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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 1): Die Bildhauer — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4968#0062

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Die Bildhauer.

zwar nur, dass der unter den Erzbildnern genannte Kanachos auch Marmor-
werke gemacht habe, und wir könnten daher seine Angabe auch auf den jüngeren
Künstler dieses Namens beziehen. den er in die 95ste Ol. setzt. Allein weder
von diesem, noch von den mit ihm verbundenen Künstlern kennen wir andere

) als Erzwerke. weshalb wir dem vielseitigeren älteren Kanachos das Verdienst
der Marmorarbeit wenigstens mit einiger Wahrscheinlichkeit zuerkennen dürfen.
Schüler des Kanachos werden uns nicht genannt. Die Fortsetzung der sikyo-
nischen Kunstschule knüpft sich vielmehr an Aristokles.
Aristokles und seine Schüler.
Er war der Bruder des Kanachos und stand diesem an Ruhm nicht viel
nach Sein Name aber hat durch häufige Wiederkehr an verschiedenen Orten
zu grosser Verwirrung bei neueren Forschern Anlass gegeben. Doch löst sich
diese ohne Schwierigkeit, sobald wir nur die Stellen des Pausanias, auf dem
allein die Untersuchung beruht, unbefangen ansehen und seine Unterscheidungen
anerkennen. Unser Aristokles heisst ausdrücklich Bruder des Kanachos und,
wie dieser, Sikyonier-). Ein zweiter Künstler desselben Namens ist Aristokles
aus Kydonia in Kreta3). Dass dieser mit dem ersten nichts zu thun hat, er-
giebt sich sowohl aus der Verschiedenheit des Vaterlandes, als auch daraus,
dass Pausanias, weit entfernt beide zu verbinden, vielmehr bekennt, das Zeit-
alter des Kydoniaten nicht angeben zu können , was doch nicht der Fall ge-
wesen wäre, wenn er ihn mit dem Sikyonier in Geschlechtsverbindung hätte
bringen dürfen. Endlich erwähnt derselbe Schriftsteller4) noch einen Aristokles
als Vater und einen andern als Sohn des Kleoetas. zwar ohne Angabe des
Vaterlandes, aber ebenfalls ohne Hindeutung auf den Sikyonier. Bedenken wir
indessen, dass er ein Werk des Kleoetas als in Athen befindlich beschreibt,
und dass in Athen auch in neuerer Zeit ein Relief mit dem Namen des Ari-
stokles gefunden worden ist•">). so werden wir nicht länger zweifeln, dass wir
es hier mit einer athenischen Künstlerfamilie zu thnn haben. Halten wir diese
Scheidungen fest, so wird die Untersuchung über die Schule des Sikyoniers
ganz einfach. Er ist wegen des Kanachos etwa in die 70ste Ol. zu setzen;
war er der ältere Bruder, so konnte er sogar schon vor dieser Zeit den Aegi-
neten Synnoon zum Schüler haben. Es darf daher nicht auffallen, wenn wir
finden, dass dessen Sohn und Schüler Ptolichos schon vor Ol. 80 thätig ge-

1 wesen sein muss. Dieser bildete nemlich die Statue des Aegineten Theognetos,
der als Knabe im Ringen zu Olympia gesiegt hatte l;) Der Sohn seiner Schwester
aber, Aristomenes, siegte ebenfalls als Knabe in den pythischen Spielen unmittelbar
vor Aeginas Untergang, der in dem Siegesliede Pindars "•) schon als nahe be-
vorstehend und drohend erscheints). Darin wird auch der Oheim erwähnt, und
sein Sieg muss daher vor Ol. 80, jedoch nicht nothwendig vor Ol. 77—78 fallen.
Auch konnte die Statue erst mehrere Jahre nach dem Siege aufgestellt werden.
— Mit Ptolichos bricht die direkte Fortsetzung der Schule ab. Die weitere
Folge liefert Pausanias '•'). indem er den Sohn und Schüler des Sostratos,

i) Paus.'VI. 9. 1. 2) VI, 3, 11; 9, 1. ») V, 25, 11. 4) VI, 20, 14. V, 24, 5. 5) S.
unter Aristokles von Athen. G) Paus. VI, 9, 1. 7) I'yth. VIII. ») Vgl. Krause Pyth. S. 87.
») VI, 3, 11.
 
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