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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 37.1936

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Tanabe, Yasushi: Altjapanische Burgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.35026#0012
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Im übrigen hatten die Burgen in die-
sem Zeitalter anfangs als Grenzburgen die
Gestalt koreanischer Bergschlösser; sie dien-
ten zunächst zum Schutz der Grenzbevölke-
rung gegen Einfälle ausländischer Feinde,
im Laufe der Zeit wurden sie aber allmäh-
lich inländischen Zwecken nutzbar gemacht.
Unter „Shiro" und „Ki" (oder „Toride")
versteht man fast dasselbe, obwohl zwischen
ihnen ein gewisser Unterschied, was Größe
und Bauart anlangt, besteht. Ihre Bau-
art war im allgemeinen einfach und primi-
tiv, man zog eben beim Erbauen dieser
Burgen höchstens aus der geographischen
Lage für die eigenen Zwecke Nutzen oder
verwendete einen von Natur geschützten
Ort zu eigenem Vorteil. Vom Ende der
Heian-Periode an, die Kamakura-Periode
hindurch bis zum Anfang der Muromachi-
Periode (etwa 12. bis 16. Jahrhundert)
wurden die Beziehungen Japans zun: Auslande verhältnismäßig friedlich, es erübrigte sich allmählich, gegen aus-
ländische Einfälle Schutzmaßregeln zu ergreifen. Unter diesen Umständen ging die Burgbaukunst in Japan einstweilen
bis zu einem gewissen Grade zurück, so daß nur die damaligen mächtigen Familien ihre Wohnhäuser unter dem
Namen „Shiro" (Burg) befestigten. Die damals bekannten Burgen wie „Jchinotani" (1182) und „Atsugashiyama"
(1189) sind allem Anscheine nach nur provisorische Burganlageu gewesen. Das Wohnhaus des damaligen „Shogun"
(Staatsverwesers) Mritomo, gleichzeitig das Hauptquartier der Shogunregierung, hatte als Schutzeinrichtungen nur
Burggräben, wurde aber trotzdem als „Shiro" (Burg) bezeichnet. Auch in der Nambokucho-Periode (14. Jahr-
hundert) konnten Krieger in den Provinzen nur natürliche feste Stellungen mit dürftigen Kunstbauten als Burgen
benutzen, da es ihnen an Geld und Macht fehlte. Selbst die allbekannten Burgen wie „Akasaka" und „Chihaya" der
Familie Kusunoki, die Burg „Poshino" des Prinzen Morinaga und andere Burgen der damaligen Mitglieder der
Kaiserlichen Partei wie Kikuchi, Akamatsu und Nitta waren nichts anders als Anlagen, die unter Benutzung der natür-
lichen Bodengestaltung nur mit Schanzen, Gräben und an wichtigen Punkten mit Schautürmen versehen waren.
Am Ende der Muromachi-Periode begann die kriegerische Zeit Japans, in der man sich notwendigerweise
energisch mit dem Erbauen von Burgen befaßte; die Burgbaukunst entwickelte sich in dieser Zeit außerordentlich.
Durch die Einführung der Feuerwaffen in Japan im Jahre 1543 trat eine gründliche Wandlung in der Taktik in
Japan ein, was dem Burgbau eine gänzlich neue Richtung gab; an Stelle der Benutzung natürlicher fester Stellungen
ging man dazu über, Burgen rein als Kunstbauten und in größerem Maßstabe zu errichten. Dokan Ota, der schon
1457 im Gegensatz zum damaligen Bergschlosse eine größere Burg in Edo, heute Tokio, erbaut hatte, gilt als der
eigentliche Begründer des neuen Burgbaues. Die neue Tendenz zu größeren Maßstäben in der Feudalzeit Japans
wird auf seine Initiative, die Burg auf
einem Flachland zu erbauen, zurückgeführt.
Mit dem Auftreten von Nobunaga Oda,
einem der bekanntesten Krieger und Poli-
tiker, die Japan bis dahin gehabt hatte, auf
der Bühne der japanischen Politik, beginnt
endlich die Bewegung des inneren Zu-
sammenschlusses aller Teile des japanischen
Volkes; aus ihr ergab sich für die „Burg" eine
andere Aufgabe als die bis dahin rein strate-
gische: man erbaute nunmehr Burgen auch
zum Zweck der Verwaltung des Lehnbezir-
kes, des gesicherten Lebens innerhalb des
Burggrundstücks und endlich auch zur Gel-
tungmachung des eigenen Einflusses dein:
Volke. Hiermit hängt zusammen, daß man
nunmehr die Burgen gern in der Ebene er-
baute, und mit der Entwicklung der stattlichen
Zitadelle schlug endlich der Burgbau in Ja-
pan einen ganz neuen Weg ein.


Mb. 12. Burg Wakcmiatsujv
 
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