Var Luch fülMe
Kustliette fgmilienreitung
7. l)est. 1913.
krauEechllennnen.
ssoman von Msrggrele S^äfin v. Zünsu.
irvNseliung.^ —.- ..--.— tNachdru3!l>rrvotsn.>
uriel hatte den letzten Buchstaben ihrer
Wandaufschrift gerade beendet uud war
wieder von ihrem Sessel herabge-
sprungen, als im nebenan liegenden
8 Sitzungssaal die Stimmen laut durch-
einander gingen. Gleich darauf öffneten sich die Türen.
Die Versammlung mußte beendet sein. Ein Menschen-
strom ergoß sich in das Zimmer, um von hier aus
durch die Royalgalcrie das Parlament zu verlassen.
Muriel konnte einen Augenblick in den Sitzungs-
saal nebenan hineinsehen. Er war fast ganz durch
die mit rotem Leder bezogenen Bänke der fünf-
huudertfünszig Peers ausgefüllt.
Einige der Lords saßen noch auf ihren Plätzen.
Der rechteckige diwanartige Sitz ohne Lehne, der
berühmte „Wollsack" des Lordkanzlers, der jeweils
die Verhandlungen leitete, war bereits leer.
Während Muriel noch in den Sitzungssaal
blickte, hörte sie jemand ganz in ihrer Nähe entrüstet
ausschreien. Tie blutrote Schrift an der weißen
Wand war bemerkt worden. Alle drängten sich vor.
Jeder der Anwesenden las jetzt selbst die Worte,
schalt mit drohend erhobener Stimme und sprach
seine Vermutungen über den Täter aus.
Zuerst kam niemand auf den Gedanken, diese
unerhörte Tat mit der ärmlich gekleideten Frau
in Verbindung zu bringen. Aber Plötzlich fiel doch
einigen die seltsam stolze Haltung dieser Arbeiterin
auf, die ruhig, hochaufgerichtet neben der Wand
stand, von der herab die blutigrote Schrift leuchtete.
Alle umdrängten Muriel. Man fragte und schrie
aufgeregt durcheinander. Tie Stimmen hallten bis
in den Sitzungssaal. Tie Peers erhoben sich nun
sämtlich von ihren Sitzen und kamen herein.
„War denn niemand im Zimmer?" fragte der
Sprecher.
„Nur diese Frau."
Er trat auf Muriel zu. „Wie heißen Sie?
Haben Sie das hier geschrieben?"
Zwei Parlamentsdiener packten Muriel plötz-
lich fest an den Armen. Auch ein paar Polizisten,
die immer im Sitzungssaal anwesend sein müssen,
standen wie aus der Erde gewachsen rechts und
links neben ihr.
Muriels Blicke richteten sich gleichgültig über die
Köpfe der sie umdrängenden, fragenden, schreienden
Menschen hinweg. Erst als sie Lord Syttons weißen
Charakterkopf die übrige Menge überragen und
George Syttons rote Horscguardsuniform aufblitzen
sah, kam Leben in ihre Gestalt.
„Also heraus mit der Sprache! Haben Sie das
angeschrieben?" schrie einer der Parlamentsdiener
wütend und faßte Muriels Tuch so rauh an, daß er
es ihr herabriß.
„Ja, ich tat das," antwortete Muriel ruhig.
„Jetzt in dieser Stunde, während die Peers von
England nebenan im Sitzungssaal diesem Gesetz
Hehn sprachen, habe ich es hier an die Wand des
Parlaments geschrieben."
„Wie heißen Sie?"
„Muriel Graham."
Laut und voll tönte ihre weiche, tiefe Stimme
bis in die entfernteste Ecke des Zimmers.
V"- ISI3.
Vie deutsche Unterseedootsslottille in Wilhelmshaven. (5. 152)
Kustliette fgmilienreitung
7. l)est. 1913.
krauEechllennnen.
ssoman von Msrggrele S^äfin v. Zünsu.
irvNseliung.^ —.- ..--.— tNachdru3!l>rrvotsn.>
uriel hatte den letzten Buchstaben ihrer
Wandaufschrift gerade beendet uud war
wieder von ihrem Sessel herabge-
sprungen, als im nebenan liegenden
8 Sitzungssaal die Stimmen laut durch-
einander gingen. Gleich darauf öffneten sich die Türen.
Die Versammlung mußte beendet sein. Ein Menschen-
strom ergoß sich in das Zimmer, um von hier aus
durch die Royalgalcrie das Parlament zu verlassen.
Muriel konnte einen Augenblick in den Sitzungs-
saal nebenan hineinsehen. Er war fast ganz durch
die mit rotem Leder bezogenen Bänke der fünf-
huudertfünszig Peers ausgefüllt.
Einige der Lords saßen noch auf ihren Plätzen.
Der rechteckige diwanartige Sitz ohne Lehne, der
berühmte „Wollsack" des Lordkanzlers, der jeweils
die Verhandlungen leitete, war bereits leer.
Während Muriel noch in den Sitzungssaal
blickte, hörte sie jemand ganz in ihrer Nähe entrüstet
ausschreien. Tie blutrote Schrift an der weißen
Wand war bemerkt worden. Alle drängten sich vor.
Jeder der Anwesenden las jetzt selbst die Worte,
schalt mit drohend erhobener Stimme und sprach
seine Vermutungen über den Täter aus.
Zuerst kam niemand auf den Gedanken, diese
unerhörte Tat mit der ärmlich gekleideten Frau
in Verbindung zu bringen. Aber Plötzlich fiel doch
einigen die seltsam stolze Haltung dieser Arbeiterin
auf, die ruhig, hochaufgerichtet neben der Wand
stand, von der herab die blutigrote Schrift leuchtete.
Alle umdrängten Muriel. Man fragte und schrie
aufgeregt durcheinander. Tie Stimmen hallten bis
in den Sitzungssaal. Tie Peers erhoben sich nun
sämtlich von ihren Sitzen und kamen herein.
„War denn niemand im Zimmer?" fragte der
Sprecher.
„Nur diese Frau."
Er trat auf Muriel zu. „Wie heißen Sie?
Haben Sie das hier geschrieben?"
Zwei Parlamentsdiener packten Muriel plötz-
lich fest an den Armen. Auch ein paar Polizisten,
die immer im Sitzungssaal anwesend sein müssen,
standen wie aus der Erde gewachsen rechts und
links neben ihr.
Muriels Blicke richteten sich gleichgültig über die
Köpfe der sie umdrängenden, fragenden, schreienden
Menschen hinweg. Erst als sie Lord Syttons weißen
Charakterkopf die übrige Menge überragen und
George Syttons rote Horscguardsuniform aufblitzen
sah, kam Leben in ihre Gestalt.
„Also heraus mit der Sprache! Haben Sie das
angeschrieben?" schrie einer der Parlamentsdiener
wütend und faßte Muriels Tuch so rauh an, daß er
es ihr herabriß.
„Ja, ich tat das," antwortete Muriel ruhig.
„Jetzt in dieser Stunde, während die Peers von
England nebenan im Sitzungssaal diesem Gesetz
Hehn sprachen, habe ich es hier an die Wand des
Parlaments geschrieben."
„Wie heißen Sie?"
„Muriel Graham."
Laut und voll tönte ihre weiche, tiefe Stimme
bis in die entfernteste Ecke des Zimmers.
V"- ISI3.
Vie deutsche Unterseedootsslottille in Wilhelmshaven. (5. 152)