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Burger, Fritz [Hrsg.]
Die Villen des Andrea Palladio: ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Renaissance-Architektur — Leipzig, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.30359#0112

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des Haupttraktes mit seinem fast zierlidi wirkenden doppelgeschossigen
Portikus vor der eingebauten Loggia und dem einfach gegliederten
Mauerwerk, ein vornehm heiterer Bau, ohne abenteuerlidic Dimensionen
und aufdringlidien Prunk. Ein Florentiner oder Römer der Renaissance
fände wohl, daß die Differenz der beiden Geschosse zu gering sei, um zu
wirken. Doch Vorsidit und Zaghaftigkeit in der Organisation der Massen
ist immer eine Eigentiimlichkeit des Klassizismus gewesen. Nur durdi
die Fensterform ohne irgendwelche betonende Äkzessorien wird das
untere Geschoß als tragendes, das obere als elegant aufsteigendes
Hauptgesdioß diarakterisiert, und auch die Säulen, unten kräftiger, oben
zierlicher und kürzer, nehmen auf diese Unterscheidung Rücksidit.
Doch alles nur angedeutet! Die feierliche Wiirde gilt hier mehr als
packende Dramatik, das heitere Dasein mehr als die Leidensdiaft des
Kampfes. Das Gurtgesims, das beide Geschosse trennt und, sidi an
den Fliigeln fortsetzend, diese energisch mit dem Mittelbau verbindet,
ist sehr gliicklich mit seinen breiten, fladhen Formen den Mauerflächen
angepaßt. Dagegen erscheint das bekrönende Hauptgesims audi hier,
wie zumeist bei Palladio, zu sdiwach. Die horizontale Bewegungsten-
denz, die die langgestreckte Form der Mezzaninfenster dem Mauer-
streifen unterhalb des Dadigesimses gibt, vermag dessen Wirkung nidht
zu ersetzen.

Än der Westseite liegen Fliigel und Mitteltrakt in einer Fludit-
linie, so daß man den Eindruck des Äneinanderklebens dieser dodi
durdi die Höhe unterschiedenen individuell behandelten Teile erhält.
Die Silhouette gewinnt kein Leben, da der Baukörper bewegungslos
in einer Ebene verharrt (Taf. XXXIV, 1). Die Flügel sind nidit auf die
von Palladio angegebene Höhe gebradit und ihre starke Differen-
zierung der Höhe nach, verlangt eine stärkere Isolierung von dem
Mittelbau, wie sie durdi eine Zuriicksetzung gegenüber der vor-
deren Mauerflädie hätte erreicht werden können. Die Rundbogen
der Fenster des Erdgesdiosses beeinträditigen audi etwas das ur-
sprünglich nodh strengere Bild der Fassade. Diese war durch die
Änlage des Innern bedingt, das zwei gleidi hohe, übereinander
liegende Gesdiosse nach alter venezianisdher Bauweise vorsieht. Die
Raumverteilung erinnert etwas an die Villa in Bagnolo. Dodi ist an
Stelle der kreuzförmigen sala grande hier ein quadratischer Saal nach

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