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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 48.1913

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Heft 15
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https://doi.org/10.11588/diglit.47352#0323
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Mstriette familienreitung
IS. heft. IM.

Rleib dir treu!
üoman von 6eorg Hartwig (kmmg l(oeppei).
lrortse<,ung.) __- lNschdruck oerbolen.)
mißmutige Stimmung, in der sich Emil
UlstW v. Lützen befand, als er seine Bitte auf
I /»/ k>em Hausflur an die Baronin richtete,
ließ ihn Mallis unzarten Anruf doppelt
unangenehm empfinden. Das Erziehungs-
werk, das'' erst nach der Hochzeit beginnen sollte,
dünkte ihm heute nicht länger aufschiebbar.
Er begnügte sich also, ihr die Hand zu reichen
und sie ins Zimmer zurückzuführen. „Liebe Malli,"
sagte er, die noch immer mißvergnügt Aussehende
forschend betrachtend, „ich wollte dich bitten, Frage-
stellungen wie vorhin zu vermeiden. Zwischen zwei
Menschen, die sich so eng verbinden, muß der richtige
Ton gefunden werden, der einen dauerhaften Ein-
klang herstellt und festhält."
„Nanu?" fragte sie überrascht, denn im Stall-
bomschen Hause war von harmonischem Einklang
und empfindsamem Zartgefühl nie die Rede ge-
wesen.
„Ich meine die Art, wie du —"
„Die konnte doch höchstens schmeichelhaft für
dich sein," fiel sie lebhaft ein. „Und ob die alte

Tute von da oben zuhörte oder nicht, ist doch ganz
egal."
„Es ist nicht die Rede von schmeichelhaft oder
nicht schmeichelhaft," sagte er nachdrücklich, „sondern
von der Rücksicht, die man gegenseitig auf sich zu
nehmen hat, und die ich vorhin sehr ungern an dir
vermißte."
Sie biß sich auf die Lippen. Mit den derben
Scheltworten ihrer Mutter wußte sie ausgezeichnet
gut fertig zu werden und irgend ein Trumpfwort
darauf zu setzen, diesem ruhigen Vorwurf gegenüber
blieb sie stumm.
Dafür kam ihr vom Nebenzimmer her Frau
Stallbom zu Hilfe. Das Mutterherz vergaß die
Kränkung des Morgens allsogleich angesichts des
Tadels, der die Tochter traf.
„Hören Sie, lieber Lützen," sagte sie, wuchtig
über die Schwelle tretend, „daß Sie mir die Malli
so anbrummen, weil sie Sehnsucht nach Ihnen hat,
das -— das hätte ich nicht von Ihnen erwartet.
Wenn es der Braut jetzt schon —"
„Liebe Schwiegermama," fiel Lützen ein, ohne
Ruhe und Haltung zu verlieren, was ihrer Er-
regung einen Dämpfer aufsetzte, „Sie wollen doch
ganz gewiß, daß Malli und ich miteinander glücklich
werden?"
„So 'ne Frage!"
„Nun also! Dann müssen Sie mir auch zu-

gestehen, daß ich dieses Ziel nach meiner besten
Überzeugung anstrebe. — Nicht wahr, Malli?"
Er hatte den Arm um Mallis Schulter gelegt
und sie an sich gezogen.
„Mische du dich doch bloß nicht ein, Mutter!"
sagte Malli, sich gegen seine Brust lehnend. „Emil
und ich machen das ganz allein miteinander ab.
Ein bißchen Katzbalgen gehört zur Liebe. Du weißt
wohl nicht mehr, wie du dich mit Papa gezankt hast?
Na, ich danke!"
Aus dem Nebenzimmer ließ sich das meckernde
Lachen des Fräulein Matz vernehmen. Es reizte
Frau Stallboms Entrüstung aufs äußerste.
„Wenn du das vierte Gebot noch nicht kennst,
dann wirst du's auch nicht lernen. Vatern läßt du
jedenfalls in Ruhe!"
„Liebe Schwiegermama," sagte jetzt der Assessor
sehr bestimmt, „mir scheint, Sie sind, Malli auch,
auf ein ganz anderes Gebiet geraten. Das, um was
es sich handelt, liegt in der Zukunft, nicht in der
Vergangenheit. Wenn Malli denselben guten
Willen hat wie ich, uns eine gute, friedliche Ehe
zu schaffen, dann ist damit alles erledigt — und ich
denke, wir lassen das Thema jetzt endgültig fallen."
„Meinetwegen!" sagte Frau Stallbom mit nicht
ganz sicherer Stimme, während Malli den Hals
ihres Verlobten umschlang. „Ich werde kein Wort
mehr um eure Angelegenheiten verlieren. Ich



Seöffnete 5chleuseri des Nildammes bei Nssuan. 329)
 
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