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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1890

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Heft 9/10
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Falke, Otto von: Der Bernstein im Kunstgewerbe: Ergänzung zu Prof. Dr. Groths Vortrag
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https://doi.org/10.11588/diglit.6755#0062
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golöetem Kupfer das Bindemittel ersetzt, sind in jeder Ein-
sicht vorzuziehen. Nicht nur von dem praktischen Gesichts-
punkt der paltbarkeit, sondern auch von dem der künstler-
ischen Wirkung. (Vgl. die Abb. auf S. sOZ, sOH, s06.) Die
Drechselarbeit spielt eine ziemlich geringe Rolle; in der Regel
sind die Schüsseln, Lumpen und Pokale durch starke Reliefs,
Blumen und Fruchtschnüre oder figürliche Darstellungen

Bernsteingriffe

unter der Platte des Griffes Vrnamental-Malerei in Gold.
Aönigsberger Arbeit, XVIII. Iahrp. (Sammlung Zschille, nach der
Publikation bei j)aul Bette, Berlin.)

verziert. Diese sind durch Schneiden und Feilen hergestellt.
Erhöht wird die Wirkung durch geschickte Zusammenstellung
verschiedenfarbiger Sorten von Bernstein. Zumeist sind die
Grnamentplatten in helleren opaken Stücken auf dunklem,
durchsichtigen Grunde gearbeitet. Das beste zu einer guten
Wirkung muß aber das Material selbst beitragen, denn
man kann nicht behaupten, daß die Durchführung der
Grnamente oder die Formen der Gefäße sich durch wirk-
liche Feinheit auszeichnen; der Charakter einer von den
Zentren gebildeten Geschmacks weit ab liegenden Industrie

ist nicht zu verkennen. (Als eine der Ausnahmen geben
wir auf Tafel 3% eine Schale, bei welcher die unvermeid-
liche Zusammensetzung aus vielen kleinen Stücken durch
die Tomposition geschickt versteckt ist. Die Red.)

Viel richtiger in ihrer Wirkung erscheinen die Arbeiten
der zweiten Gruppe, bei welchen der Bernstein mehr als
Fournier verarbeitet wird. Zieher gehört die Mehrzahl der
kleinen Ziermöbel und Pausaltäre. Auch hier ist der
Kontrast von dunklem klaren und hellerem wolkigen oder
opaken Bernstein mit großer Geschicklichkeit und seinem
Verständniß ausgenützt. Während bei den Gefäßen gerade
wegen der Transparenz des Materials die Reliefornamente
selten deutlich und rein erscheinen, kommen sie bei Bernstein-
fournier auf polzkern gut zur Geltung. Vielfach werden die
aufgelegten Platten auch durch gravirte Grnamente ver-
ziert. Dieselben sind in der Regel in die Rückseite, die auf
den Kern aufgelegt ist, hineingearbeitet. Der Kebelstand,
daß bei rein durchsichtigem Fournier der polzgrund niiß-
farbig durchscheint, ist durch Bedecken desselben mit Gold-
folie sehr geschickt vermieden. Auf die Folie sind entweder
Arabesken in dunkler Farbe aufgemalt oder es werden
Reliefs in Elfenbein oder weißer Masse aufgelegt. Durch
den Goldgrund gewinnt die Farbe des Bernsteins außer-
ordentlich an Leuchtkraft und Glanz. Die auf die Gold-
folie aufgemalten Grnamente erinnern lebhaft an eglomi-
sirte Arbeiten. Die schönste Arbeit mit abwechselnd foliirten
durchsichtigen und blaßgelben opaken Platten ist ein Schach-
brett in: herzoglichen Museum zu Gotha. Dieselbe Samm-
lung, die auch Statuetten in Bernstein von ungewöhnlich
guter Durchführung besitzt, enthält einen Pausaltar mit
vollständiger Fournierung und Vollfiguren aus Bernstein,
der in künstlerischer pinsicht den Pöhepunkt deutscher Bern-
steinarbeit bezeichnen. Heber die perkunft des Altars, der
der zweiten pälfte des (7. Jahrhunderts angehört, ist
nichts bekannt.

Zn der zweiten pälfte des s8. Jahrhunderts machte
sich in der preußischen Bernstein-Industrie ein Verfall be-
merkbar; es werden nicht mehr prunkgeräthe, sondern nur
kleine Modelle und Spielereien hergestellt, und zwar nicht
mehr durch Schnitzarbeit, sondern ausschließlich auf der
Drehbank. Den heutigen Stand der Industrie hat bereits
Professor Groth gekennzeichnet.
 
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