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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1890

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Heft 9/10
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Semper, Hans: Ueber drei Brixener Grabsteine und ihre Urheber, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6755#0064
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vierzehnhundert galt man
und fünf und Sechzig als ich Sag
Da starb er an St. Erhartstag
Gott geb ihn allen ebig Ruhe
Da sprechen wir Amen dazue.

Ex Manuscriptis Marci Sixti de Wolkenstein.“

Grabplatte des Mswald von Säben (st t-tss).

Im Areuzgang des Alosters Neustift bei Briren; verfertigt von 3 o I) an

„Oberhalb des Grabes des Oßwald Sebttcrs, an dem
Chor der Rirche zu Neustift war (nach Mayrhofen) eine
Tafel rnit folgender Anschrift vorhanden :

Scbner Geschlecht der Edl Stamm
mit Ljerrn Vßwald etu Lud nam.

Er hat eine Frau von (Stilbs gcbohren °)

Sie liegt bcz> Ihm, auch bfelm und Sporn,
dazu sein Schwert, Schild und Fahn,

0) Mayrhofen, VII, V, u: Uxor I. Anna, Franzens von Greiscn-
stein Tochter. 8p. (Sponsa) 1427, welche The nach 7 Jahren volzochen
weiden sollte, fdjeiitt aber nidit erfolgt zu sein. II. Gertraud, Hansens
von Hohencnibs ans einer von jdapxenhcimtochtcr, Ivittwe ^ss.

Zu diesem Zitat des Mayrhofen macht
ein gewiffer Rögl die Randglosse: R. D.
„Ist hier nicht ganz." Mayrhofen theilt
ferner mit: „Diese Tafel besteht nicht mehr."
Rögl aber streicht das „nicht mehr" aus und
schreibt: „noch im Rreuzgang." Unter-
zeichneter muß nun gestehen, obige Inschrift
auch nicht gesehen zu haben, vielleicht hat
er sie übersehen, vielleicht besteht sie jetzt
wirklich nicht mehr.

wir geben hier nun eine Abbildung
der Grabplatte selbst, welche eines der
vorzüglichsten Skulpturwerke des H5. Jahr-
hunderts in Tirol darstellt, so daß cs
wohl als ein Glück betrachtet werden kann,
daß sie dem allgemeinen Ruin entging.
Dieselbe ist aus weißem, grobkörnigen!,
nicht wie Resch angibt, aus rothem Tiroler-
Marmor hergestellt, dessen pärte dem Bild-
hauer einige Schwierigkeiten bereitet haben
mag, so daß in einzelnen Details eine
gewiße Stumpfheit der Ausarbeitung be-
merkbar ist. Gleichwohl ist die Romposition
sehr reich und geschickt in der Anordnung,
wie auch die Zeichnung der Figuren korrekt,
edel, voll Annruth und Empfindung.

Das Ganze ist als eine Art gothischer
Rapelle gedacht, in welcher der Verstorbene,
ein noch jugendlicher, bartloser Mann mit
reichem Lockenschmuck, in ritterlicher Rüst-
ung vor einem Vorhang, und mit seinem
am Rücken herabhängenden Mantel-) auf
einem Löwen (Symbol der Tapferkeit) kniest
und, zur hl. Dreieinigkeit betend, die Hände
faltet und den Blick fronim emporrichtet.
Gottvater thront unter einem gothischcn
Baldachin, den Gekreuzigten vor sich hin-
haltend, während die Taube des heiligen
Geistes, die nicht deutlich erkennbar ist,
über dem Haupte Thristi schwebt. Auf den
abgetreppten Pfeilern zu beiden Seiten des
Thrones sitzen unten zwei kleine mönchs-
artige Gestalten, oben zwei sich selbst zer-
fleischende Pelikane.

Zn beiden Seiten nehmen die mittlere Höhe der Tafel
vier hl. gekrönte Märtyrerinnen, links die hl. Barbara mit
dem Reich und Ratharina mit dem Schwert und dem Rad,
rechts Maria mit dem Rinde und, wie es scheint, Dorothea
mit einem Blumenkörbe ein.

Da diese Heiligen, zum Theil wenigstens, die Namens-
heiligen der Schwestern (oder Tächter) des Verstorbenen dar-
stellen, so ist die Vermuthung vielleicht nicht zu gewagt, daß

'; Dieser Mantel soll vielleicht den Festmantel darstellen, welchen
Gswalds weibliche Angehörige dein Kloster schenkten.
 
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