Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 1): Die Bildhauer — Stuttgart, 1889

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4968#0325

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
V. Die Kunst der Diadochenperiode bis zur Zerstörung Korinthe. 321

schliesst. Hierin erkenne ich auch den Grund, weshalb selbst einsichtsvolle
Kenner der alten Kunst die Gallierstatuen geradezu als Werke römischer Zeit
betrachten möchten. Da uns jedoch aus derselben kein Werk von gleicher
> ortreff lichkeit in Auffassung und Ausführung bekannt, ist, so wird es nur der 459
bestimmten Hinweisung auf die bisher nicht hinlänglich gewürdigte Bedeutung
der Diadochenperiode auch für die Kunst bedürfen, um in den Galliern die Muster
und Vorbilder römischer Kunsterzeugnisse erkennen zu lassen. Das Auffallige
der Thatsache einer Einwirkung gerade der fernen asiatischen Kunst auf die
römische verschwindet übrigens, sobald wir uns erinnern, dass der letzte Attalos
bei seinem Tode den Römern sein ganzes Reich als Erbschaft hinterliess, und
dass auf diese Weise eine bedeutende Zahl von Kunstwerken gerade der perga-
menischen Schule nach Rom versetzt werden mochte.

Die Künstler von Rhodos.

Zu der Zeit, als Chares von Lindos den Koloss des Sonnengottes aus-
führte, befand sich Rhodos im gewaltigsten Aufschwünge, weniger durch seine
positive politische Macht, als durch den Einfluss seines Handels und des davon
abhängigen Reichthums. In Folge dieser Blüthe musste die Lust an Ver-
schönerung des Lebens erwachen und in der Beförderung der Kunst reiche
Nahrung linden. So steht denn in dieser Periode zu Rhodos auch die Kunst
in hoher Blüthe, ausgeübt nicht nur von einheimischen Künstlern, sondern auch
von Fremden, welche durch die vielfältige Gelegenheit, dort Ruhm und Reich-
wimm zu erwerben, angelockt sein mochten. Diese Erkenntnis war uns vor
wenigen Jahren noch ziemlich fremd. Wir kannten nur wenige rhodische
Künstler, einige darunter freilich von der höchsten Bedeutung. Erst Ross be-
reicherte uns mit neuem Material zur Forschung, und die Hoffnung auf Ver-
grösserung desselben ist noch keineswegs aufzugeben, wenn wir bedenken, dass
diesem Gelehrten ein kurzer, kaum zweitägiger Aufenthalt auf der Akropolis
von Lindos genügte, um so Bedeutendes ans Licht zu fordern. Eine Haupt-
quelle für den folgenden Abschnitt bildet daher der Aufsatz von Ross über
die Inschriften von Lindos auf Rhodos, im N. Rhein. Mus. N. F. IV,
S. 101 flgd.

Während wir sonst in unseren Erörterungen von den bedeutendsten Per-
sönlichkeiten ausgegangen sind, ist es diesmal vortheilhafter, zuerst einen Reich- 460
thum von Namen vorzuführen, welcher uns von der Ausdehnung des Kunst-
betriebes Zeugniss giebt, und erst zum Schlüsse die Blüthen dieser Entwicke-
lung ins Auge zu fassen. Im Voraus muss über die vielen Inschriften, welche
uns als Quelle dienen, bemerkt werden, dass sie wohl sämmtlich vor die Zeiten
der römischen Herrschaft zu setzen sind und zum grösseren Theile selbst ziem-
lich weit in die Zeiten der Nachfolger Alexanders zurückgehen mögen.

Pro tos,

aus Kydonia auf der Insel Kreta gebürtig, machte eine Priesterstatue für die
Akropolis von Lindos; Ross n. 8:

Brunn, Geschichte der griechischen Künstler. '2, Aull. 21
 
Annotationen