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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 1): Die Bildhauer — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4968#0060

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56

Die Bildhauer,

3) Ein sitzendes Bild der A p h ro d i te aus Gold und Elfenbein in Korinth.
Es trug auf dem Kopfe den Polos, in der einen Hand einen Mohnkopf, in der
andern einen Apfel: Paus. II, 10, 5.

7 4—5; Die Statuen des Apollo in Milet und in Theben. Bei Gelegen-
heit des thebanischen bemerkt Pausanias (IX, 10, 2): dieser, der sogenannte is-
meniscbe, sei dem andern bei den Brancbiden an Grösse gleich, und in seinem
Erscheinen in nichts von ihm verschieden. Wer das eine der beiden Bilder
gesehen habe und über den Künstler unterrichtet sei, bedürfe keiner grossen
Weisheit, um das andere sogleich beim ersten Anblick ebenfalls als ein Werk
des Kanachos zu erkennen. Nur darin bestehe der Unterschied, dass der bran-
chidische von Erz, der ismenische von Holz gemacht sei. Auch an einer andern
Stelle (II, 10, 5) erwähnt Pausanias beide Statuen als Werke des Kanachos. Nun
sehen wir auf einer Reihe von milesischen Münzen einen Apollo von alterthüm-
lichem Typus, den Bogen in der Linken, in der Rechten ein Hirschkalb haltend;
und dieselbe Figur kehrt in mehrfachen Wiederholungen in Marmor und Bronze
wieder 1 . Es liegt daher nahe, alle diese Bilder auf ein berühmtes Original,
und zwar das des Kanachos, zurückzuführen. Nur weiss ich nicht, ob und wie
weit damit in Einklang zu bringen ist, was Plinius berichtet. Denn zu der
Angabe, dass Kanachos einen nackten Apollo mit dem Beinamen Philesios im
Didymaeon aus aeginetischer Erzmischung gemacht habe, fügt er noch folgende
Beschreibung eines kunstreichen Beiwerkes: cervumque una ita vestigiis su-
spendit ut linum subter pedes trahatur, alterno morsu digitis calceque ren-
tinentibus soluni, ita vertebrato dente utrisque in partibus ut a repulsu per vices
resiliat. Die Worte des Plinius leiden an vielfacher Unklarheit, und handelte
es sich einzig um das mechanische Kunststück, das für den Kunstwerth des
Ganzen gewiss ohne Bedeutung war, so möchte man die vorhandene Schwie-
rigkeit ruhig bei Seite liegen lassen. Allein die ganze Beschreibung scheint
sich auf eine von der obigen abweichende Darstellung des Gottes zu be-
ziehen. Denn sei es, dass trotz der Uebereinstimmung aller Handschriften
für cervus corvus zu schreiben2), sei es, dass cervus beizubehalten ist,
immer wird dieser Rabe oder Hirsch mit den erhaltenen Bildwerken nichts

8 zu thun haben. Im zweiten Falle würde nach v. Jans Bemerkung3) der
Hirsch auf eine Darstellung des Gottes deuten, wie diejenige ist, welche
Pausanias an einer andern Stelle 4) beschreibt, und ein geschnittener Stein-'')
sie uns wirklich zeigt: dass nemlich der Hirsch auf den Hinterfüssen empor-
gerichtet von dem Gotte am Vorderbeine gefasst wird. ■— Indessen, so lange
nicht eine klare unzweideutige Erklärung der Worte des Plinius gegeben ist,
werden wir immer die Auctorität der milesischen Münzen als für uns bindend
betrachten, und in ihnen und den verwandten Wiederholungen den Typus des
Kanachos erkennen dürfen. Freilich gewinnen wir auch auf diese Weise noch
nicht viel für eine schärfere Charakteristik des Künstlers. Denn gerade alter-
thümliche Werke pflegen in Copien ihre feinere Eigenthümlichkeit einzubüssen,

*) S. die Nachweisnngen bei Müller kl. Sehr. II. S. 542 flgd. Abbildungen bei Müller
u. Oesterley D. a. K. I. Tat'. IV. -) Wogegen freilich Soldan in der Zeitschrift f. Altw. 1841,
S. 581 gewichtige (Münde geltend gemacht hat. 3) In der Jenaer Lit. Zeit. 1838, 8. 255.
Vgl. Welcker zu Müllers Hdb. S ^6. 4) X, 13, 5. 5j Müll. u. Oest. D. a. K. 1. t. 15, n. Ol.
 
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