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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1890

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Heft 1/2
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Gmelin, L.: Die Mittelalterliche Goldschmiedekunst in den Abruzzen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6755#0016
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Reliquienkästchen aus S. paitftlo, Solmoiia.

Material: vergoldetes Silber; die die Wände und die Deckelflächen umrahmenden Friese, sowie das
Schloßschild und das Wappen an dem aus Krystall geschliffenen Löwen sind bunt emaillirt, vorwiegend
dunkelblau. Wandungen und Deckel sind an mehreren Stellen mit verglasten Durchsichten versehen. —
Gesammthöhe 2\ cm; Breite des Aästchens im Aern ^8 bez. ^5 cm.

Nie »üttclültckliK WoldsZ

von L.

8cnige Gebiete Italiens standen bis über die
21Titte unseres Jahrhunderts wegen des Bri-
W: gantaggio in so üblem Rufe wie die Abruzzen;
§J*> dadurch bildete sich unwillkürlich die Vorstellung
heraus, als ob die Abruzzen ein unwirthlicher, in der
Kultur weit zurückgebliebener Landstrich wäre, — als ob
diese Gegenden von der im übrigen Theil der Halbinsel 311
so hoher Blüthe gelangten Kunst unberührt geblieben wären.
Durch die Anlage der Eisenbahnen wurde dieses vorurtheil
noch nlehr begünstigt; indem hierbei die für den Bahnbau
passender gelegenen Verkehrslinien gewählt wurden, ließ der
große Strom der Reisenden und Forscher die Abruzzen
vollends zur Seite liegen, so daß sie fast nur noch dem
Bergwanderer Interesse cinflößten. Mit dem Aufhören der
bourbonischcn Herrschaft ist das Räuberwesen auf ein
Minimum zurückgegangen, und seit man von Osten, Norden
und Westen — von Pescara, Terni und Rom — auf der
Eisenbahn in die Abruzzen gelangen kann, ist der Besuch
der dortigen Städte wesentlich erleichtert und der Forschung
ein neues Feld eröffnet. Daß es sich lohnt, in diese felsigen,
waldarmen, von Schneegipfeln überragten Gebirge einzu-
dringen, mag eine Betrachtung über die Blüthezeit der
Goldschmiedekunst darlegen.

Gewöhnlich bezeichnet man mit dem Namen Abruzzen
jene Berggruppe, welche die höchste Erhebung des Apenin-
nenfystems bildet, und welche im 6rau Lasso d’Italia und
der Majella ihre höchsten, bis fast 3000 m ansteigenden
Gipfel erreicht.

miedekünst in den Ufirupi.

Gmelin.

Der Name stammt ursprünglich von einer Völkerschaft
»kraetutii« *); doch kommt schon im 6. Jahrhundert der
Name Aprutium vor. Auf ein größeres Landgebiet fand
dieser neue Name erst Anwendung unter der Herrschaft
Kaiser Friedrichs II., welcher durch einen einheitlichen
Namen die Grenzprovinz feiner Lande gegen päpstliche und
andere Ansprüche sichern und durch Gründung der festen
Stadt Aquila (f2ö0) der zersplitterten Bevölkerung mehr
Widerstandsfähigkeit verleihen wollte; politisch bildeten die
Abruzzen schon damals den nördlichen Theil des Königreichs
Neapel, dessen wechselvolle Schicksale sie theilten. Denn wie
schon die Bewohner dieser Gebirgslandschaft, welche den
Kern der im Jahre 90 v. Ehr. gegen Rom vereinigten
italienischen Völker bildeten, den Römern nicht zu wider-
stehen vermochten, so ist es ihnen auch später nicht gelungen,
äußere Feinde von ihren Bergen fern zu halten.* 2) Die
Kämpfe, welche schließlich das tragische Ende der ksohen-
staufen in Italien herbeiführten, spielten zum Theil in
diesen Gegenden; es mag nur an den Untergang des letzten
kjohenstaufenheeres und die Gefangennahme Konradins
infolge der Schlacht bei Tagliacozzo ani 23. August s268
erinnert werden. — Ini jetzigen Königreich Italien um-
fassen die Abruzzen vier Provinzen mit den Hauptstädten
Teramo (Abruzzo ulteriore I), Aguila (Abr. ult. II),
Ehieti (Abr. citeriore) und Eampobasso (Molise).

J) vergl. hierüber „Land und Leute der Abruzzen" in der
Münchener „Allg.-Jtg." Z888, Beilage No. 2^8—235.

2) Neyer's Konversations-Lexikon.

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