Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1890

DOI Heft:
Heft 5/6
DOI Artikel:
Riehl, Berthold: Skizze der Geschichte der mittelalterlichen Plastik im bayerischen Stammlande: Vortrag, gehalten im bayer. Kunstgewerbe-Verein am 25. Februar 1890
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6755#0041
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
/

‘h 63 -h-

X

(5. Altarschrein, aus der Airche zu Pixping.

Ende des Jahrhunderts.

fpätgothifche Gestalten sind. Daneben treten energisch durch-
gebildete, charakteristische, männliche Aöpfe mit scharf ge-
rissenen, ausgewitterten Zügen, als einen hiefür sehr bezeich-
. nenden jungen Mann nenn ich den hl. Sebastian zu Teuten-
hausen (Abb. s^), besonders charakteristisch sind die meist in
kraftvollem Mannesalter stehenden zahlreichen Bischöfe wie
in der Nähe Münchens, z. B. in Thalkirchen, Mittersendling
und Neuried; die Erscheinung des ehrwürdigen, von groß-
artigem Ernst erfüllten Greises zeigt dagegen Gott Vater,
der den Gekreuzigten hält, wie wir ihn in Solln und in
Neufahrn bei Schäftlarn finden.

Drei kleinere Airchen bei München haben ihre Aus-
stattung aus der Erbauungszeit im wesentlichen erhalten:
Pipptng, Blutenburg und Milbertshofen. Die ersten beiden
wurden mit Nnterstützung des Herzog Sigismund, des Bau-
herrn der Frauenkirche zu Ende des fö. Jahrhunderts auf-
geführt, sie geben das klarste Bild der Ausstattung einer
Airche in dieser Schule und zwar vertreten sie interessanter
weise zwei verschiedene T^pen. Die bescheidene Airche zu
Pipping ist eine Dorfkirche, die aber durch die fürstliche
Unterstützung reicheren und bedeutenderen künstlerischen Schinuck
erhielt; sie hat mit Ausnahme des Ehores eine flache Decke,
die volksthümlichen, geschnitzten Altäre, deren Schrein oben
mit zierlichem, spätgothischem Ornament geschmückt ist
(Abb. (3), und bescheidene Glasgemälde. Die Airche zu
Blutenburg dagegen ist Hofkirche und zeigt daher, was die
Münchner Schule damals als Bestes zu leisten vermochte;
sie ist ein stattlicher, lichter Raum und ganz gewölbt; die
Altargemälde, deren Rahmen äußerst reizvoll geschnitzte, spät-
gothische Ranken bilden (Abb. (), sind die besten Leistungen
der Münchner Malerschule jener Tage, die Glasgemäldc
durchweg vortreffliche Arbeiten, die Holzstatuen aber des
Auferstandenen, der seiner Mutter erscheint, und der zwölf
Apostel, gehören durch die mannigfaltige Lharakteristik, durch
die einfach edle und große Auffassung zu den vollendetsten
Werken der deutschen Plastik jener Zeit.

Das bescheidene, um sösO ausgeführte Airchlein zu
Milbertshofen aber erzählt uns, daß man zu Anfang des
(6. Jahrhunderts und noch tief in dasselbe hinein — trotz
der Renaissanceformen im Einzelnen, die aber oft das Nach-
klingen gothischer Formen erkennen lassen, wie z. B. das
zierliche Ornament des Altarschreines (Abb. (6), und trotz
der freieren, gesteigert naturalistischen Behandlung — im
wesentlichen an dem mittelalterlichen Stil festhielt; ein
prinzipieller Unterschied trat erst in der zweiten Hälfte des
(6. Jahrhunderts ein, als man nicht rnchr von der Wirkung
des Einzelnen speziell der Figur ausging, sondern diese der
Gesammtwirkung unterordnete; in München und dadurch
weiterhin vollzieht sich dieser den Lharakter der Plastik
natürlich völlig ändernde Umschwung in ganzer Aonsequenz
erst mit dem epochemachenden Bau der Michaelskirche.

;s. Von einem Altarschrein in der Airche zu Milbertshofen.

Ende des J5. Jahrhunderts.

Der Nachdruck der zu obigein Aufsatz gehörigen Abbildungen ist untersagt.
 
Annotationen