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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1890

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Heft 5/6
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Riehl, Berthold: Skizze der Geschichte der mittelalterlichen Plastik im bayerischen Stammlande: Vortrag, gehalten im bayer. Kunstgewerbe-Verein am 25. Februar 1890
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https://doi.org/10.11588/diglit.6755#0037
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ischen Zuge der Aunst des (5. und beginnenden (6. Jahr-
hunderts, nämlich von ihrer echten Volksthümlichkeit, es
sind die als Schmuck an den Wohnhäusern angebrachten
Skulpturen, die sich noch mehrfach erhalten haben, ich er-
wähne z. B. eine Pieta des früheren (5. Jahrhunderts an
der Wöhr, das Relief der Anbetung der Aönige von (<(78
am Eck der Bären- und Pfauengasse, den Schmerzensmann
von Ende des (5. Jahrhunderts in Stadtamhof, den Salvator,
von c. (520 in Steinweg, ein Madonnenrelief von (<(6<(
(Haus 6 5<(), eine besonders schöne Madonna des (5. Jahr-
hunderts am Haus der Emmeramsapotheke, eine andere
gleicher Zeit an einen: Eckhaus an: Aohlmarkt u. a. m.
Auch mögen in diesen: Zusammenhänge erwähnt werden die
Aonsolen an den Häusern, die aus das mannigfaltigste nüt
Fratzen, Laubwerk, Wappen und anderen: geziert sind.

In Folge der außerordentlich reichen Thätigkeit auf
den: Gebiete der Steinplastik scheint die Holzplastik in Regens-
burg eine weniger umfassende Anwendung als in: südlichen
Bayern gefunden zu haben; daß jedoch auch hierin Vor-
treffliches geleistet wurde, belegt schon der Hinweis auf den
schönen St. Aassianaltar von (<(98 in St. Aassian, in dessen
Schrein die fast lebensgroße, charaktervoll behandelte Gestalt
des Heiligen sitzt, während die Flügel vier Reliefdar-
stellungen aus dessen Leben schmücken, — oder die höchst
reizvolle, ungefähr einen Bieter hohe Maria in einer
Nische der Nordwand der hl. Areuzkirche. Von derartigen
Aunstwerken wurde übrigens bei den unpassenden Aender-
ungen, welche die Regensburger Airchen während der
folgenden Jahrhunderte erfuhren, das ineiste zerstört und
so bieten, wie auch anderwärts manche kleine Landkirchen
der Umgebung ein besseres Bild der Aunstthätigkeit als die
Stadt selbst, in der jene Aunstwerke geschaffen wurden. Ich
möchte bei dieser Gelegenheit nur auf ein bisher noch nicht
beachtetes, n:erkwürdiges Beispiel, nämlich auf die Airche
zu Tegernhein: Hinweisen. Die Airche, in die wir aus der
Nordseite durch ein interessantes, frühgothisches Portal
treten, hat auf dem Hochaltar eine beachtenswerthe, drei-
viertellcbensgroße Madonna aus der Zeit um (<(00. Heber
der Thüre sind Ehristus und die zwölf Apostel sitzend (Höhe
der Figur 0,<(2 Meter), eine nette, volksthümliche Arbeit
vom Ende des (5. Jahrhunderts angebracht. An der Süd-
wand steht eine treffliche Madonna vom Ende des sä. Jahr-
hunderts (hoch 0,86 Meter); aus gleicher Zeit stammt
eine gute Madonna auf den: Halbmond (hoch (,25 Meter),
jetzt in: Beinhaus aufgestellt und derselben Zeit gehört auch
noch eine Areuzigungsgruppe an der Nordwand in der
Airche an.

Mestlich grenzt die Regensburger Schule an die Paffauer,
westlich an die Schule von Ingolstadt, das besonders feit
Ludwig den: Gebärdeten ((<((3—(<(<(7) und zumal durch
den Bau der Frauenkirche feit (<(25 eine bedeutende künst-
lerische Produktivität vor Allen: in der Holz-, daneben aber
auch in der Steinplastik entfaltete und mit dessen Schule
offenbar fränkische Einflüsse auf den bayerischen Boden
übergreifen.

Südlich war Landshut der nächste Zentralpunkt für
die Geschichte der Plastik; auf den Beginn der Landshuter
Schule im (5. Jahrhundert wurde bereits oben hingewiesen,
ihre höchste Blüthe entfaltete sie seit den: Anfang des
(5. Jahrhunderts in: Zusammenhang zunächst mit den

Bauten von St. Martin ((<(07—(<(80) und der Frauen-
kirche ((<(68—(4(88); seit den: Schluffe des Jahrhunderts
verliert sie in Folge des raschen Aufschwunges der Münchener
Aunst ihre Bedeutung. Die Landshuter Aunst gewann
zunächst wegen des Reichthuines und der Besitzverhältnisse
der Herzöge, dann aber auch weil sie bis zu den: erst gegen
den Schluß des Jahrhunderts erfolgenden Aufschwung
Münchens den Hauptinittelpunkt für die Plastik Nieder-
bayerns und für einen stattlichen Theil von Mberbayern
bildete, eine große lokale Ausdehnung, die sich südlich bis
gegen Freising, südöstlich — was besonders wichtig — bis

9. St. Martin, Statue am Dorn 511 Regensburg.

lladj der Mitte des Jahrhunderts.

in die Inngegend erstreckte, wo sie durch Alt- und Neuötting,
die entschieden zur Landshuter Gruppe gerechnet werden
müssen, beachtenswerthe, weitere Mittelpunkte gründete. Die
Steinplastik wurde in der Landshuter Schule, wie schon
der Schmuck des Aeußern :n:d Innern der Martinskirche
:n:d deren Hochaltar von (<(2<( belegen, zwar vielfach an-
gewendet, aber sie gelangte doch nicht zu eiicheitlicher, größerer
Entwicklung, der Schwerpunkt der Schule liegt zweifellos
in der Holzplastik.

Das Bedeutendste in der Stein-, vor Allem in der
Grabplastik, leistete unter den Schulen iin südlichen Bayern
entschieden Salzburg, in dessen auf bayerischen: Gebiet
liegenden Alöstern und Airchen sich eine stattliche Reihe von
 
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