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Kreis Weissensee.

Vehra.

Kirchdorf, 8 Km. südwestlich von Weissensee am rechten Ufer der Unstrut,
verdankt seinen Ursprung und Namen einer Fähre über diesen Fluss, die hier bis
zur Erbauung einer Brücke im Jahre 1830 mindestens seit dem Anfänge des
13. Jahrhunderts, wahrscheinlich aber schon viel früher bestanden hat. Urkundlich
erscheint Vere zuerst im Jahre 1208 als eine Besitzung des Klosters Pforta, welche
es einem Vermächtnisse des Naumburger Domherrn Gerlach von Heldrungen und
seines Bruders Hermann zu verdanken hatte. Das Kloster unterhielt hier eine
Grangie und vergrösserte diese Besitzung 1221 durch Ankauf von Aeckern, die
bisher der Abtei Hersfeld gehört hatten. Ein Dorf scheint bei diesem Vorwerke
erst entstanden zu sein, nachdem die Klosterherren 1422 von dem Landgrafen
Friedrich die Ermächtigung erhalten hatten, „zu Velire ein Dorf zu machen.“
Nach der Aufhebung des Klosters kam das Gut 1572 an die Familie von Selmnitz
und seit 1689 durch Vererbung an die von Stammer, die es bis 1713 besassen.

Dass an der Fährstelle seit alters eine Kapelle gestanden habe, ist zwar nicht
erwiesen, aber immerhin wahrscheinlich. Urkundlich wird eine Kapelle zu Vehra
erst 1504 erwähnt, wo der Pfarrer zu Werningshausen wöchentlich eine Messe in
derselben zu lesen übernahm. Die Kirche bei dem Gute wurde erst 1623 1624

von Ernst Friedemann von Selmnitz erbaut und ist Filial von Henschleben. Es
befindet sich über dem Eingänge zum herrschaftlichen Kirchstuhle nach v. Hagke
S. 693 „in Stein gehauen eine Anbetung Christi mit der Inschrift:

1573 den 10. März ist Hans Philipp von Selmnitz auf
Schönstedt geboren und anno 1608 im Januar gestorben und zu Schönstedt1
beigesetzt, seines Alters 34 Jahr und etliche Monate.“

Dieses Kenotaphium ist ersichtlich erst längere Zeit nach dem Tode des
Verstorbenen errichtet, und ähnlich mag es sich mit einigen anderen Denktafeln
derselben Familie verhalten, die sich in der Kirche befinden und aus in Stein
gehauenen Wappen dieses Geschlechtes bestehen, deren eines mit den bei v. Hagke
S. 692 namentlich bezeichneten 16 Ahnenwappen umgeben ist. Die Inschriften
lauten:

J. Ser bocbebelgeborene, geftrenge mit) r>efte
Der <Ernft Sietrid) non Selmnit} auf Straufffurtb, Pera,

Steinburgt ttnb liraunidiborn ift geboren 31t Straufifurib bcn g. illartii
anno 165J, in ®ot felig entfcblafeu auf ber acabemia 5U
Wittenberg, beu 25. illartii J672.

2. Ser bocbebelgebOreue geftreuge Der (Seorge Kitbolpb
non Selumit} uf Straupfurtb, Steinburgt unb Jtrannicbboru tnarb geboren
31t Straufffurt beu 2|. iHprit anno j655, ftarb in berr felig
bafelbft am $. Jtpril J675.

Auf dem Thurme hängen zwei Glocken von 1,00 und 0,82m Durchmesser.
Die grössere ist 1836 v. J. Georg und 0. Gottfr. Ulrich in Laucha gegossen, die
kleine hat nach v. Hagke S. 692 die Inschrift:

1 Die Kirche oder Kapelle daselbst soll erst 1851 abgetragen worden sein. Yergl. von
Hagke S. 607.
 
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