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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 48.1913

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Heft 13
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https://doi.org/10.11588/diglit.47352#0281
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Var Luch fül-fM
Illustriette familienreitung
13. yest. 1Y13.

LIeid dir treu!
boman von Sevsg Hartwig (kmmg Koeppei).
lk°orlselillng.) -____tNachdruck vsrvoton.)
A^Mas Gerücht von der Verlobung des Asses-
Mi r M sors v. Lützen mit einer jungen Erbin
«M S/ durchschwirrte die Stadt, bevor noch die
Verlobungsanzeigen ausgetragen worden
waren. In den höheren gesellschaftlichen
Kreisen fand man, mit wenigen Ausnahmen, diese
Wahl durchaus gerechtfertigt, man nannte sie „das
Gegebene".
Bei den noch auf Erbinnenjagd befindlichen Jung-
gesellen mengte sich eine Dosis Neid in die liebens-
würdig gespendeten Glückwünsche, und in den Herzen
vermögensloser Töchter der oberen Stände erfuhr die
Bitterkeit gegen ihr aussichtsloses Blühen durch diese
neueste Erfahrung eine empfindliche Verschärfung.

Auch Emil v. Lützens Antrag aus Versetzung in
den Verwaltungsdienst stieß auf kein Befremden.
Man kannte sein auf Fleiß nud Veranlagung ge-
gründetes Streben. Auch fand man es begreiflich,
daß er sich der Familie seiner zukünftigen Gattin
durch Änderung des Wohnorts räumlich entrücken
wollte.
Also ward sein Antrag von allen Instanzen be-
fürwortet, und wie die Sachen lagen, konnte die
Entscheidung in Monatsfrist zu erwarten sein.
Vorläufig hatte der Assessor von diesem ge-
tanen Schritt weder im Parterre, noch in: dritten
Stockwerk etwas verlauten lassen. Eine verstärkte
Entschlossenheit und Verschlossenheit hatte sich seiner
bemächtigt und seinen schönen Zügen den jugend-
lichen Ausdruck genommen.
Malli gab nicht acht daraus. Sie schwebte in
Wonne an seinem Arm auf der Promenade, hoch-
elegant gekleidet, ein lebendes Modebild, zu ihrem
Entzücken von allen Fraucnaugen verstohlen be-

wundert. Ihre Zeit war mit Aussteuerangelegen-
heiten und Besuchen so ausgefüllt, daß sie die kurze
Anwesenheit und den sich gleichbleibenden Ernst
ihres Verlobten nicht sonderlich in Betracht zog.
Sie wachte nur eifersüchtig darüber, daß er seine
Zeit zwischen ihr und droben recht teilte.
Nicht so Frau Stallbom, die durch die Bräuti-
gamsgefühle des seligen Stallbom ganz andere Be-
griffe von Zärtlichkeit bekommen hatte.
„Höre, Malliken, so was von Brautpaar geht mir
gegen den Strich! Was läßt du ihn immer so steif
neben dir sitzen? Ich sähe es lieber, er küßte dich
mal ordentlich ab. Da hättest du deinen Vater
sehen sollen!"
„Dazu sind wir zu vornehm," sagte Malli von
oben herab. „So naturwüchsig — ach, nein'!"
„Tu bist eine dumme Jöhre!" rief Frau Stall-
bom tief gekränkt. „Mir wirst du sagen müss n,
was sich schickt oder nicht schickt. Komm mir bloß
nicht so, sonst komm ich dir noch ganz anders."

kmmilie Petz. Nach einem öemälde von 6. Ikötig. (5. 28S)
 
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