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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 1): Die Bildhauer — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4968#0315

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V. Die Kunst der Diadochenperiode bis zur Zerstörung Korinths.

311

T&oqclv) betrachten, welche, zusammen mit denen der Kämpfe gegen die Gigan-
ten, die Amazonen und die Meder bei Marathon, auf der Akropolis von Athen
aufgestellt waren: denn sie waren dorthin von Attalos geschenkt worden1).
So konnten auch die elfenbeinernen Thüren des palatinischen Apollotempels zu
Rom mit der Darstellung des Todes der Niobiden und der Niederlage der
Gallier bei Delphi,' als eines Vorspiels der späteren Kämpfe, recht wohl Werke
dieser Schule sein *): denn der römische Staat war der Erbe der attalischen
Schütze, und die Arbeit in Elfenbein würde einem Künstler wie Stratonikos
wohl anstehen, welcher in der Kunst der Caelatur eine der eisten Stellen ein-
nimmt. Doch auch diese Werke sind uns im Einzelnen zu wenig bekannt, als
dass sie unser Wissen über das künstlerische Verdienst ihrer Urheber irgend
zu erweitern vermöchten. Dies geschieht erst dadurch, dass zwei noch jetzt
erhaltene Werke sich mit hinlänglicher Sicherheit als Originale dieser Schule
nachweisen lassen, der sogenannte sterbende Fechter des capitolinischen Museums
und die früher unter dem Namen Arria und Paetus bekannte Gruppe der Villa
Ludovisi3).

Einen Gallier in dem sterbenden Fechter erkannt zu haben, ist das Ver-
dienst Nibby's. Seine in einer wenig verbreiteten ZeitschriftJ) versteckte Arbeit
über diese Statue überrascht durch Klarheit und Einfachheit der Darstellung 445
und zeigt ein feines und tiefes Verständniss der Eigentümlichkeiten des Werkes,
so dass man wünscht, es wäre dem Verfasser die Genugthuung geworden, seiner
Meinung eine letzte Bestätigung durch die Stelle des Plinius zu gewähren,
Welche ihm zufällig unbekannt geblieben ist. Was er zur Widerlegung der
früheren Benennung beibringt, mag hier füglich übergangen werden. Seine
eigene Ansicht stützt sich vornemlich auf die Nachrichten des Pausanias Ä) und
Diodor0) über Körperbeschaffenheit und Sitten der Gallier, oder, wie sie bei
den Griechen genannt wurden, der Galater. Als ein erstes und charakteristisches
Kennzeichen wird dort die lange, mächtige und kräftige Statur angegeben.
Weniger deutlich ist es, wenn sie raig ÖL oao^l y.d&vygoi xai Xev/.iü genannt
werden: doch scheint nicht ein weiches, sondern ein saftiges, kräftiges Fleisch
damit bezeichnet zu sein. Wie im Angesicht der Statue geschrieben lauten
aber die Worte Diodors über das Haar: es sei nemlich Sitte gewesen, die natür-
liche Eigenthümlichkeit desselben durch den fortwährenden Gebrauch einer
Salbe noch weiter auszubilden und es von der Stirn über den Scheitel nach
dem Nacken in einer Weise zurückzustreichen, wie man es an den Satyrn und
Panen zu sehen gewohnt sei. Denn durch die Behandlung sei das Haar so
dick und struppig geworden, dass es sich von den Mähnen der Pferde nicht
unterschieden habe. Den Bart hätten die Einen ganz geschoren, die Anderen
theilweise wachsen lassen; namentlich aber die Vornehmen nur den Schnurrbart,
diesen aber so voll und lang getragen, dass der Mund davon ganz bedeckt
worden sei. Ein besonderes Kennzeichen bildet ferner das celtische Halsband,
welches namentlich durch den Kampf des Manlius Torquatos mit einem Gallier

*) Paus. I, 25, 2; cf. Plut. Anton. CO. 2) Properz II, 31. 11 sqq. ») Müll. u. Oest.
P. a. K. I, 48, Fig. 217. 218. fl Effemeridi letterarie di Borna 1821. April, p. 49 sqq.
5) X, 19 sqq. G) V, 28 sqq.
 
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