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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 1): Die Bildhauer — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4968#0016

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12

Die Bildhauer.

der Künstler *). Die Sage geht noch einen Schritt weiter und macht ihn zum
Sohn oder Enkel des Eupalamos oder Palamaon des tüchtigen Handarbeiters:
denn die Kunst ist eine Tochter des Handwerkes. Weniger auf die Kunst, als
auf den Ruhm und die Klugheit des Künstlers bezieht es sich, wenn als Eltern
des Daedalos Euphemos und Phrasimede genannt werden3). Einer andern
Genealogie liegt offenbar die Absicht zu Grunde, seinen Ruhm mit dem der
herrlichsten Geschlechter zu verbinden, denen Athen die Grundlagen seiner Ver-
fassung und damit seiner Cultur verdankt. Deshalb heisst er Sohn oder Enkel
des Metion, der, wie Eupalamos, Sohn des Erechtheus genannt wird 4); so ferner
Sohn der Merope, einer Tochter desselben Königs, und darum wieder Vetter
des Theseus5); endlich Sohn der Alkippe, die wir aus attischen Mythen als
Tochter der Agraulos kennen 8). — Allen diesen Abstammungen zufolge ist also
sein Vaterland Athen; und Athen ist auch sonst in der Sage der Ausgangs-
punkt seines Ruhmes"). Wird er aber daneben ausnahmsweise als Kreters)
bezeichnet, so erklärt sich dies hinlänglich aus seinem Aufenthalte auf dieser
Insel. Aber sein Ruf war weit verbreitet: und um seine Thätigkeit an so vielen
weit von einander entfernten Orten zu erklären, kam man zu der Annahme,
dass er ein unstätes Wanderleben geführt habe. Was wir darüber erfahren,
hat in den verschiedenen Sagen, wenigstens in den Hauptpunkten, eine feste
übereinstimmende Gestalt angenommen. Die Ausführung in allen Einzelnlieiten
ist natürlich für die Kunstgeschichte ohne Bedeutung und kann daher hier über-
gangen werden.

Daedalos muss Athen wegen eines Verbrechens verlassen: er ermordei
seinen Neffen Talos, Kalos oder Perdix, weil dieser durch die Erfindung
des Zirkels und der Säge den Künstlerruhm des Oheims zu verdunkeln drohte
So gelangt er nach Kreta, wo er für Minos und zum Verderben desselben für
Pasiphae und Ariadne thäüg ist10). Dies zwingt ihn zu neuer Flucht, und er
wendet sich nach Sicilien zum König Kokalos11), oder erreicht, sei es direkt,
sei es auf einem Umweg über Sardinien12), Cumae in Campanien 13), von wo
sich sein Ruf über einen grossen Theil Italiens erstreckte l4). Andere Sagen lassen
ihn aus Kreta wieder nach Athen zurückkehren i*J oder nach seiner Flucht in
Theben und Pisa tbätig sein ,8). In keiner Verbindung aber mit der Geschichte

') Paus. IX. 3, 2. 2) p.xus. ]. ]. Apoll. HL 15. 9. Schol. Plat. rep. VIII. p. 529. Saidas,
s. v. TJtoöixo; Uqov. Hyg. Blb. 244. 274. •') Schol. Plat. 1. 1. Hyg. fab. 39. Serv. ad. Virg.
Aen. VI, 14. *) Plat. ,Io p. 533. Apoll. 1. 1. Paus. VII, 4, 5. Diod. IV. 76. Schol. Soph. Oed.
Col. 463, wo als Mutter Iphiuoe genannt wird. •"') Plut. Thes. 19. «) Apoll. I. 1. 7) Vgl.
Philost. seil, imagg. 1, 16. 8) Eust. ad II. X 592. Gortynius aliger: Auson. Moseila 301.
») Apoll. III, 1, 4: 15, 9. Paus. I, 21, 4; 26, 4; VII, 4. 5. Suid. 1. 1. Jiygin. fab. 39; 244.
Serv. 1. 1. Ueher die mythologische Bedeutung dieser Erzählung vgl. Mercklins Abhandlang
über die Talossage in den Schriften der Petersburger Akademie 1851. 10) Ausser den
angef. Stellen auch Paus. VIII, 53, 8. Strabo X, p. 477. ") Berod. VIII, 170. Phot. Bibl.
p. 135 Bekk. Theon. progymn. p. 16 Heins. Schol. Pind. Nem. IV, 95. Schol. II. Ii 145.
Eust. ad II. P 220, wo den Töchtern des Kokalos fälschlich die Ermordung des Daedalos
anstatt des Minos schuldgegeben wird. Ovid. Met. VIII. 159 sqq. Hyg. fab. 40; 44.
1S) Paus. X, 17, 4. Diod. IV, 30. Serv. ad Virg. Aen. VI, 14; Georg. 1,14. ,3) Virg.
und Serv. 1. 1. Sil. Ital. XII, 102. 14) Paus. VII, 4, 7. Die Japygier betrachten Daedalos
als ihren Stammvater: Strabo VI, p. 279. Eust. ad Dion. Perieg. 379. Mart. Capell. VI.
lä) Plut. Thes. 19. Hygin. fab. 40. ™) S. n. 6 u. 7 seiner Werke und Schol. Arist. Nub. 508.
 
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