Herrin verbesserte mein
Widerspruch gerade nicht/'
„Sie haben es gut gemeint." Freda sah ihn
dankbar an.
Er betrachtete unzufrieden ihr blasses, verwein-
tes Gesicht. „Sie sollten sich nicht über diese Er-
bärmlichkeiten grämen," tadelte er. „Ich wünschte,
ich könnte Sie zu Ihrer Mutter bringen."
Er brach ab, denn er sah, daß Fräulein v. Bergen,
die ihnen schräg gegenüber saß, mit gespannter Auf-
merksamkeit auf jedes ihrer Worte achtete.
„Ich fahre für
ein paar Tage nach
Rotenburg," setzte
er laut hinzu. „Der
Pächter nimmt die
Abfindungssumme
an. Er übergibt mir
mein Eigentum wie-
der."
„Axel, Sie wer-
oeu uns doch nicht
untreu?" rief der
Erbprinz. „Was
soll ich ohne Sie
aufangen?"
„Niemand ist
unersetzlich," meinte
der Kammerherr
gelassen. „In Ro-
tenburg fehlt das
Auge des Herrn.
Pächterwirtschaften
ruinieren immer."
Freda konnte
ihren Schreck kaum
verbergen. Graf
Rotenburg wollte
fort! Vorläufig ja
nur für wenige
Tage, aber bald
aus immer! Wie
würde es ihr hier
ergehen ohne fei-
nen Schutz und Rat?
Das Herz tat ihr
so weh — sie hielt
kaum die Tränen
zurück. Die Erb-
priuzeß hatte sie den
ganzen Abend igno-
riert, noch kein Wort

an sie gerichtet. Wie sollte sie es anfaugen, die
verlorene Gunst wieder zu gewinnen?
Einsames Grübeln in Gegenwart der Herrin
war jedenfalls nicht richtig. Sie stand daher auf
und trat zur Erbprinzeß. „Soll ich vielleicht etwas
spieleu? Ich habe einige neue Sachen eingeübt,
die Eure Hoheit noch nicht kennen."
„Danke!" Die Erbprinzeß wandte kaum den Kopf.
„Übrigens brauchst du Lilli dein Reitkleid nicht zu
borgen. Rotenburg macht so viele Schwierigkeiten,
daß ihr Reiten vorläufig unterbleibt. Du hattest
ihm wohl dein Leid geklagt?"
„Ich habe keine Silbe davon gesagt. Graf
Rotenburg sprach erst bei Tisch mit mir darüber,"
entgegnete Freda. Der feindselige Ton der Erb-
prinzeß tat ihr weh.
Da Ihre Hoheit nicht weiter von ihr Notiz nahm,
sondern mit Lilli Bergen leise tuschelte und lachte,
fetzte sich Freda wieder still auf ihren Platz.
Rotenburg hatte die kleine Szene beobachtet.
„Empörend! Ich lasse Sie nicht länger so behan-
deln." Er stand auf. „Fräulein v. Nordeck! Ich will
Ihnen lebewohl sagen. Ich gehe auf einige Tage

nach Hause. Wenn ich wiederkomme, bitte ich Sie
sofort um eine Unterredung unter vier Augen. Bis
dahin leben Sie wohl!" Er beugte sich über ihre
Hand, die sie ihm zum Abschied gab.
„Auf Wiedersehen!" sagte sie ganz leise — wie
im Traum.
„Axel, kommen Sie, unser Whist wartet!" rief
der Erbprinz.
„Sofort, Hoheit!"
Nach einer kurzen, sehr kühlen Verabschiedung
von der Erbprinzeß verließ Graf Rotenburg das
Zimmer.

Dilles liapitsl.
Die Tage ohne ihn vergingen Freda trübselig
genug. Die Erbprinzeß sah sie kaum. Wenn sie
doch einmal zu einer Ausfahrt oder sonstigen Dienst-
leistung herangezogcn werden mußte, empfand sie
die unfreundliche Kälte, mit der ihre Herrin sie be-
handelte, sehr bitter.
Auch die Oberhofmeisterin begegnete ihr nur mit
unnahbarer Amtsmiene. In der ganzen Atmosphäre
des Schlosses lag
etwas wie Gewit-
terschwüle.
Freda fühlte ihr
Herz ängstlich klop-
fen, als die Jung-
fer ihr sagte, Ex-
zellenz wünsche das
gnädige Fräulein
sogleich zu sprechen.
„Was mag sie
nur wieder von
mir wollen?" dachte
Freda unruhig.
„Etwas Angeneh-
mes sicher nicht!"
Doch ging sie
sofort.
„Exzellenz haben
mich rufen lassen?"
Frau v. Laroche
stand von ihrem
Schrcibtischstuhl
auf. Ein geöffne-
ter Brief lag auf
ihrer Mappe. Freda
mußte lebhaft an
ihre erste Begeg-
nung, hier in dem-
selben Zimmer, vor
bald einem Jahre
denken. Freundlich
hatten sich ihre bei-
derseitigen Bezie-
hungen seitdem nicht
gestaltet.
„Ich habe eine
Nachricht erhalten,
Fräulein v. Nord-
eck," sagte die
Oberhofmeisterin —

Cino intereünnte Entcleclrung. llcicb einem Semäläs von Sultav Kötiler. (8. öd?)
 
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