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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1890

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Heft 1/2
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Unsere kunstgewerblichen Musterblätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.6755#0022
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■h ^6 -4-

OCttfette Kunffgewenblichen <I)ustiepblWer.

Tafel \ Sc 2. Pokal, gewidmet Sc. fgt. kfoheit dem Prinz-
Regenten Luitpold von Bayern ans Anlaß Allerhöchst dessen SOjähri-
gem Vrdens-Jubiläums von der Ritterschaft des kgl. bayer. kjaus-
ordens vom hl. Georg beim 2(0. Grdens-Panptfefte vom 8. Dezember
(889; entworfen von Architekt Franz Brochier, jetzt Professor an
der kgl. Kunstgewerbeschule zu Nürnberg, ausgeführt von Rudolf
lharrach (Firma Ferdinand lfarrach & Lohn), k. bayer. kfofsilber-
arbeiter und Lifelenr, München. Die vorliegende Publikation erfolgt
mit Allerhöchster Gcnehniigung des Prinz-Regenten, des allergnädigsten
Protektors des Bayerischen Kunstgcwerbevereins.

Ls war gewiß keine kleine Aufgabe, die Mappen der 88 Grdcns-
inhaber in der ihnen gebührenden Größe und Rangordnung unter-
zubringen, und zwar so, daß man dem fertigen Prunkstück nichts von
diesem Ltikcttenzwang anmerkt; Architekt Brochier, welcher vor
Kurzem als Professor an die Nürnberger Knustgewerbeschule berufen
wurde, hat diese Aufgabe vorzüglich gelöst, und in Rudolf parrach
(Firma Fcrd. kfarrach & Sohn) stand ihm für die Ausführung ein
völlig ebenbürtiger Kunsthandwerker zur Seite. Das Geschenk bildet
einen Tafelaufsatz in Gestalt eines riesigen Pokals, dessen Gesammt-
forin sich an gewisse fußloße gothische Becher anlehnt, also einen in
sanfter Kurve nach oben sich erweiternden Körper bildet, der auf
einem von Löwen getragenen runden Fuße ruht und von einem
mächtigen gebuckelten Deckel geschlossen wird. Die Krönung des letz-
teren bildet die Reiterstatuette des heiligen Georg auf hohem, von
üppigen Blumen umranktem, durchbrochenem Postament, an dessen
Seiten die Mappen der vier Großpriore (vier bayerischen Prinzen) an-
gebracht sind. Die beiden Buckelreihen des Deckels sind durch eineu
zylindrischen Fries von einander geschieden, welcher zwischen frei ge-
triebenem Laubwerk die Mappen der (<( Großkomthure trägt und
von einem prächtigen Zackenkranz überragt wird; ein noch reicherer,
theils gegossener, theils getriebener Zackenkranz mit den Wappen der
(9 Komthure umgibt den Rand des Deckels, welcher für sich eine
prächtige Krone bildet. Zwischen die den oberen Becherrand beglei-
tenden Buckel rankt sich wieder freischwebcndes üppiges Laubwerk,
während die eigentliche Bechcrstäche nur flaches Relicfornamcnt zeigt,
welches in der Mitte von der Palrona Bavariae und ihrem Strahlen-
kranz unterbrochen wird, während in den gleichmäßig vertheiltcn
Blumen des Grnamcnts die Mappen der 5( Ritter in der Reihen-
folge ihrer Ernennung eingeordnet sind. Line aberinalige Buckelreihe
und ein leichtes Lanbgewinde bilden den Uebergang zn dem runden
Fuß, welcher auf seiner Wölbung zwischen zierlichem Grnament die
von Löwen gehaltenen Schriftbändcr mit den Jahreszahlen (829 und
(889 enthält und von drei Löwenpaaren mit Schilden getragen wird;
die Schilde enthalten die Morte: fides, justitia, fortitudo. Unter dem
übrigen Thcil des Fußrandes zieht sich in strotzender Fülle ein Laub-
und Rankenwerk hin, dessen lebendige Wirkung durch die daran-
hängende Grdenskette noch mehr gehoben wird.

Die Höhe des Ganzen beträgt 80 cm, die Weite des Becher-
randes 25 cm. Das Material ist fast durchweg Silber, im Feuer ver-
goldet; bei den emaillirtcn Theilen, den Mappen und Grdenskctten
kam Feingold zur Verwendung. Ls muß besonders bemerkt werden,
daß die Grdenskette nicht nur den Fuß des Ganzen schmückt, sondern
daß sie auch die Mappen der Großpriore und Großkomthure umgeben.
Zur weiteren farbigen Belebung sind an den Buckeln Saphire und
Rubine eingesetzt; ebenso trägt die Krone der Madonna kleine Dia-
manten und Rubine. Die emaillirtcn Theile sind für sich ausgeführt
und mit dem Ganzen durch Scharnire rc. verbunden; selbstverständlich
ist das eigentliche Gefäß mit einer zweiten Wandung ausgefüttert.

Die Arbeit wurde in vier Monaten ausgeführt.

Tafel 2. Schrank. Lntworfen und ausgeführt von Hof-
möbelfabrikant G. Fritzfche, München. Nach einer Photographie
gezeichnet von G. Buchberger, München.

Tafel 4. Ehrentafel mit der goldenen Bürger-
medaille der Stadt München. Festgabe der Stadt München
für Herrn Magistratsrath I. Radspieler zn dessen 70. Geburtstag.
Lntworfen von Prof. Rud. S eitz, ansgcführt von Llfcnbeinfchuitzcr
A. Dießl und Ziseleur L. Lberth.

Tafel 5. Glasgemälde. Nach einer Zeichnung von Prof.
Ernst Ewald, Berlin ((87-z), ansgeführt von si Wladimir von
Svertfchkow, Florenz.

Wladimir v. Svertfchkow gehörte, so lange er seinen Wohnsitz in
München bezw. Schleißhcim hatte, zu den für das Münchener Kunst-
Handwerk begeistertsten und für die Hebung desselben thatkräftigsten
Männern; er wurde deshalb voin bayerischen Kunstgewerbeverein zu
seinem Ehrenmitgliede ernannt. Mir hatten die Absicht, durch ein ein-
gehendes Lebensbild dem verstorbenen in der vercinszeitschrift ein
literarisches Denkmal zu sehen, und hatten dafür bereits einen in Rom
lebenden ehemaligen Genossen Svertschkow's gewonnen; leider ging
aber das mühsam zusammengebrachte biographische Material auf dem
Wege zu dem Biographen verloren, so daß wir uns mit wenigen
Daten begnügen müssen.

Wladimir v. Svertfchkow war (822 als Sohn eines russischen
Generals in Finnland geboren, wurde in einer Kadettenschule erzogen
und trat früh als Gffizier in die Armee; feine Liebe zur Kunst ließ
ihn bald seinen Abschied nehmen, worauf er bei dem Schlachtenmaler
Peter Heß in München, später bei Horace vcrnet in Paris, dann in
Rom dem Studium der Malerei oblag. Die Malerei befriedigte ihn
aber nicht ganz; vielmehr suchte er durch sie das Handwerk zu heben
und gründete ((852) in Schleißheim eine Glasmalerei, deren Arbeiten
tonangebend für alle anderen in Deutschland wurden. In den 70cr
Jahren siedelte er nach Florenz über, wo er noch mehrere Jahre eine
Glasmalerei und andere kunstgewerbliche Betriebe leitete; aus dieser
Zeit stammt auch das auf Tafel 5 abgebildete Glasgemälde. Die
letzten Jahre seines Lebens verlegte sich Svertschkow ganz auf Stillleben-
Malerei und hatte noch für die (888er Kuiistgewerbeausstelluug Arbeiten
dieser Art angemeldet; zunehmende Kränklichkeit vereitelte dies vor-
haben und im Sommer desselben Jahres erlag er einem Lungcnschlage.

Tafel S. Silbervergoldeter und emaillirter Kelch.
Arbeit eines Solmoneser Goldschmieds ans dem Anfang des (5. Jahr-
hunderts. Im Besitze der Kathedrale 8. Panfilo zu Solmona (in den
Abruzzen).

Als Ergänzung diene das auf S. (2 abgebildete Detail des
Fußes und das genaue Profil rc. in wirklicher Größe S. (3.

Zu diefeur Kelch gehört auch die patena auf S. 15.

Näheres über den Kelch und verwandte Arbeiten ist aus dem
Aufsatz „Die mittelalterliche Goldschmiedekuust in den Abruzzen" in
diesem und dem folgenden Doppelheft zu entnehmen.

Tafel 7. Entwurf zu einem Rokoko-Plafond. Nach
einer Skizze von Prof. Karl Gebhardt, ausgefllhrt von Ignaz
Gebhardt, München.

Berichtigung.

Bei Tafel 28 des letzten Jahrgangs ist versäumt worden, als
Autor des Ganzen den fürstl. Baurath Max Schulze (Regensburg)
zu nennen; die Details sind dagegen von G. Fritzfche gezeichnet
und ausgcführt.

verantw. Red.: Prof. £. Gmcliii. — Herausgcgeb. v. bayer. Lunstgewerbcverein. — Druck u. Lomm.-Verl. von Knorr $ Dirth in München.
 
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