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Burger, Fritz [Hrsg.]
Die Villen des Andrea Palladio: ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Renaissance-Architektur — Leipzig, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.30359#0141

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Entwicklung der Fassaden.

Dic Fassadc von Ängarano, cin tastcndcr Vcrsuch (Taf. IV, 1).
Problem: dic ganzc Fassadenfläche soll in dic Bewegung dcr sic einheit-
lidi ohnc Rücksicht auf dic Gcsdioßcintcilung gliedernden Rundsäule cin-
bczogcn wcrdcn. Dodi dic Mauer vcrharrt in ihrcr lcblosen Starr-
hcit. Sie ist sockellos, dic Fcnster cinfach Löchcr in dcr Wand,
wic fast immcr vorher in Venedig (Dogenpalast). Palladio hat dics
spätcr selbst als ÄVangel cmpfunden und dessen sidi geschämt (s. dic
Korrektur dcr Villa Loncdo in dem Stidi seines Buches (Taf. II,3u.4).
Dic Säulen trcffcn in dcm ObergeschoB dcr Mittc in ihrcr klobigen
Stofflichkcit auf das sdiüchtcrnc Ärkadenmotiv. Das Kapitäl dcr
Säulen ist gleidi dcr Ärkadcnhöhc, dcsscn Kämpfergesims, nach dcm
Kapitälansatz durdigcführt, das Äugc zu einer Zusammenfassung dcr
heterogen-proportionierten Motivc zwingt. Das Gurtgesims zerschnei-
dct dic Fassade in zwci Teile. Sic ist cbenso brcit als hodi.

DerFortschritt: dicFassadedcrVillaMascr (Taf.XL,2). Einkleincr
Sodtel hebt dic Fassade ctwas cmpor. — Die Fenstcr, größer und weitcr,
versdilucken mehr von dcr leeren Mauerflädic und cng zusammen-
gedrückt sdiaffen sic cinc vcrtikalc imaginäre Sehünie, dic dic Äuf-
wärtsbewegung der Säulen bcglcitct. Dic Fenster rücken mchr vom
Sodccl ab und stoßen mit dcn Giebeln auf das bekrönende Gebälk.
Dic Mitteladise wird durch cinc Verschmelzung der bcidcn vcrbrci-
tcrtcn Fenster zu einer Vertikalen bctont, dic sich noch lustig in den
gebrochenen Gicbcl cindrängt, von dcr Dekoration dort aufgcnommcn
und in dcn Rahmen übergeleitet wird. Das Motiv von fast barocker
Beweglidikeit. Die Proportionen sind abgeklärtcr, dic Mauer unter
Zurückdrängung ihrer stofflidicn Erschcinung in dic Bewcgung des
dekorativen Sdieinorganismus mit einbczogen, das Ganzc durdi das
Zusammenrücken konstruktiver und dekorativcr Tcilc untcr einer Do-
minante nadh der Mittc zusammengefaßt. (Das Gurtgcsims ist mit
Rücksidit auf die höhcrcn Flügel fortgefallen.) Im Hinblidc auf Rom
wird man frcilich hicr nur mehr oder weniger gclungene Versuche
ciner Lösung dcr künstlerisdien Probleme zu erkennen haben.

Ähnliches ergibt der Verglcidi dcr Fassaden der Villen von Lisiera
(Taf.VIII, 2) und Miega (Taf. XXXIII, 1). In Lisicra nodi dic Rudi-

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