sollte ihn trösten für den Schmerz, den er empfand.
Die Zeit sollte ihn heilen. Ihr wird es vielleicht
gelingen, das Bild des Mädchens, das er so sehr
liebte, ans seinem Herzen zn verwischen.
Mit dumpfer Leidenschaftlichkeit stürzte er sich in
die Arbeit. Aber es ging nicht vorwärts. Wie er
es auch anstellen mochte, das Bild des geliebten
Mädchens war stärker als sein Wille. Er konnte
nichts denken als bloß an sie. Jeder Versuch, seinen
Sinn auf etwas anderes zu richten, war umsonst.
Immer wieder stand sie vor seinen Augen und un-
aufhörlich fühlte er den bohrenden Schmerz der Sehn-
sucht und der unerwiderten Liebe.
Zornig warf er die Feder hin und verließ das
Bureau. Er machte sich aus die Suche nach einer
neuen Wohnung. Er stieg treppauf, treppab, besah
große und kleine Zimmer, einfache und elegante —
nichts konnte seinen Wünschen entsprechen. Er wußte
überhaupt nicht, was er eigentlich wünschte. Er
sah um sich mit verschleiertem Blick, er hörte nur
mit halbem Ohr und hatte immer nur den einen
Gedanken, daß er ans dem Hanse, in dem Edith
wohnte, fortziehen werde, fortziehen müsse, um sie
vielleicht nie, nie mehr zu sehen.
So verfloß ihm der Tag. Er hatte nichts ge-
arbeitet, er hatte keine Wohnung gefunden, und müde,
zerschlage» an Körper und Seele, kam er ani späten
Abend in seinem alten Zimmerchen an.
»7.
.
tlut gsr klusliclll-geleris.
Dis neuLröstnelL Sicstioli Ligsnocmck flsr Zungfrciubcilin. (8. boy)
Uaäl piivlogmpiuen von Seb. tdelnll in lliickberg bei lüricb,
lteitaurationsgrotte vor äsm Ausblick.
Er wollte gar nicht erst Licht machen. Ermattet
warf er sich auf einen Stuhl und starrte vor sich
hin. So saß er eine längere Weile, immer nur mit
dem einen Gedanken im Hirn, daß er nun bald hier
nicht mehr wohnen werde. Endlich erhob er sich,
schwer, fast taumelnd, um sein Lager aufzusnchen.
Da wurde sein Blick von etwas Weißem gefesselt,
das sich trotz der Dunkelheit im Raume von der
Tischplatte abhob. Er sah schärfer hin, es war offen-
bar ein Brief.
Er zündete die Lampe an und der erste Blick
auf den Umschlag zeigte ihm, daß es die Handschrift
von Fran Driesen war.
„Wieder Manuskript —brummte er enttäuscht.
Er öffnete den Umschlag und las:
„Lieber Herr Hevdemann! Ihre Wirtin benach-
richtigte michf daß Sie Ihr Zimmer gekündigt hätten.
Es tut mir wirklich leid, daß wir Sie nun als Haus-
genossen, als Nachbar verlieren werden. Doch ehe
Sie uns verlassen, möchte ich gern einiges mit Ihnen
besprechen. Würde es Ihnen morgen passen? Viel-
leicht zum Kaffee? Ich erwarte Sie bestimmt.
Ihre ergebene
Friederike Driesen/'
Es war das erste Mal, daß er eine schriftliche
Einladung von Fran Driesen erhielt. Sie wußte
also schon, was er beabsichtigte. Was mochte sie
von ihm wollen? Gewiß handelte es sich nm die
Fortsetzung des vor Wochen begonnenen Romans
und wohl auch nm eine Vereinbarung betreffs der
später zu schreibenden Erzählungen.
Unkunktsgrotte.
Bei dem Gedanken daran empfand er eine sehr
geringe Freude. Die journalistische Arbeit war ihm
über den Kopf gewachsen, und die Arbeiten für Fran
Driesen konnten nur durch ein sehr großes Opfer
an Kraft und Zeit ausgeführt werden. Er hätte
viel darum gegeben, wenn er die Romane nicht mehr
hätte schreiben müssen. Er hatte sich — da Fran
Driesen so lange nichts von sich hören ließ — schon
mehrmals einreden wollen, daß sie überhaupt nicht
mehr schreibe oder daß sie auf seine Mitarbeiterschaft
verzichten wolle.
Nun zerstörte der Brief seine stillen Hoffnungen.
Die Romanschreiberci sollte also von neuem anfangcn.
Und er konnte auf die Aufforderung, zum Kaffee zu
kommen, nicht nein sagen. Er mußte hingehen, so
ungern er es auch tat. Ungern — denn er würde
wahrscbeiulich wieder mit Edith zusammcntreffen!
Als er des Morgens anfstand, fühlte er sein Herz
gegen alles gepanzert. Aber je mehr die Stunden
vorrückten, desto unruhiger wurde er. Er dachte gar
nicht au Frau Driesen und ihre Manuskripte. Ihn
beschäftigte nur eine Frage: Wird sie, wird Edith
Die Zeit sollte ihn heilen. Ihr wird es vielleicht
gelingen, das Bild des Mädchens, das er so sehr
liebte, ans seinem Herzen zn verwischen.
Mit dumpfer Leidenschaftlichkeit stürzte er sich in
die Arbeit. Aber es ging nicht vorwärts. Wie er
es auch anstellen mochte, das Bild des geliebten
Mädchens war stärker als sein Wille. Er konnte
nichts denken als bloß an sie. Jeder Versuch, seinen
Sinn auf etwas anderes zu richten, war umsonst.
Immer wieder stand sie vor seinen Augen und un-
aufhörlich fühlte er den bohrenden Schmerz der Sehn-
sucht und der unerwiderten Liebe.
Zornig warf er die Feder hin und verließ das
Bureau. Er machte sich aus die Suche nach einer
neuen Wohnung. Er stieg treppauf, treppab, besah
große und kleine Zimmer, einfache und elegante —
nichts konnte seinen Wünschen entsprechen. Er wußte
überhaupt nicht, was er eigentlich wünschte. Er
sah um sich mit verschleiertem Blick, er hörte nur
mit halbem Ohr und hatte immer nur den einen
Gedanken, daß er ans dem Hanse, in dem Edith
wohnte, fortziehen werde, fortziehen müsse, um sie
vielleicht nie, nie mehr zu sehen.
So verfloß ihm der Tag. Er hatte nichts ge-
arbeitet, er hatte keine Wohnung gefunden, und müde,
zerschlage» an Körper und Seele, kam er ani späten
Abend in seinem alten Zimmerchen an.
»7.
.
tlut gsr klusliclll-geleris.
Dis neuLröstnelL Sicstioli Ligsnocmck flsr Zungfrciubcilin. (8. boy)
Uaäl piivlogmpiuen von Seb. tdelnll in lliickberg bei lüricb,
lteitaurationsgrotte vor äsm Ausblick.
Er wollte gar nicht erst Licht machen. Ermattet
warf er sich auf einen Stuhl und starrte vor sich
hin. So saß er eine längere Weile, immer nur mit
dem einen Gedanken im Hirn, daß er nun bald hier
nicht mehr wohnen werde. Endlich erhob er sich,
schwer, fast taumelnd, um sein Lager aufzusnchen.
Da wurde sein Blick von etwas Weißem gefesselt,
das sich trotz der Dunkelheit im Raume von der
Tischplatte abhob. Er sah schärfer hin, es war offen-
bar ein Brief.
Er zündete die Lampe an und der erste Blick
auf den Umschlag zeigte ihm, daß es die Handschrift
von Fran Driesen war.
„Wieder Manuskript —brummte er enttäuscht.
Er öffnete den Umschlag und las:
„Lieber Herr Hevdemann! Ihre Wirtin benach-
richtigte michf daß Sie Ihr Zimmer gekündigt hätten.
Es tut mir wirklich leid, daß wir Sie nun als Haus-
genossen, als Nachbar verlieren werden. Doch ehe
Sie uns verlassen, möchte ich gern einiges mit Ihnen
besprechen. Würde es Ihnen morgen passen? Viel-
leicht zum Kaffee? Ich erwarte Sie bestimmt.
Ihre ergebene
Friederike Driesen/'
Es war das erste Mal, daß er eine schriftliche
Einladung von Fran Driesen erhielt. Sie wußte
also schon, was er beabsichtigte. Was mochte sie
von ihm wollen? Gewiß handelte es sich nm die
Fortsetzung des vor Wochen begonnenen Romans
und wohl auch nm eine Vereinbarung betreffs der
später zu schreibenden Erzählungen.
Unkunktsgrotte.
Bei dem Gedanken daran empfand er eine sehr
geringe Freude. Die journalistische Arbeit war ihm
über den Kopf gewachsen, und die Arbeiten für Fran
Driesen konnten nur durch ein sehr großes Opfer
an Kraft und Zeit ausgeführt werden. Er hätte
viel darum gegeben, wenn er die Romane nicht mehr
hätte schreiben müssen. Er hatte sich — da Fran
Driesen so lange nichts von sich hören ließ — schon
mehrmals einreden wollen, daß sie überhaupt nicht
mehr schreibe oder daß sie auf seine Mitarbeiterschaft
verzichten wolle.
Nun zerstörte der Brief seine stillen Hoffnungen.
Die Romanschreiberci sollte also von neuem anfangcn.
Und er konnte auf die Aufforderung, zum Kaffee zu
kommen, nicht nein sagen. Er mußte hingehen, so
ungern er es auch tat. Ungern — denn er würde
wahrscbeiulich wieder mit Edith zusammcntreffen!
Als er des Morgens anfstand, fühlte er sein Herz
gegen alles gepanzert. Aber je mehr die Stunden
vorrückten, desto unruhiger wurde er. Er dachte gar
nicht au Frau Driesen und ihre Manuskripte. Ihn
beschäftigte nur eine Frage: Wird sie, wird Edith