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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Editor]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 32.1931

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Bassermann-Jordan, Friedrich von: Vom Rheinpfälzer Weinbaugebiet und seinen Burgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.35021#0026
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Allerhand aus dem Pfälzerland, 1911, zählt 297 Burgen und Schlösser und weiter 113 Klöster auf, also zusammen
in dem kleinen Gebiet der heutigen Rheinpfalz 410 solche ehrwürdige Bauwerke, von denen infolge der Kriege des
16. und 17. Jahrhunderts heute die Bergschlösser und Klöster alle zerstört sind (ein Restaurierungsversuch ist nur in
einem Fall gemacht worden: Burg Berwartstein), während die innerhalb von Ortschaften, die ja auch alle zerstört
wurden, gelegenen Schlösser usw. in irgendeiner Form wiederverwendet, oft gar nicht wiederzuerkennen sind.
Wir haben bei vorliegender Betrachtung im wesentlichen nur das Weinbaugebiet des Pfälzer Rheintals im
Auge, nicht aber die ebenfalls hervorragende Weine erzeugenden Nebentäler, die gerade für den Burgenfreund
nicht minder interessant sind und nicht selten inmitten von Weinbergen gelegene Ruinen zeigen; es sei nur erinnert
an die bekannte Ebernburg an der Mündung der Alsenz in die Nahe, die Ruinen Randegg und Lewenstein im Alsenz-
tal, die Burgruinen zu Wolfstein im Lautertal, die Klosterruine Disibodenberg an der Mündung des Glan in die Nahe,
seit alters durch ihren Weinbau, der fast bis an die Ruine heranreicht, bekannt, die ehemals Wittelsbachische Burg
Moschellandsberg bei dem weinreichen Obermoschel usw.
Eine Wanderung im Rheintal von der elsässischen bis zur hessischen Grenze macht uns mit einer großen Zahl
ehrwürdiger Burg- und Klosterruinen bekannt, die auf das bekannteste rheinpsälzer Weingelände herabschauen.
Wir nennen nur die wichtigsten und besterhaltenen von Süden nach Norden, als da sind (unter Ausschluß der vom
Rheintal her nicht sichtbaren Burgen): Inmitten von Bergzabern steht noch leidlich erhalten — der berühmte Turm
für die Kunstuhr trägt leider nur noch die Uhrenunterschrift — das Barockschloß der Pfalz-Zweibrücker Herzöge,
beim nahen Klingenmünster grüßt vom Berge Burg Landeck, einst Reichsfeste, angeblich sogar auf König Dagobert
zurückgehend, von dem die gewaltigen „Mundat"- sinnnitas) Waldungen der Umgebung herstammen. Weiter
folgt auf Bergeshöhe die mächtige Madenburg, zuletzt den Fürstbischöfen von Speyer gehörig, mit vielen Wappen-
skulpturen der Bischöfe von Flersheim und von Dienheim, einen herrlichen Blick nach dem Rheintal wie in das un-
übersehbare Pfälzer Gebirge bietend. Unbedeutend sind die nahen Reste der Burg Neukastel, doch ist sie als Eigentum
und Sitz (in einem etwas tiefer gelegenen Herrenhaus) des berühmten Malers Max Slevogt besonders bekannt ge-
worden. Nördlich der Queich thront auf Waldeshöhe die stattliche Burg Neuscharfeneck, erstes Lehen, das Friedrich
der Siegreiche von der Pfalz seinem unebenbürtigen Sohn von der Clara „Dettin" verlieh, aus welchem Stamm
die Fürsten Loewenstein hervorgingen; man sieht deren Wappen auf der Burg, ebenso wie an einem unterhalb
liegenden Schlößchen des 18. Jahrhunderts zu St. Julian. Nicht eigentlich im Rheintal gelegen, schaut doch über
niedrigere Höhen hervor die alte Reichsfeste Trifels, „der Burg Dreifaltigkeit", wie sie Scheffel genannt hat, die
Deutschlands größte Zeiten gesehen hat, den gefangenen König Richard Löwenherz und die Großen von Sizilien
beherbergte und Aufbewahrungsort der Reichskleinodien war unter der Hut der Mönche des nahen Klosters Eußer-
thal; das Vorwerk dieses Klosters, der Geilweilerhof, liegt heute noch stattlich im Weingelände. In den Orten zwischen
Bergzabern und Edenkoben hatten viele Orte ihre Schlösser im Dorf, an die oft nur noch ein Flurname erinnert,
so in dem ehemals v. Gemmingenschen Jngenheim, oder man findet als einzigen Überrest die dem Feuer wider-
stehenden runden Weinbautore, die in ganz Europa das Charakteristikum der Weinbaugebiete sind (das runde Tor
ist die Einfahrt des Fasses, das eckige die des Erntewagens), so in Burrweiler (Herren v. Dahn), Essingen (v. Rosen-
berg) usw. Uber Burrweiler liegt die neuaufgebaute Annakapelle, nördlich die von König Ludwig I. in herrlicher
Aussicht neu erbaute Ludwigshöhe, mit Weinbergen, noch jetzt im Besitz des Kronprinzen Rupprecht von Bayern
und von ihm teilweise als Kriegererholungsheim überlassen. Nördlich folgt ganz in Weinbergen gelegen die als
Ausflugsziel und gute Gastwirtschaft vielbesuchte Kropsburg bei St. Martin, ehemals in Dalbergschen Besitz unter
Oberhoheit des Fürstbischofs von Speyer, mit vielen Wappensteinen deren v. Dalberg, Flersheim, Fleckenstein,
Rosenberg usw. Im nahen St. Martin sind wappengeschmückte Reste des Hund v. Saulheimschen Schlosses erhalten.
Überragend schön liegt etwas nördlich das Hambacher Schloß, bekannt durch die agitatorische Versammlung des
Jahres 1832, später von den Wälzern angekauft und König Max II. zur Vermählung geschenkt, ehemals Fürst-
bischöflich Speyerischer Sommersitz, bekannt auch durch ein Riesenfaß, das die aufständischen Bauern 1525 zerstörten,
während die Burg selbst dem Raubkrieg des Markgrafen Albrecht Alkibiades von Brandenburg 1552 zum Opfer
fiel. Bei Neustadt a. d. H. bezeichnet die Runie Wolfsburg die westliche Grenze des Weingeländes, am östlichen
Haardtabhang aber liegt die „Burg Winzingen" inmitten der Weinberge; ehemals Wittelsbachisch, heute Kaufmanns-
erholungsheim in neueren Ausbauten, bietet sie das seltene Beispiel einer srühromanischen, leidlich erhaltenen
Kapellenanlage.
Das berühmte Qualitätsweinbaugebiet der Mittelhaardt zwischen Neustadt und Bad Dürkheim bietet an Ruinen
und dergleichen weniger Überreste als die Südpfalz. In Gimmeldingen eine gotische Kapellenruine, in Mußbach
alte Teile eines Sitzes des Johanniterordens, in Niederkirchen spärliche Reste eines romanischen Klosters, in Rupperts-
berg dürftige Reste eines Dalbergschen „Schlosses", in Deidesheim Reste des Fürstbischöflichen Amtsschlosses, noch
mit Gräben und Türmen um die späteren Bauten, Reste ebenda des bei der Zerstörung 1794 gräflich Lehrbachschen
Herrensitzes (seit 1817 im Besitz der Familie des Verfassers) mit den Wappensteinen seiner Vorbesitzer Ritter Schieber
v. Lachen. Als Bergschloß besitzt dieser Teil der Haardt nur die Geiersburg bei Wachenheim, ehemals Pfalz-Zwei-
brückisch, seit Friedrich I. kurpfälzisch, die Ruine jetzt von Weinbergen durchzogen, im Besitz des Weingutes Bürklin-
Wolf. Bei Bad Dürkheim öffnet sich das Jsenachtal, dessen Eingang beherrscht wird von der herrlich aus einem
Weinhügel gelegenen Klosterruine Limburg, ehemals Sitz des salischen Kaiserhauses, vou Konrad II. gleichzeitig
 
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