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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 48.1913

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Heft 22
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https://doi.org/10.11588/diglit.47352#0470
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Illustrierte ftzmilienrettung
22. kjest. 1912.

Weib dir treu!

stornan von 6eorg ffurtwig (Lmmr, Koeppel).

lforlsehung.) lltachdruck verboten.)


af dem Bahnsteig war heute Leben ge-
nug. Es entstand sogar ein flüchtiges Durch-
einander, als der Zug von Breslau einlief
und die Ankommenden sich mit den Ab-
reisenden vermischten.

Während Lützen nach einem Abteil erster Klasse
voranschritt, streifte er im Gedränge die Gestalt
einer Schwester vom Roten Kreuz, die, soeben an-

gelangt, dem Ausgang zustrebte.
„Verzeihung!" sagte er höflich.
Sie sah auf. Völlig zeigte sie ihm ihr reizendes
Madonnengesicht, das aus der klösterlichen Um-
rahmung wie ein Bild herausleuchtete.
Er starrte auf sie hin, wie ihre dunklen Augen

einen Augenblick halb geistesabwesend auf ihu
hinstarrten — dann wich ihr das Blut aus den
Wangen, und sie eilte vorüber.
Ihm versagte für Sekunden die Bewegungs-
freiheit.
„Was ist denn los?" ertönte hinter ihm Mallis
Stimme.
Sie hatte nichts bemerkt. Aber ihm schnitt ihre
Stimme in diesem Augenblick wie ein Messer ins Ohr.
Er setzte sich ans Fenster und sah hinaus auf die
noch sommerlich übergoldeten Felder und Wiesen,
auf denen kein Halm, keine Blume mehr das Sonnen-
licht einsog. Stoppeln überall und grobüppiges
Rübengrün und Kartoffelkraut.
„Nächstens wirst du ein Loch ins Glas gesehen
haben," sagte Malli verdrossen.
„Du solltest etwas mehr Rücksicht auf meine
Empfindungen nehmen lernen," sagte er, sich ihr
zuwendend. „Dann würdest du dich über mein
Verhalten nie zu beklagen haben."

„Sehr gütig — wirklich!"
Als der Zug in Schmadenberg hielt und Malli
das Auto und den herrschaftlichen Diener am Schlag
erblickte, ward sie kleiner.
Im Begriff, ihr Kleid erst vorn und hinten
tüchtig auszustauben, fühlte sie sich an der Hand
gefaßt und zum Einsteigen genötigt.
„Unterlaß das lieber —"
Das Neue nahm sie so weit hin, daß sie nichts
erwiderte und nach der kurzen Fahrt in guter Hal-
tung die Halle betrat, wo Magdalene ihnen ent-
gegenkam.
Das Schloß, die Räume und ihre Einrichtung
imponierten Malli, wenn sie es auch niemals zu-
gegeben haben würde, stark genug, um in ihr ein
ringelndes Neidgefühl zu erwecken und sie zu un-
sicherer Liebenswürdigkeit zu zwingen, während
Lützen mit Ruhe und Sicherheit die schwierige Lage,
in der sich beide befanden, zu bemeistern und seine
widerstreitenden Gefühle zu beschwichtigen suchte.

Nach einer Photographie von Loebecker in Leriin.
chai'aktel'puppeli von der Uusstellung »Vas Kind« in verlin. (5. 48Z)


XXII. ISIS.
 
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