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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 1): Die Bildhauer — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4968#0047

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I. Die Sage und die ältesten KüflSÜergruppen bis gegen Ol. 60.

43

«ungen innerhalb ihres eigenen Gebietes. Gegenstände der Darstellung sind,
wenn wir die rein statuarischen Werke ins Auge fassen, Götter und göttliche
Wesen und zwar in so ausschliesslicher Weise, dass wir behaupten können,
die Heroen seien damals noch von der Ehre der Bildsäulen ausgeschlossen ge-
wesen; denn die Dioskuren und Herakles haben ihre Geltung auch unter den
Göttern. Die Heroenmythologie nahm eine Stellung nur in zweiter Reihe ein,
sie war auf das Relief beschränkt, und hier finden wir sie am Throne zu Amy-
k'ae, wie schon früher am Kasten des Kypselos, in grösster Ausdehnung an-
gewendet. Dieses Verhältniss entspricht vollkommen demjenigen, welches wir
später in Rücksicht auf die Darstellung geschichtlicher Begebenheiten zu be-
obachten Gelegenheit haben werden. Wir finden sie auf die Malerei beschränkt,
bis erst später das Königthum mit seinen Ansprüchen auf göttlichen Ursprung
hervortrat.

Eine vorzugsweise Ausbildung einzelner Göttergestalten in bestimmten
Schulen oder durch bestimmte Künstler lässt sich in dieser Epoche noch nicht
nachweisen. Denn erstens sind unsere Nachrichten sicherlich so lückenhaft,
dass wir nie wissen können, in wie weit der Zufall dabei sein Spiel gehabt
hat. Wenn z. B. Smilis eine Hera in Samos, eine andere in Argos, dann die
Hören wenigstens für einen Tempel der Hera macht, und 0. Müller1) deshalb
den Künstler in ein ähnliches Verhältniss zur Hera bringen will, wie die Dae-
daliden zur Athene, so wagen wir diese Folgerung darum nicht anzunehmen,
weil die Thatsachen, auf denen sie beruht, der Zahl nach zu gering sind und
z« sehr vereinzelt dastehen. Ferner aber ist an eine Vorliebe des Künstlers
für gewisse Götter aus künstlerischen Rücksichten in dieser Epoche gewiss noch
Bicht zu denken. War er überhaupt nur im Stande, die Schwierigkeiten bei
der äusseren Darstellung der Menschengestalt zu überwinden, so Hess er sich
gewiss gleich bereit finden, einen Zeus oder eine Hera, einen Apoll oder eine
Artemis zu bilden. Denn der Unterschied lag gewiss mehr in äusserlichen
Kennzeichen, als in einer Abstufung der geistigen Bedeutung, das künstlerische
Verdienst mehr in technischer und stylistischer Vollendung, als in der Durch-
bildung der geistigen Eigentümlichkeiten. Doch dürfen wir einen Umstand
nicht übergehen, nemlich dass auch jetzt schon in statuarischen Werken mehrere
Figuren zu einer Handlung verknüpft wurden, also auch in Bewegung und
Stellung die frühere Ruhe grösserer Mannigfaltigkeit Platz machte.

Leider fehlen uns über die Unterschiede des Styls in den einzelnen Schulen
alle und jede Nachweisungen. Voraussetzen dürfen wir sie wenigstens in so
weit, als sie durch die Verschiedenheit des angewendeten Stoffes bedingt sind.
Hier sondern sich zuerst die samischen Künstler bestimmt von den übrigen
durch den Erzguss. Ihre Erfindung scheint zwar bald nach ihnen, aber nicht
augenblicklich allgemeine Verbreitung gefunden zu haben. Die Künstler von
Ghios sind, so viel wir wissen, ausschliesslich Marniorarbeiter. Dass die ver-
goldeten Erzstatuen des Dipoenos und Skyllis im Besitze des Kroesus Guss-
werke waren, wird nicht ausdrücklich gesagt und muss deshalb einigermaassen
zweifelhaft bleiben, weil der Zeus ihres Schülers Klearch ein atpv^Xazov war,
 
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