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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 37.1936

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Weinelt, Herbert: Das neuere Burgenschrifttum der Sudetenländer, zugleich ein Bericht über den Stand der sudetendeutschen Burgenforschung
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https://doi.org/10.11588/diglit.35026#0061
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kop aber Architekt. So bringt sein Buch endlich eine Fülle von genauen Schnitten, Rissen und Plänen. Prokop
ging aber die methodische Schulung des Historikers ab, unkritisch übernahm er jede Fabelnachricht und so konnte es
geschehen, daß er z. B. die Eulenburg 300 Jahre vor ihrer Erbauung schon bestehen lassen wollte. Auch seine stil-
kritischen Untersuchungen können nicht überzeugen, seine vielen Versuche, die ursprüngliche Form der Burgen wieder-
herzustellen, mißlingen meist. Doch bleibt seine Arbeit als Materialsammlung außerordentlich wertvoll. Otto Piper
unterzog in seinen „Österreichischen Burgen" (8 Bände, Wien 1902sf.) auch eine Anzahl von Burgen des Sudeten-
gebietes einer Untersuchung, und trotz aller Fehler, die ihm unterlaufen, bleibt es doch sein unbestreitbares Verdienst,
erstmalig vom Standpunkt der Burgenkunde und nicht von dem der Geschichte, an die Burgen herangegangen zu
sein. Wenn Piper aber im Vorwort zum 8. Band sagt, daß es in dem von ihm „behandelten Gebiet kaum einen
Burgrest geben wird, dessen Nichtbeachtung als wesentlicher Mangel bezeichnet werden dürfte", so stimmt das
für die Sudetenländer — übrigens auch für andere Gebiete — nicht. Piper hat eine ganze Reihe von sehr beacht-
lichen sudetenländischen Burgen übersehen.
Trotz all dieser und vieler anderer kleinerer Vorarbeiten ist die sudetendeutsche Burgenkunde ein fast vollständig
unbestelltes Gebiet. Mustern wir zuerst die Neuerscheinungen durch. In den „Burgen Westböhmens", zwei
stattlichen Heften, behandelt Georg Schmidt 40 Burgen, Burgstellen und Festen des deutschen Westböhmens.
Schmidt hat mit großer, anerkennenswerter Gründlichkeit alle erreichbaren historischen Nachrichten über die Burgen
zusammengetragen, doch wäre ein stärkeres Hineinstellen der Burgen in die Landesgeschichte und ein Abschnitt über
die Zeitfolge des westböhmischen Burgenbaues wünschenswert gewesen. Neben der gründlichen Kleinarbeit erscheinen
die großen Zusammenhänge etwas vernachlässigt. Zur Burgenkunde bringt Schmidt nichts Neues, seine eingehenden
Beschreibungen können nicht über den Mangel von Planskizzen — die Wiedergabe einiger Heberschen Pläne füllt
die Lücke nicht — hinweghelfen, zumal sich seine Terminologie zum Teil noch in den Bahnen Hebers bewegt. Rudolf
Langhammer schreibt in seinem Heimatbuch „Die Burgen des mittleren Egertales und die Stadt Klö-
sterle" über die bekannten Burgen Egerberg, Birsenstein, Schönburg, Hassenstein und Himmelstein. Auch seine
Arbeit ist bis auf die kritische Durchmusterung der burgenkündlichen Vorarbeiten wesentlich historisch aufgefaßt. Nicht
klar ist der Zweck von Viktor Karells „Burgen des Erzgebirges und Egertales". Karell bringt neben einer
großen Zahl von Sagen und kurzen Auszügen aus der Geschichte sehr knappe Andeutungen über den baulichen Be-
stand der Burgen. In dem einleitenden Abschnitt „Von Burgen überhaupt" steht auf Seite 13 der Satz: „Der äußerst
vorgeschobene Schutz einer Burg war die Ringmauer, die besonders bei großen Burganlagen nie fehlte. Zwischen
ihr und der eigentlichen Burg befand sich ein Graben, der Zwinger, der entweder mit Wasser angefüllt war oder wilde
Tiere, wie Wölfe und Bären, beherbergte." Dies Beispiel mag genügen; so wird der sudetendeutschen Burgenkunde
nicht weitergeholfen!
Von einer sehr erfreulichen Monographie einer Burg ist dagegen zu berichten, von O. Schürers Werk: „Die
Kaiserpfalz Eger." Schürer ist Kunsthistoriker, aber er wäre nicht der Wissenschaftler von Ruf, würde er nicht
auch die anderen Gebiete, mit denen sein Werk zusammenhängt, meistern. Schürer, der schon mit weitem Blick
Entstehen und Geschichte der Kaiserburg in seiner „Geschichte von Burg und Pfalz Eger" in das Reichs-
geschehen hineingestellt hatte, bereitet vielen alten Hypothesen durch seine Forschungen ein Ende. Für die Burgen-
künde sind besonders seine Feststellungen über das Alter des „Schwarzen Turmes" von großer Bedeutung. Dieser
angeblich älteste Burgturm Böhmens steht zum Teil auf einem älteren einer früheren Burg, und stammt wahrschein-
lich erst aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Er ist westdeutsches Einfuhrgut. Schürers kunstgeschichtliche
Analyse kann dann recht genau die Herkunft der Stilformen aus dem oberrheinischen Kreis erweisen. Für den Palas
lind den Unterbau der Kapelle ist der Baubeginn mit 1180 angesetzt, die Oberkapelle ist erst nach einer längeren Bau-
Pause, wohl im ersten Jahrzehnt der Regierungszeit Kaiser Friedrichs II. entstanden.
Als sehr bedauerlich muß der Mangel von guten Burgplänen empfunden werden, der in der Tatsache, daß
bisher nur Historiker, nicht aber Architekten, sich mit Burgen befaßt haben, begründet ist. Diese wesentliche Lücke
scheint nun allmählich durch die neuen, deutschell Bände der Kunsttopographie behoben zu werden, die sehr verläß-
liches, genaues und klares Planmaterial bereitstellen. A. Gnirs bringt im 53. Band über den Bezirk Elbogen
eine sehr eingehende Darstellung der Burg Elbogen und würdigt zum ersten Male die Elbogener Unterburg, das
einzige, sehr gut bewehrte Tor zur Stadt Elbogen, die zeitweilig als eigenes Lehen vergeben war. Durch eine falsche
Annahme — Gnirs glaubt, das Markgrafenhaus gehe auf das Geschlecht der Vohburger zurück — glaubt Gnirs
eine erste Burganlage von ganz unwahrscheinlicher, dem Gelände nach unmöglicher Gestaltung erschließen zu können.
Davon abgesehen ist die Darstellung eine der besten und modernsten, die wir haben. Den gleichen Weg moderner
Burgenforschung war schon Gnirs im 50. Band über die Bezirke Tepl und Marienbad gegangen. Hier zeigt er
an Hand reichen Planmateriales die bauliche Entwicklung der Burg Petschau, weist nach, daß die Burg Borschen-
grün innerhalb eines noch in Resten vorhandenen Burgwalles entstand, und bringt eine genaue Darstellung der
Burg Königswart. Gnirs berichtet erfreulicherweise auch von den ganz unerforschten, spätmittelalterlichen Wall-
ringen und verzeichnet daneben den spärlichsten Rest jeder Wehranlage. Auch K. F. Kühn bietet im Band 51 über
den Bezirk Reichenberg sehr gute, eingehende Beschreibungen und hervorragendes Grundrißmaterial der Burgen
Grafenstein, Hammerstein, Reitstein und Roimund, und berichtet über die geringen Spuren der anderen
Wehrbauten.
 
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