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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 1): Die Bildhauer — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4968#0274

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270

Die Bildhauer.

nicht hei Lehzeiten des Bryaxis, doch bald nach seinem Tode. Wo in ver-
schiedenen Ueberlieferungen sicli ein solcher Kern von übereinstimmenden , an
sich durchaus glaublichen Zügen findet, da werden wir anstatt mit der Fabel
und den Widersprüchen auch die ganze zu Grunde liegende Wahrheit zu ver-
werfen , vielmehr an diesem Kerne festhalten müssen. Wir betrachten daher
die Statue des Serapis als ein Werk des Bryaxis, welches einst von einer grie-
chischen Stadt einem der Ptolemaeer zum Geschenk gemacht wurde. Dadurch
gewinnen wir auch noch die kunstgeschichtliche Thatsaehe, dass Bryaxis wahr-
scheinlich derjenige ist, welcher für den später häufig dargestellten Pluton-
Serapis zuerst das Ideal durchbildete, und zwar in einem Werke, welches auch
in äusserer Pracht mit den Göttergestalten der glänzendsten Periode der grie-
chischen Kunst wetteiferte. Für unsere Kenntniss der polychromen Sculptvu'
ist endlich die Angabe von Bedeutung, dass der Künstler alle die verschiedenen
Stoffe mit einer dunkeln Tinte überzog, um durch die düstere Farbe auch den
düsteren Charakter des Gottes um so bestimmter hervorzuheben.

Auf ein nach Rom versetztes Werk bezieht sich die Inschrift OPUS
BRVAXIDIS, sofern sie echt ist. Doni (II, 23; vgl. Muratori 472, 7) giebt sie
aus einer vaticanischen Handschrift.

Columella (I, praef. i; 31) nennt den Namen des Br3'axis neben Lysipp, Praxi-
teles, Polyklet, was als ein Zeugniss für seine Berühmtheit bemerkt zu werden
verdient. Worin sein eigenthümliches Verdienst bestand, vermögen wir nicht
nachzuweisen, und bemerken nur, dass er vorzugsweise sich der Bildung von
Götterstatuen zugewendet hatte.
Leochares.

Mehrere Werke dieses Künstlers befanden sich in Athen, wo er, wie wir
386 sehen werden, schon in seiner Jugend thätig war. Aus diesem Grunde werden
wir ihn auch für einen Athener von Geburt halten dürfen: ein directes Zeugniss,
welches diese Annahme zur Gewissheit erheben sollte, glaube ich indessen als
durchaus verdächtig abweisen zu müssen. Man wollte dasselbe nemlich in der
folgenden Inschrift einer Basis finden, welche aus der Villa Medici in Rom nach
Florenz versetzt worden ist (C. I. Gr. n. 6161):

TANYMHAHC
AEüüXAPOYC
AOHNAIOY

Allein man sieht nicht ein, weshalb die Alten den Namen des Ganymedes unter
eine deutlich diesen Knaben darstellende Statue sollten gesetzt haben. Mir
wenigstens ist von einem solchen Gebrauche kein Beispiel bekannt. Weiter
finden wir bei Spon, der (Mise. p. 127) diese Inschrift mittheilt, auch noch zwei
andere Basen mit den Namen des Agasias und Kleomenes (p. 124). Diese aber
sind offenbar von den Statuen dieser Künstler, dem sogenannten borghesischen
Fechter und dem Germanicus, copirt, und zwar nicht in der Absicht, um zu
betrügen, sondern um den modernen Beschauer auf die Inschriften der Statuen
selbst aufmerksam zu machen. In dieselbe Klasse gehört aber sicherlich auch
die Basis des Ganymed.

Seine Thätigkeit am Mausoleum, dessen westliche Seite er mit Sculpturen
 
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