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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 48.1913

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Heft 23
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https://doi.org/10.11588/diglit.47352#0491
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DsrLuchfül'fM
Illustrierte ftsmilienreitung
23. lieft. M3.

Weib dir treu!
ftoman von Seorg Hartwig (Lmmst Koeppel).
lrortseNung.) — (Nachdruck oorbown.)
^T^^ndlick war Frau v. Richthoff so weit
wiederhergestellt, daß sie mit ihrem ge-
!ch^enteu Fuß die Treppe vorsichtig hin-
absteigen konnte, und saß nun wieder
heiter und belebend im Kreise derer, die
ihre Gegenwart schwer vermißt hatten. Nur war
zu Frau v. Gronaus Kummer noch immer nicht
der Auftrag erteilt worden, die gefährlichen Stöckel-
absätze von allen Stiefeln und Schuhen zu ent-
fernen.
Voller Liebe und Dankbarkeit gegen ihre Pfle-
gerin Magdalene gab die Baronin ihren Entschluß
kund, diese zur Erbin ihres Vermögens und aller
Kunstraritäten und Bühnenerinnerungen einzu-
setzen, mit der Verpflichtung, sie lebenslang eben-
so heilig zu halten, wie sie selbst es getan.
Der Frühherbst kam jetzt wunderlind ins Land.
Wenn auch das erste Sonnenlicht keine Wärme mehr
verbreiten konnte, so blitzte es um so herrlicher durchs
Nebelspiel und überkleidete die dörrenden Halme
mit Perlenschnüren und Silberschleiern.
Zum Gut Morlowitz gehörte ciu Vorwerk, das

vom Hauptgut aus mitbewirtschaftet wurde und
nach dem Gronau jeden Sonnabendnachmittag sei-
nen Weg zu nehmen Pflegte, um auch hier nach
dem Rechten zu sehen.
Die Landstraße, die in kaum einer halben Stunde
dorthin führte, war jetzt staubig und durch Aus-
besserungsarbeiten hin und wieder aufgewühlt. Ein
etwas weiterer, doch schöner Waldweg bog zunächst
in eine dichte Tannenschonung ein und zog sich
zwischen hohen grünen Mauern bis zur Vorwerks-
grenze hin.
Bald nach dem Kaffee erhob sich Gronau zu dem
gewohnten Gange.
„Es ist eigentlich recht selbstsüchtig von Ihnen,"
sagte die Baronin, sehnsuchtsvoll in die klare Ferne
blickend, die zwischen dem spielenden Laube hindurch-
leuchtete, „solch einen'Spaziergang allein zu machen.
Der Weg durch den Wald war immer mein
Schwarm."
„Sie können mich ja leider nicht begleiten,"
erwiderte er, gegen die Freundin seiner Mutter
stets von ausgesuchter Höflichkeit. „Dagegen
Er warf einen Blick auf Magdalene.
Sie erschrak in bangem Sehnen davor. Aber
je mehr sie sich ihrer Liebe zu diesem Maune be-
wußt ward, desto mehr drängte es sie aus seiner
Nähe fort. Es sollte kein Augenblick kommen, wo
er in ihr Herz so tief hineinsah, daß er sein Bild

darin gewahrte — denn er verstand es ja, wie alle
Gronaus, gut zu rechnen. Und die Treue gegen
sich selbst brach sie nicht.
Ihr Schweigen genügte vollkommen, ihn seinen
Wunsch bereuen zu lassen. „Ich meine aber,"
schloß er mit schroffer Kürze, wieder zur Baronin
gewandt, „Sie könnten vielleicht doch einen Ver-
such machen, mir wenigstens entgegenzukommen —"
„Gewiß," rief Frau v. Gronau, ihm ins Wort
fallend. „Mein alter Fahrstuhl von damals, als
ich die geschwollenen Füße hatte, ist ja noch vor-
handen. Gustav schiebt dich, und Fräulein Magda-
lene übernimmt die Begleitung."
„Machen die Damen das also unter sich aus,"
sagte Gronau, grüßte und entfernte sich.
Als er einige Minuten später aus dem Hause trat,
sah er seine Mutter seiner harrend vor dem Portal
stehen.
„Ein Stückchen gehe ich mit dir, Franz, wenn
du mir deinen Arm gibst."
Er stand still und sah sie kopfschüttelnd an. „Sei
doch ehrlich, Mutter, und erspare dir das Gehen,
wenn es dir Beschwerde macht. Ich weiß ja, was
du hören möchtest. Aber ich kann dir nichts sagen,
als daß er seit einigen Tagen verschwunden ist.
Weiter weiß ich auch nichts — verlaß dich darauf."
„Du kannst es mir nicht verdenken, wenn ich in
Sorge um ihn bin."


XXIII. ISI3.

ver neue sustirpalast in New stark. Nach einer Photographie der berliner ftlustrations-Sesellschast m. b. h in NerUn. (5. L04)
 
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