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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1890

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Heft 9/10
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Clericus, L.: Zur Urgeschichte der heraldischen Raute
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Unsere kunstgewerblichen Musterblätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.6755#0066
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U2 ■

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Umrahmungslinien) auch 500 bis 600 Jahre nach der Zeit der Be-
nutzung jener ägyptischen Necropolc der orientalischen Technik geläufig
geblieben war und eine so verzierte Borte während der Kreuzzüge
mit anderen Beutestücken in die Länder an der Elbe gelangte, wo sie
eines Tages (vor ^2; 2) von einem Ballenstedter*) um seinen Schild
gehängt wurde, um als heraldisches Zeichen der genealogischen Ab-
sonderung seines lqauses von den chäusern Brandenburg und Grla-
münde zu dienen. Zufällige, mit Handel, Kunst und Industrie in
Zusammenhang stehende Vorkommnisse haben in der Geschichte des
lvappenwesens eine hervorragendere Rolle gespielt, als mystische Grübelei
und Spekulationen ! vielleicht noch massenhafter, als um den sächsischen
Rautenkranz, haben sich Berge tiefsinniger Weisheit auf der heraldischen
Lilie (S. \\\), dem alten Wappenzeichen der Lapets, abgelagert und
nun kommt cs heraus, daß auch sie dem fernen Grient entstammt,
die ornamentale, sozusagen Fabrik-Marke, beziehentlich das Lieblings-
dessin der Weber und Kupferschmiede in Badrawahr im Grenzgebiet
von Kaschmir seit uralter Zeit gewesen ist und das Wappen des
französischen Königthumes dadurch wurde, daß ein Tapet, wahrschein-
lich Ludwig VII. der Junge (U37—;;8o) mit einem so ornamentirten,
kostbaren Stoffe seinen Kampfschild überziehen lieg.**) Ebenso ist der

*) ©b Bernhard von Aschersleben, der spätere Herzog non Lachsen (f \2\2),
selbst im gelobten kande gewesen, weiß ich augenblicklich nicht, es kommt auch durch-
aus nicht darauf gerade an. vielleicht war sein Bruder, Dietrich von werben, Areuz-
fahrer, wie sein Namens- und Zeitgenosse, Dietrich von Meißen (f \22\).

**) ZXady Miltheilungen Ujfalvy's in den „Verhandlungen des Vereins für Deutsches
Aunstgewerbe", Berlin, ^889, von Llericus, abgedruckt auch im „Herold" J889-

Doppeladler im Grient unter den Händen phantastischer Münzschneidcr
entstanden, welche zwischen dein Bedürfniß nach neuen Typen und dem
bekannten religiösen verbot der bildlichen Darstellung alles Figür-
lichen lavircnd, wunderbare Dirhemsstempel für die Atabeken von
Sindschar (;;86), die Grtobiden von Kaifa (um ;2;o) und die Aeju-
biden von Syrien (;22o) verfertigten, deren bald mehr oder weniger
naturalistischer, bald höchst byzarr stylisirter Doppeladler (zuweilen selbst
mit bärtigen Menschenköpfen statt der Flügel) unbedingt die Vorbilder
gewesen sind, ebenso für das Wappen der byzantinischen (1261), wie
der lateinischen Kaiser in Lonstantiuoxel aus dem Hause Flandern
und endlich der deutschen Könige seit Mitte des jq. Jahrhunderts?)
Ileberhaupt kann man fest überzeugt sein, daß alle ersten, die Ur-
wapxen, nicht wie eine neuerdings wieder sehr dreist werdende, mit
unheimlicher Geduld Alles und Jedes wiederkäuende Aftergelehr-
samkeit behauptet, von der singirten Burcaukratie der „Herolde" aus-
geklügelt, sondern frei erfunden und zusammcngestellt sind von Schmieden,
Kürschnern, Schildercrn (d. h. Anstreichern) und Hausirern. Die alten
Aquarelle und Holzschnitte, auf denen Meßbuden dargestellt sind, von
deren „Anreißern" der hohe Adel und das geehrte Publikum gleich fix
und fertig bunt gemachte Kampfschilde sich anschmieren ließen, die erst
später zu Familiensymbolen avancirtcn, sind im Allgemeinen weit sicherere
Guellen für eine Geschichte der Heraldik, als alle heute so einseitig
poussirten Minnesänger!

*) „vierieljahre-schrift bes Herold" (877.

ÖCttfWü kunstlgewenblichen <I)ustierblMen.

Tafel 29: Ehrengeschenk. Entworfen und in Silber aus-

geführt von 'Juwelier Earl Winter Halter, München. Dieses
Ehrengeschenk der Bäcker, Müller und Landwirthe an Architekt
Gabriel Seidl, als Dank für dessen Bemühungen in ihrem Interesse
gelegentlich der Lentennalfeier, besteht aus Silber, theilwcise feuerver-
vergoldet. Die granataxfelförmige Kapsel öffnet sich in drei Theilerr durch
Abheben der Knospe, welche an einer irn Innern verborgenen Kette
befestigt ist. Die Gberfläche der inneren Kapsel zeigt auf ihren drei
Flächen in zierlicher Gravirung die Gruppen der Bäcker, Müller und
Landwirthe, wie dieselben bei dem Festzuge der Leutennarfeier für
König Ludwig I. (Sommer *888) sich betheiligt hatten; nach Deffnen
dieser inncrn Kapsel erscheinen, von der Widmungsschleife umschlungen,
die Siegel der Bäckcrzunft zu München n580—\650. Das Ganze hat
eine Höhe von ^,5 cm und dient als Briefbeschwerer. — Eine Ein-
sicht des Ganzen in geschlossenem Zustand folgt in nächster Nummer.

Tafel 20: Stoffmuster. Nach einem Stich von Daniel
Marot (si z720). (vcrgl. den Text zu Tafel \1 Seite Sh.)

Tafel 5\: Lüster für elektrisches Glühlicht und Gas.
Entworfen von Bauanrtmanu Löwel; in Bronze ausgeführt von
J. Rockenstcin; gezeichnet von L. Sack, sämmtlich in München.
Dieser Lüster wurde J888 als Ausstellungsstück augefertigt und gleich-
zeitig in der damaligen „Jnselrestauration", jetzt „Jsarlust", angebracht,
wo er seither eine Zierde des großen Saales im Erdgeschoß bildet.

Tafel 22: Linoleum-Muster. (Ans der Wettbewerbung des
bayerischen Kunstgewerbe-Vereius ^889.) Preisgekrönter Entwurf von
Hugo Kaufinann, Bildhauer, München. Da die farbige Wirkung
dieses Musters im Druck nur unvollkourmen wiedcrgegcbeu werden

konnte, so sei dieselbe an der Hand des Griginal-Eiitwurss beschrieben.
Den Grund des Ganzen bildet das bekannte Habanna-Braun des
Linoleums, auf welchem die theils hellere, theils dunklere Grnamentik,
nach Art des Mosaiks augeordnet ist, dessen Fugen demnach in der
Farbe des Linoleums erscheinen. Die umfassenden Linien der einzel-
nen Flächentheile sind weiß; der Grund ist beim Mittelfeld dunkelblau,
bei den daran anstoßenden Diagonalfeldern dunkelbraun, bei den übrigen
Feldern dunkelgelb.. Jm Mittelfeld zeigt die Rosette die Farben roth,
gelb, weiß, hell- und dunkelblau, während die Schuietterlinge nur in
weiß (mit rothen Punkten) gehalten sind; die in beit Diagonalen
liegenden Blumen sind im wesentlichen hellblau mit weißen Ilinschlägen,
schwarzen Kelchblättern und einem aus dunkelblau, gelb, weiß und schwarz
gebildeten Mittelstück. Die Rosetten in den auf den Aren liegenden
(gelbgrundirten) Feldern sind weiß mit rothen Kelchblättern und Leeren.

Tafel 53: Torten messer und Fischmesser. (Aus der Wett-
bewerbung des bayerischen Kunstgewerbe-Vereins *889.) preis-
gekrönte Entwürfe- ersterer voir Bruno Wahl, letzterer von Julius
Dietz, beide Akademiker in München.

Tafel 3q: Bern stc inschale. Aus der zweiten Hälfte des
;7. Jahrhunderts. Jm Besitze des k. Kunstgewerbe-Museum, Berlin.
Größe 30 : 3^ cm. Diese vierfüßige Schale (vergl. den Text Seite Z08)
besteht aus klarein und opaken Bernstein; die Unterseite der glatten,
durchsichtigen Zwickelstncke neben den Medaillons ist init Arabesken
geschmückt, deren Wirkung im Lichtdruck leider nicht zur vollen Gel-
tung gebracht werden konnte.

Tafel 33: Möbel, entworfen und ausgeführt von Hofmöbel-
fabrikant G. Fritzsche, München.

hierzu als Beilage: „Bklblutt" Hl1. ()-

vcrantw. Red.: Prof. £. ©tnelilt. — Herausgegeb. v. baycr. Lunstgewerbeverein. — Druck u. Lomm.-Verl. von Knorr H lbirth in München.
 
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