Abb. 16. Burg Nagoyajö: Turm.
Als Literatur über den japanischen Burgbau gelten die Werke,
die von den Strategikern in der Edo-Periode geschrieben worden
sind. Es gab damals mehrere Schulen in der Burgbaukunst, unter
denen die Koshu-Schule, die Uesugi-Schule und die Hojo-Schule
am meisten bekannt waren. Daraus ist zu entnehmen, wie großen
Wert man damals auf die Burgbaukunst legte. Trotz der Unter-
schiede, die sich aus der Größe, dem Zweck, dem gegebenen Rah-
men und dem Stande des Burgherren ergeben, lagen allen Schu-
len gemeinsam beim Erbauen der Burgen folgende Hauptgedanken
zugrunde:
I. Auswahl der Bodengestalt (die Burg muß nach der Lehre
der japanischen Astrologie (vermutlich chinesischerHerkunftj
einwandfrei gelegen sein).
I I. Gestalt und Größe des Grundstückes (eine angemessene Ge-
stalt wie viereckig, rund, gerade oder verkrümmt usw. und
genügende Größe des Grundstücks).
III. Absperrung des Grundstückes durch ein Seil (vorherige Ab-
grenzung des Grundstückes für die nötigen Teile der Burg
nach einem bestimmten Plan).
I V. Die Größe der Hauptburg (abhängig von der vollen Stärke
der Besatzung).
V. Freier Raum für die Gebäude und Aufbewahrung von
Sandsäcken in der Kriegszeit.
VI. Wasser (Versorgung mit Trinkwasser in der Kriegszeit).
Sobald der Plan unter den eben erwähnten Gesichtspunkten aufgestellt ist, wird der Bau der einzelnen Teile in
Angriff genommen. Alle Teile der Burg waren von Holz und im Stile der Schatzkammern feuer- und schußfest er-
baut, die entblößten Holzteile an den Türen usw. waren mit Eisenplatten beschlagen.
Die Zitadelle galt als der schönste und größte Teil der Burg und hatte eine besonders große Bedeutung für die
ganze Burg. Man vermutet mit einiger
Sicherheit, daß die japanische Zitadelle in
der im Jahre 1576 erbauten Burg in
Azuchi ihr Urbild hatte, die ersten An-
fänge der Zitadelle sind aber bisher noch
nicht einwandfrei ermittelt. Die Zita-
delle der Burg steht heute nicht mehr, sie
soll nach dem Buch „Geschichte Nobunagas"
(„Nobunaga-ki") sechsstöckig und im Innen:
prächtig ausgestattet gewesen und vom
Burgherren als Wohnhaus benutzt worden
sein. In der Edo-Periode wurde die Zitadelle
nicht mehr als Wohnhaus des Burgherrn ge-
braucht. Der Burgherr wohnte in der Regel
in der zweiten Außenburg, „Ninomaru" ge-
nannt, die Zitadelle diente als Schauturm
in Kriegszeiten, als Kommandoturm und
letzter Stützpunkt; sie war ein äußeres Zei-
chen der Macht des Burgherrn. Aus diesen
Gründen wurden die Zitadellen auf hohen
Steinmauern mehrstöckig, in der Edo-Peri-
ode höchstens vierstöckig erbaut.
Bei den Zitadellen sind vier Arten zu
unterscheiden:
I. Die selbständige Zitadelle, die von Mb. 17. Innenseite des 1. Zimmers von „Jörakuden" der Burg Nagoya.
den anderen Gebäuden getrennt er- (Jörakuden — Gebäude in der Burg, in dem sich „Shögun" u. „Daimyos" auf
baut wird, z. B. die Burg Hikone. ihrer Reise nach Kyöto aufhalten.