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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1890

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Heft 9/10
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Semper, Hans: Ueber drei Brixener Grabsteine und ihre Urheber, [1]
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Clericus, L.: Zur Urgeschichte der heraldischen Raute
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https://doi.org/10.11588/diglit.6755#0065
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* Ul H-

in ihnen eine Anspielung auf diese, sowie vielleicht auf die
Gattin des Verstorbenen enthalten sei. wie Resch dazu
kommt, unter diesen heiligen auch Thekla ZU finden, wissen
wir nicht, da wir ihre Attribute (eine Schlange, ein Löwe,
oder eine Palme) nirgends entdecken konnten. Diese heiligen
Frauen, mit lieblichen, naiven Köpfen und innigen Geberden,
stehen auf Laubkonsolen und sind ebenfalls von gothischen
Baldachinen von sein durchbrochener Arbeit in Hochrelief
überdacht. Zu ihren Füßen hält links ein Engel eine Schrift-
rolle mit dem Namen des Verstorbenen, rechts etwas tiefer
ein zweiter das Wappen desselben, aus dessen gekröntem
bselm zwei mächtige lsörner mit j)sauenwedcln als Abschluß
emporragen. Zwei Hündchen an beiden unteren Ecken der
Patte halten ein zweites Inschriftsband, das sich noch
hinter dem Hündchen links emporwindet und die Fortsetzung
der Grabschrist enthält, deren Schluß auf einem dritten
Band am oberen Theil des Monumentes zu lesen ist. Die-
selbe lautet:

Daminus Osxvaldus de Sabiona
Nobilis et strenuus miles obiit
anno Dni MCCCCLXV in crastino
S. Erhardi Episcopi. Cujus anima
requiescat in pace.

Das V hinter dem MCCCCLX ist auf der Inschrift,
Resch's Angabe entgegen, mit aller Deutlichkeit zu sehen.8)

8) wir fügen hier Resch's Beschreibung des Grabmonumentes
und der Inschrift bei:

Resch, Mon. II.

In Ecclesia et Ccenobio
Neocollensi n. 20.

Monumentum insigne marmoreum rubrum, (falsch!) olim in
Ecclesia ante aram S. Crucis, nunc in Capella omnium sanctorum
ambitus Neocellensis: ubi sub imagine Dei Patris, Christum Crüci-

Endlich ist aber eine sehr wichtige Inschrift an diesem
Monument zu beachten, welche Resch sowohl wie Mayr-
hofen gänzlich übersehen haben und die allem Anschein nach
den Namen des Künstlers angibt. Zwischen den Köpfen
der beiden weiblichen Heiligen auf der linken Seite zieht sich
ein kurzes Band um einen schlanken Säulenstamm, mit den
in Relief gemeißelten Buchstaben: I ll s. Auf den ersten
Blick wäre man zwar geneigt, dieselben als das Mono-
gramm Ehristi auszufassen, allein abgesehen von der un-
passenden Stelle für die Anbringung desselben, verbietet auch
der Strich über dem ll und s eine solche Lesung. Vielmehr
sind diese Lettern als eine Eontraktion von Johannes zu
lesen und zwar um so sicherer, als gegenüber, auf der
korrespondirenden Seite, ein zweites Band die Buchstaben
Har zeigt, wir haben hier also ohne Zweifel den Namen
des Künstlers, der das Monument ausführte, Johannes
Har, vor uns. Möglicherweise ist das Wort Har jedoch
auch nur ein Theil des vollen Namens, der nicht jstlatz
gehabt hätte.

Bei der Seltenheit der Künstlernamen auf tirolischen
Kunstwerken des hä. und (6. Jahrhunderts ist dieser Fund
um so willkommener, als er uns zugleich einen ebenso tech-
nisch geschickten, wie begabten Künstler bekannt macht, von
dem sich mit der Zeit vielleicht noch andere Werke auf-
finden lassen. (Schluß folgt.)

kxurn sustentantis, nec non sub imaginibus SS. Reginarum Virginum
et Martyrum Catharinae, Theclae, Barbarae et Dorotheae, capite nudo
et manibus in altum elevatis, flectit vir sago et thorace indutus,
pugione adlatus cinctus et ocreatus, genibus cubanti Leoni innixus.
A sinistra ipsius latere scutum galeatum Sabionense, ut supra, in
schedulis hinc-inde deductis haec subscriptio:

(Folgt die Inschrift mit Auslassung des Dni „ach Anno und
des V nach MCCCCLX.)


von £. Llemcus.

as Magdeburger Kunstgewerbe-Mnseum erwarb kürzlich
von R. Forrer in Straßbnrg eine Partie ägyptisch-
koptischer Gewebe und Stickereien aus den Funden der
Nekropole von Fayum bei Akhmin, unter welchen mir das
auf S. \\2 in Facsimile-Zeichnung in natürlicher Größe
abgebildete Stück einer Borte sofort anffiel und zu denken gab, freilich
aus einem anderen Gesichtspunkte, als aus dem für gewöhnlich diese
hochinteressanten und noch vor wenigen Jahren, vor den merkwürdigen
Entdeckungen bei Akhmin, als die größten Seltenheiten geschätzten
Stoffe einer [600 bis jsoo Jahre hinter uns liegenden Knlturcpoche
betrachtet werden. Denn diese Borte enthält augenscheinlich das Rr-
motiv des sog. Rautenkranzes, einer heraldischen Figur, über deren
Bezeichnung, Entstehung, Geschichte und Bedeutung eine Unmenge der
gelehrtesten Büdner und Schriften verfaßt worden sind. Selbst bei der
thcilweisen Dessinverzerrnng, welche die Fäden des anderthalbtausend-
jährigen Gewebes erlitten haben, ist die Form der Blätter der bekannten
Bergrante (ruta montana) deutlich erkennbar, woraus folgt, daß die
alten Webermeister gerade diese Pflanze zum vorbilde ihres Grnaments
erwählt und die abendländischen Konsumenten, welche dasselbe in ihre
lseimat überftthrten, das Motiv richtig anfgefaßt hatten, daß somit
nicht allein das Motiv an und für sich, sondern auch seine Bezeichnung
ungefähr eintausend und fünfhundert Jahre alt ist, gerade noch ein-
mal so alt, als die ganze abendländische bseraldik. Um aber die that-

sächlichcn Beziehungen zwischen einem solchen vereinzelten ägyptischen
Gräberfunde und dem viclgefeierten wappenbilde des Königlichen und
Hochfürstlichen Hauses Sachsen zu begreifen, muß man freilich auch
erwägen, was u. A. Essenwein bezüglich des
allgemeinen wertstes dieser Stoffe sagt. „Alles,
was von Gewändern, von sonstigen Stickereien
und Geweben zu Tage gekommen, könnte gerade
so gut am Hofe Iustinians nnd überhaupt in Lon-
stantinopel getragen worden sein, als in Aegypten,
auch gerade so gut in Rom, Ravenna, und wie ja
die germanischen Herrscher, insbesonders Theodorich
der Große, der am Hofe zu Lonstantinopel aus-
gewachsen war, die Flaffifdje Kultur zu erhalten
nnd weiter zu bilden suchten, so trugen und? sie
dieselben Gewänder nnd Stickereien". Aber uidit blos gleichzeitig wurden
zu jenen Aeiten in den verschiedensten Ländern dieselben Gewänder in
gleichem Schnitt nnd gleicher Dekorirung getragen, sondern die, die
einmal anerkannt waren, besonders aber die ornamentalen Motive,
erhielten fidj Jahrhunderte lang lebendig. Man denke nur an den
Acanthus und den Mäander, letzterer auch auf den Geweben von Akhmin
vielfach vertreten, deren vieltausendjährige Jubiläen in allen weltthcilcn
gefeiert werden könnten. Man ist daher vollberechtigt zu der Annahme,
daß das gefällige Grnament des Rautenkranzes (ans schwach gebogenen

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