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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1890

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Heft 9/10
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Groth, Paul von: Ueber den Bernstein von P. Groth
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https://doi.org/10.11588/diglit.6755#0055
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Theil einer germanischen Ejalsfettc aus Bernstein (f. Nationalmuseum in München); wenig verkleinert.

or drei Jahrtausenden, als Deutschland, in seiner
ganzen Ausdehnung mit Urwald bedeckt, den
damaligen Lulturvölkern in: Grient noch ein
unbekanntes Land war, lieferte dasselbe doch
schon den letzteren einen begehrten Handelsartikel, das Gold
des Nordens, wie der Bernstein oft genannt worden ist.
Während derselbe zunächst iin Tauschverkehr längs des
Rheines und des Po nach der Adria oder an der Donau
abwärts zum schwarzen Meere gelangte und dort von
Ecefahrern ausgekauft wurde, kommen die Handelsfahrzeuge
der Phönioicr um das \2. Jahrhundert vor unserer Zeit-
rechnung nachweislich schon bis nach Jütland und der
friesischen Nordseeküste, um hier, nahe der eigentlichen
Heimath des Bernsteins, diese Waare zu holen. Daneben
aber wird fortgesetzt ein lebhafter Handel mit denselben
an den Rüsten des Mittelmeeres, an der Rhonemündung,
am Golf von Genua u. si w., wohin er auf dem Land-
wege gelangte, getrieben. Mit der Steigerung von Wohl-
stand und Luxus im Alterthum nimmt dieser Handel immer
größere Diinensionen an, besonders durch die Etrusker
und später durch die Römer, bei denen Bernsteinschmuck
in hohem Grade beliebt und in kolossaler Menge verbreitet
war. Seiner schönen gelben Farbe wegen wurde er von
den Griechen (nach Plinius) ijXLxrpov genannt, von der
strahlenden Sonne TjXsxrcop, und seine schon in: 7. Jahr-
hundert v. Thristus bekannte Eigenschaft, durch Reiben in
einen Zustand versetzt zu werden, in welchem er leichte
Körper anzieht, gab Veranlassung, diesen Zustand nach
ihm den elektrischen zu nennen, und entstammt also dem

Bernstein der Name derjenigen Naturkraft, nach welcher
man nicht selten unsere Epoche als diejenige der Elektricität
bezeichnet.

Die vielseitige Verwendung, welche unserem Mineral
als Schmuckstein in: Alterthume zu Theil wurde, ergibt sich
aus der vielfachen Erwähnung desselben in den alten
Klassikern und den nicht seltenen Funden in Gräbern
Griechenlands und Italiens. Nördlich der Alpen findet
sich verarbeiteter Bernstein schon in den Pfahlbauten und
den Hügelgräbern der Bronzezeit und in den Begräbniß-
stätten, welche die prähistorische Forschung der Neuzeit in der
Heimat des Minerals, in Gstpreußen, aufgedeckt hat, sogar
zurück bis zur Steinzeit, so daß man seine allmähliche Aus-
breitung von hier aus gleichsam rückwärts verfolgen kann.
Für die Kultur der letztgenannten Gegend war es von
außerordentlicher Wichtigkeit, daß um den Beginn unserer
Zeitrechnung die Römer, bei denen der Bernstein ganz
besonders hoch geschätzt wurde, in direktem Verkehr mit
Gstpreußen traten und, wie die Funde in den Gräbern
der damaligen Zeit beweisen, das Land dafür mit römischen
Erzeugnissen aus Bronze, Glas, edlen Metallen u. f. w.
überschwemmten. Dieser Verkehr dauerte bis zum H. Jahr-
hundert, und in den folgenden Jahrhunderten haben nur
noch die Araber vorübergehend die Erbschaft der Römer
angetreten.

Eine wesentliche Veränderung trat nrit der Besitz-
ergreifung Vstpreußens durch den deutschen Vrden ein.
Dieser legte auf den Bernstein das landesherrliche Regal
und sorgte für dessen kaufmännische Verwerthung. D" den

') Zur Illustration des hier im Auszuge wiedergegebenen Vortrages, welcher am 21. Januar im Kunstgewerbevereine gehalten wurde,
diente eine Sammlung von Herrn Vr. R. Klebs in Königsberg gütigst zur Verfügung gestellter Bernsteinstücke. Von den im Folgenden besonders
berücksichtigten Schriften des Genannten seien hier erwähnt:

„Gewinnung und Verarbeitung des Bernsteins." Mit 22 Lichtdruckbildern. Königsberg ^883.

„Die Handelssorten des Bernsteins. Berlin z883."

„Aufstellung und Katalog des Bernsteinmuseums von Stantien und Becker. Nebst einer kurzen Geschichte des Bernsteins." Königsberg Z88I.

Zeitschrift des bayer. Kunstgewerbe-Vereins München.

*890. Heft 9 L *0(Bg. *).
 
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