Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1890

DOI Heft:
Heft 1/2
DOI Artikel:
Falke, J.: Die Pariser Welt-Ausstellung: nach Plan und Anlage verglichen mit ihren Vorgängerinnen
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.6755#0014
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
unter seiner ungeheuren Höhe und weiten Spannung fliegt
der Blick hindurch, und sieht das Bild von seinem Biesen-
bogen umrahmt.

Wenn aber kein Gebäude störend in den Weg tritt, so
ist doch die weite Fläche nicht ungeschmückt geblieben. Wohl-
weislich hat man jede englische parkartige Anlage mit ge-
wundenen Wegen und unregelmäßigen Baumgruppen von
der Witte fern gehalten; es sind grade Linien, grade Wege,
welche die Anordnung vorschreiben. Rasenflächen, mit
Blumenbeeten besetzt und begleitet, wechseln mit großen
Bassins; bunt be-
wimpelte, gedeckte,
aber an den Seiten
offene Gänge, führen
den Besucher im
Schatten vom Pa-
laste bis zum Eiffel-
thurnr hinab; eine
Fülle marmorner
Statuen, zu beiden
Seitenin Reihen auf-
gestellt oder mitten
in den Rasenflächen
dastehend, fügen die
Run st des Bild-
hauers zur Kunst des
Gärtners; eine über-
aus mächtige, figu-
renreiche Koloffal-
gruppe ist als Brun-
nen verwendet und
sendet rauschende, ge-
waltige Wasserstrah-
len in das Bassin
hinab, aus welchem
eine Reihe Fontainen
mit zerstäubendem
Wasser emporsprin-
gen, unter der Sonne
leuchtend in den Far-
ben des Regenbo-
gens, um des Abends
mit den Künsten der
Beleuchtung in
Feuer und Flammen
aufzugehen. Anders
Waffermaffen stür-
zen vom Trocaderopalaste in schäumenden Tascaden herab.
Wo die Flügel des Industriepalastes mit ihren fliesenbedcckten,
in Blau und Gold leuchtenden Kuppeln endigen, begrenzen
dichte Baumgruppen das Bild zu beiden Seiten. Aus ihrem
Grün ragen phantastisch gestaltete Bauwerke hervor.

Keine Weltausstellung kann wohl der Nebenbauten
entbehren, die selten den Gesammteindruck verschönern helfen.
Hier sind sie darum sämmtlich zur Seite gerückt und liegen
zum Theil hinter dem Industriepalaste, zum Theil zerstreut
innerhalb dieser Baumgruppen, welche sich von den Flügeln
des Industriepalastes bis an den Quai d'Orsay hinabziehen,
um sich jenseits des Flusses wieder fortzusetzen. Es sind
vor Allem die Pavillons der mittel- und südamcrikanischen

Staaten, alle nach Landesart phantastisch, znm Theil bizarr-
gebaut und bunt geschmückt, selbst mit farbigen Glaspasten,
welche wie riesige Edelsteine die Linien der Architektur be-
gleiten. Halb versteckt im Grün, halb sichtbar beleben sie
die sonst gleichförmige Wand der hohen Bäume.

An dieser Stelle, mit seinen weit gespreizten, schräg
gestellten Stützen und seinen Riesenbogen, von der einen
Seite zur anderen hinüberreichend, erhebt sich grade in der
Witte der Eiffelthurm. Steht man in seiner unmittelbaren
Nähe und sieht nur das Gewirre zahlloser sich kreuzender

Sparren und Stan-
gen und sieht die
schräg liegenden Bo-
gen, so imponirt
zwar das Riesen-
hafte der Dimen-
sionen und die Masse
des zufammenge-
schnriedeten Eisens,
aber der ästhetische
Eindruck ist nur der
eines häßlichen Un-
geheuers , das auf
vier gespreizten Bei-
nen vor uns liegt.
Anders aber ist es,
wenn wir diesen un-
geheuren Bau aus
der Ferne betrachten,
oder wenn der untere
Theildererstenplatt-
form uns verdeckt
ist, alsdann folgt der
Blick mit Vergnügen
der schlanken Gestalt,
mit anmuthig sich
verjüngendenLinien,
um in luftiger Höhe
sich zu verlieren.
Wer den ganzen
landerAusstellung
von dem Standpunkt
eines großartigen
Bildes betrachtet, der
muß ihn als ge-
lungen anerkennen.
VomStandpunkt der
Schönheit aus, eines schönen, in großem Stile mit aller
Kunst durchgeführten Arrangements übertrifft die pariser
Ausstellung dieses Jahres alle ihre Vorgänger, sei es in
Paris selber, sei es anderswo. Ein inneres Systenr, welches
Länder und Gegenstände zugleich bedenkt, wie es ^867 und
j878 der Fall war, mußte freilich unberücksichtigt bleiben.
Frankreich hat den ganzen Mittelbau für sich genommen
und je die Hälften beider Flügel den fremden Staaten über-
geben, einem jeden es überlassend, sich auf dem ihm zu-
gewiesenen Raum einzurichten, wie er wolle. Die ganze
rückwärtige Seite des Industriepalastes, gegenüber der Ecole
militaire bildet die Maschinenhalle, ein durch seine kühne,
weit gesprengte Eisenkonstruktion viel bewunderter Bau.

Pariser Weltausstellung ;88Y.
Eingang zur Abtheilung der schönen Aiinste.
 
Annotationen