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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 1): Die Bildhauer — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4968#0256

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252

Die Bildhauer.

später auf die Statue oder deren Copie gesetzt worden sei. Doch hätte man
sich dabei nur so lange beruhigen dürfen, als nicht andere Nachrichten dagegen
sprachen. Nun aber scheint erstens Pausanias das Lehen des Künstlers wenig-
stens als über Ol. 114, 2 hinausreichend anzunehmen. Denn da er1) in der
Inschrift einer Statue des Cheilon aus Patrae, einem Werke des Lysipp, all
Angahe fand, derselbe sei im Kriege gefallen, so fügt er hinzu, es könne damit
ebensowohl der Lamische Krieg, als die Schlacht von Chaeronea gemeint sein.
Dazu kommt noch eine Erzählung bei Athenaeus2), nach welcher Lysipp dem
Kassander zu Gefallen. als er Kassandreia gründete, eine besondere Art von
Thongelassen für 'den aus dieser Stadt in Massen ausgeführten mendaeischen
Wein erfunden habe. Wollen wir dieselbe nicht gänzlich verwerfen, wozu doch
an sich nicht hinreichender Grund vorhanden ist, so gewinnen wir dadurch eine
Zeitbestimmung, welche uns auf Ol. 116, 1, das Jahr der Gründung von Kas-
sandreia , zurückführt3). Damit steht aber auch die Zeit seiner Söhne und
Schüler im besten Einklänge: denn Plinius setzt deren Blüthe erst in die
121ste Olympiade. Hinsichtlich der Statue des Troi'los bleibt uns endlich immer
die Annahme offen, dass Lysipp sie längere Zeit nach dem Siege gemacht habe,
wie es ja auch mit einer anderen Statue von seiner Hand, derjenigen des Poly-
damas von Skotussa, der Fall sein musste, da derselbe bereits Ol. 93 zu Olympia
gesiegt hatte4). Dass übrigens Lysipp ein hohes Alter erreichte, können wir
daraus scbliessen. dass er in einem Epigramme&) als ysQcov bezeichnet wird.
360 Ueber das Lebensende des Künstlers bemerkt Petronius u), er sei durch zu grosse
Hingehung an die Vollendung eines einzelnen Werkes aus Mangel gestorben
(Lysippum statuae unius lineamentis inhaerentem inopia extinxit). Dem wider-
spricht jedoch in doppelter Hinsicht, was Plinius") berichtet: Lysipp habe
1500 Werke gemacht, so viele wie kein anderer, und alle von solcher Kunst,
dass auch einzelne genügt hätten, ihn berühmt zu machen. Ihre Zahl sei nach
dem Tode des Künstlers offenbar geworden, als der Erbe eine Sparkasse er-
brochen, in welche Lysipp von der Bezahlung jedes Werkes regelmässig je einen
Golddenar zurückgelegt habe. Und sind von dieser ungeheuren Masse nur die
folgenden bekannt:

Ein eherner Koloss des Zeus zu Tarent von vierzig Ellen Höhe. ,:Be-
wundemswerth ist an ihm, dass er mit der Hand zu bewegen sein soll — so
ist das Gleichgewicht abgemessen — und doch von keinem Sturme erschüttert
wird. Das soll aucli der Künstler schon vorgesehen haben, indem er in einem
massigen Zwischenräume, wo sich der Strom des Windes hauptsächlich brechen
musste, eine Säule aufstellte. Deshalb, wegen der Grösse und wegen der Schwierig-
keit, ihn von der Stelle zu schaffen, hat ihn auch Eabius Verrucosus nicht an-
gerührt, als er den Herakles auf dem Gapitol von dort herüberschaffte" : Plin. 34,40.
Dass der Koloss einen Zeus darstellte, sagt Lucilius (bei Nonius s. v. cubitus):

Lysippi Juppiter ista
transivit quadraginta cubita altu' Tarento.

!) VI, 4, 46. 2) xi, p. 784 C. 3) Diod. XIX, 52. *) Paus. VI, 5. 1. «) Anall. III,
p. 45, n. 35. 6) c. 88. 7) 34, 37.
 
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