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Die Stiftskirche ist mit Ausnahme einiger Umbauten des 12. Jahr-
hunderts in der Gestalt, wie sie ihr Gründer geplant hat, auf uns
gekommen. Sie ist das einzige kirchliche Bauwerk aus ottonischer
Zeit in Norddeutschland, das noch aufrecht steht, und eines der
frühesten Beispiele einer kreuzförmigen Basilika. Die Grundanlage
ist also ein Ostchor mit halbrunder Apsis und darunter befindlicher
Krypta, ein Querhaus und ein dreischiffiges Langhaus.
Architektonisch am beachtenswertesten sind die Langhausemporen,
die einzigen heute überhaupt noch erhaltenen Emporen aus roma-
nischer Zeit. Die Westseite des Baues hat gegen den Gründungs-
plan die weitgreifendsten Veränderungen erfahren. Sie war
ursprünglich mit einer glatten Giebelwand abgeschlossen, vor der
sich im Innern die Loge der Äbtissin befand. Im 12. Jahrhundert
wurde der Gründungsbau nach Westen durch eine dreischiffige
Säulenkrypta mit darüber befindlichem Westchor erweitert. Da-
durch kam die Äbtissinnenloge in Wegfall. Als Ersatz wurden neue
Emporen im nördlichen und südlichen Querschiff eingebaut. Am
Ende des 12. Jahrhunderts fanden die Bauarbeiten mit der Er-
richtung eines zweistöckigen Kreuzganges ihren Abschluß, von dem
nur noch der an die Kirche sich anlehnende Flügel erhalten ist.
Etwa zur selben Zeit wurde im südlichen Seitenschiff das „Hei-
lige Grab" errichtet. Es ist eine Nachbildung des heiligen Grabes
in Jerusalem, wie sie seit dem 9. Jahrhundert in deutschen Kirchen
mehrfach errichtet wurden. Sie waren der Mittelpunkt der kirch-
lichen Osterfeiern. Das Heilige Grab der Stiftskirche zu Gernrode
ist nur noch in Resten erhalten, die die ursprüngliche Gestalt und
vor allem den ursprünglichen inneren Zustand kaum noch er-
Abb. 45. Stiftskirche zu Gernrode. Blick von: Ostchor kennen lassen. Am besten erhalten ist die Westwand, die mit
nach dem Westchor. Rankenwerk und Köpfen, mit symbolischen Tieren und den Fi-
guren von Johannes dem Täufer und Moses geschmückt, ein
wundervolles Beispiel mittelalterlicher Plastik darstellt.
Kurz nach Abschluß dieser letzten Bauarbeiten war auch schon die Blütezeit des Stiftes und der Kirche vorbei.
Das Schicksal der Kirche, auf das hier nicht näher eingegangen werden kann, führte bis zur völligen Verwahrlosung,
bis im 19. Jahrhundert eine grundlegende Wiederherstellung durchgeführt wurde. Diesem verborgenen Dasein
während vieler Jahrhunderte verdanken wir es, daß uns die Kirche in ihren ursprünglichen romanischen Formen
so rein erhalten ist.
Die Bedeutung der Stiftskirche und des Stiftes im Rahmen der Geschichte des Ortes Gernrode ist noch nicht
erforscht. Die Entstehung beider fällt in die Zeit, in der die ältesten Stadtkerne unserer Städte links der Elbe angelegt
wurden, die ringförmigen Stammsiedlungen. Hier in Gernrode sind zwei solcher Stammsiedlungen klar nachweis-
bar, eine bürgerliche Stammsiedlung mit der Stadtkirche als Mittelpunkt, von der heute nur noch der Turm
steht, und die kirchliche Stammsiedlung mit
der Stiftskirche als Mittelpunkt. Bei beiden
Anlagen ist die Wehrform nach Art der
Abb. 46. Stiftskirche Gernrode.
Westwand des Heiligen Grabes.
Abb. 47. Stiftskirche zu Gernrode. Bildwand an der Westseite des Heiligen Grabes.
Die Stiftskirche ist mit Ausnahme einiger Umbauten des 12. Jahr-
hunderts in der Gestalt, wie sie ihr Gründer geplant hat, auf uns
gekommen. Sie ist das einzige kirchliche Bauwerk aus ottonischer
Zeit in Norddeutschland, das noch aufrecht steht, und eines der
frühesten Beispiele einer kreuzförmigen Basilika. Die Grundanlage
ist also ein Ostchor mit halbrunder Apsis und darunter befindlicher
Krypta, ein Querhaus und ein dreischiffiges Langhaus.
Architektonisch am beachtenswertesten sind die Langhausemporen,
die einzigen heute überhaupt noch erhaltenen Emporen aus roma-
nischer Zeit. Die Westseite des Baues hat gegen den Gründungs-
plan die weitgreifendsten Veränderungen erfahren. Sie war
ursprünglich mit einer glatten Giebelwand abgeschlossen, vor der
sich im Innern die Loge der Äbtissin befand. Im 12. Jahrhundert
wurde der Gründungsbau nach Westen durch eine dreischiffige
Säulenkrypta mit darüber befindlichem Westchor erweitert. Da-
durch kam die Äbtissinnenloge in Wegfall. Als Ersatz wurden neue
Emporen im nördlichen und südlichen Querschiff eingebaut. Am
Ende des 12. Jahrhunderts fanden die Bauarbeiten mit der Er-
richtung eines zweistöckigen Kreuzganges ihren Abschluß, von dem
nur noch der an die Kirche sich anlehnende Flügel erhalten ist.
Etwa zur selben Zeit wurde im südlichen Seitenschiff das „Hei-
lige Grab" errichtet. Es ist eine Nachbildung des heiligen Grabes
in Jerusalem, wie sie seit dem 9. Jahrhundert in deutschen Kirchen
mehrfach errichtet wurden. Sie waren der Mittelpunkt der kirch-
lichen Osterfeiern. Das Heilige Grab der Stiftskirche zu Gernrode
ist nur noch in Resten erhalten, die die ursprüngliche Gestalt und
vor allem den ursprünglichen inneren Zustand kaum noch er-
Abb. 45. Stiftskirche zu Gernrode. Blick von: Ostchor kennen lassen. Am besten erhalten ist die Westwand, die mit
nach dem Westchor. Rankenwerk und Köpfen, mit symbolischen Tieren und den Fi-
guren von Johannes dem Täufer und Moses geschmückt, ein
wundervolles Beispiel mittelalterlicher Plastik darstellt.
Kurz nach Abschluß dieser letzten Bauarbeiten war auch schon die Blütezeit des Stiftes und der Kirche vorbei.
Das Schicksal der Kirche, auf das hier nicht näher eingegangen werden kann, führte bis zur völligen Verwahrlosung,
bis im 19. Jahrhundert eine grundlegende Wiederherstellung durchgeführt wurde. Diesem verborgenen Dasein
während vieler Jahrhunderte verdanken wir es, daß uns die Kirche in ihren ursprünglichen romanischen Formen
so rein erhalten ist.
Die Bedeutung der Stiftskirche und des Stiftes im Rahmen der Geschichte des Ortes Gernrode ist noch nicht
erforscht. Die Entstehung beider fällt in die Zeit, in der die ältesten Stadtkerne unserer Städte links der Elbe angelegt
wurden, die ringförmigen Stammsiedlungen. Hier in Gernrode sind zwei solcher Stammsiedlungen klar nachweis-
bar, eine bürgerliche Stammsiedlung mit der Stadtkirche als Mittelpunkt, von der heute nur noch der Turm
steht, und die kirchliche Stammsiedlung mit
der Stiftskirche als Mittelpunkt. Bei beiden
Anlagen ist die Wehrform nach Art der
Abb. 46. Stiftskirche Gernrode.
Westwand des Heiligen Grabes.
Abb. 47. Stiftskirche zu Gernrode. Bildwand an der Westseite des Heiligen Grabes.