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tragen nur ausnahmsweise Glocken. Sie kommen um 1200 in den Donauländern sowie in Steiermark und Kärnten
in breiter Schicht auf und sind in Mähren durch deutsche Siedler im 13. Jahrhundert eingeführt worden.
Während die Rundkirchen Mährens mit denen Böhmens eine in jeder Hinsicht einheitliche Gruppe bilden, gibt es
in Böhmen keine Rundkarner.
Rundkirchen, bzw. deren Reste kennen
wir inMähren sieben, und zwar in: 1. öüsto-
hostice, 2. Platsch bei Znaim, 3. Podoli bei
Jamnitz, 4. Pustimör, 5. ßebkovice, 6.8töp-
kov, 7. Znaim. Mit Ausnahme von Pusti-
msr (in der Nähe von Wischau gelegen) be-
finden sich alle diese Orte im südwestlichen
Mähren. Um jeden Zweifel zu beseitigen,
erwähne ich hier noch diejenigen Orte in
Mähren, in denen uns Rundkarner erhalten
sind: Alt-Vöttau (heute unter dem Wasser-
spiegel der Frainer Talsperre), Erdberg bei
Znaim,Mährisch-Budwitz,Stannern,Frain.
Bevor ich an die kurze Beschreibung
der Denkmäler gehe, will ich in großen
Umrissen einen Überblick über die kirch-
lichen Verhältnisse Mährens in ihrer Ent-
stehungszeit geben.
Mähren kam erst unter Herzog Bretislav 1. (1037—1055) durch Angliederung an Böhmen in dauernd geord-
nete Verhältnisse, nachdem es seit dem Untergang des großmährischen Reiches der Schauplatz steter Kämpfe war.
Bretislav teilte sein Reich in Gaue und gründete zu deren Verwaltung landesfürstliche Burganlagen als Sitz
der weltlichen und geistlichen Behörde, welch letztere damals noch völlig von der elfteren abhängig war. Diese Gau-
burgen waren gleichzeitig Sitz der Großpfarren. Um die Wende des 11. zum 12. Jahrhundert lockerte sich jedoch
vor allem durch das Aufkommen des Lehenswesens diese einfache Organisation. Die Belehnung mit einem Dorfe
Pflegte die Errichtung eines Hofes in dessen Nähe durch den Lehnsmann zur Folge zu haben. Dieser Hof besaß zur
Erhöhung seiner Bedeutung häufig eine Kapelle (Oratorium). Wenn auch solche Oratorien anfangs der Großpfarre
unterstellt waren, so wurde diese Abhängigkeit infolge des Verfalls der Gauorganisation bald bedeutungslos und der
Inhaber des Hofes machte dessen Gotteshaus durch freie Einsetzung des Geistlichen und Einhebung des Kirchen-
einkommens zu einer sogenannten Eigenkirche. Der so hervorgerufene Verfall des Kirchenwesens führte zu den von
Rom veranlaßten Reformbestrebungen des Bischofs Heinrich Zdik von Olmütz (1126—1150), durch welche die Trennung
von kirchlicher und weltlicher Organisation angestrebt wurde. Die damit verbundenen, äußerst erbitterten Streitig-
keiten zogen sich bis um das Jahr 1230 hin, so daß erst damals sich das Eigenkirchenwesen auflöste.
Wir müssen uns daher bei Kirchenbauten des 12. und 13. Jahrhunderts stets vor Augen halten, daß ihrer viele
Eigenkirchen waren und daß der steinerne Bau einer solchen, bei sonst vorherrschender Holzkonstruktion auch vom
Standpunkt der Wehrhaftigkeit gesehen, für den Besitzer von größter Be-
deutung sein mußte. Ich habe daher als Einteilungsgrund der mährischen
Rundkirchen unter Zuziehung des böhmischen Vergleichsmaterials ihr Ver-
hältnis zum Wehrbau genommen. Dabei konnte ich vor allem zwei Gruppen
seststellen: einerseits Rundkirchen, die auf großen landesherrlichen
Burgen standen, z. B. Znaim, in Böhmen Plzenec, Budeö, andererseits
solche, die der einzige Bau einer kleinen Wehranlage waren, z. B.
8tkpkov, in Böhmen Hradesin, Kostelec.
St. Katharina in Znaim (Abb. 96—98).
Znaim wurde als Grenzfeste und Gauburg von Bretislav I. gegründet.
Diese Burganlage lag auf einer dreiseitig schroff abfallenden, durch einen
Halsgraben abgeschnittenen Geländezunge. Inmitten der Vorburg steht
auf einem Felskegel die St. Katharinen-Kapelle. Dieser Felskegel ist heute
leider ummauert. Er fiel, zumal gegen Norden, ungefähr 6 in senkrecht ab.
Trotz zahlreicher Restaurierungen ist der ursprüngliche Bauzustand dieser
Rundkirche klar ersichtlich. Das Mauerwerk aus reihenweise gelegten kleinen,
quaderartigen Bruchsteinen wird an Hauptbau und Apsis von einem leicht
gekehlten Gesimse unter dem Dachansatz abgeschlossen. Die ursprüngliche
Kuppel trägt den Unterbau einer runden Laterne, d. h. eines mit Schall-
Abb. 97. Grundriß der St. Katharinen-Kapelle
in Znaim.
tragen nur ausnahmsweise Glocken. Sie kommen um 1200 in den Donauländern sowie in Steiermark und Kärnten
in breiter Schicht auf und sind in Mähren durch deutsche Siedler im 13. Jahrhundert eingeführt worden.
Während die Rundkirchen Mährens mit denen Böhmens eine in jeder Hinsicht einheitliche Gruppe bilden, gibt es
in Böhmen keine Rundkarner.
Rundkirchen, bzw. deren Reste kennen
wir inMähren sieben, und zwar in: 1. öüsto-
hostice, 2. Platsch bei Znaim, 3. Podoli bei
Jamnitz, 4. Pustimör, 5. ßebkovice, 6.8töp-
kov, 7. Znaim. Mit Ausnahme von Pusti-
msr (in der Nähe von Wischau gelegen) be-
finden sich alle diese Orte im südwestlichen
Mähren. Um jeden Zweifel zu beseitigen,
erwähne ich hier noch diejenigen Orte in
Mähren, in denen uns Rundkarner erhalten
sind: Alt-Vöttau (heute unter dem Wasser-
spiegel der Frainer Talsperre), Erdberg bei
Znaim,Mährisch-Budwitz,Stannern,Frain.
Bevor ich an die kurze Beschreibung
der Denkmäler gehe, will ich in großen
Umrissen einen Überblick über die kirch-
lichen Verhältnisse Mährens in ihrer Ent-
stehungszeit geben.
Mähren kam erst unter Herzog Bretislav 1. (1037—1055) durch Angliederung an Böhmen in dauernd geord-
nete Verhältnisse, nachdem es seit dem Untergang des großmährischen Reiches der Schauplatz steter Kämpfe war.
Bretislav teilte sein Reich in Gaue und gründete zu deren Verwaltung landesfürstliche Burganlagen als Sitz
der weltlichen und geistlichen Behörde, welch letztere damals noch völlig von der elfteren abhängig war. Diese Gau-
burgen waren gleichzeitig Sitz der Großpfarren. Um die Wende des 11. zum 12. Jahrhundert lockerte sich jedoch
vor allem durch das Aufkommen des Lehenswesens diese einfache Organisation. Die Belehnung mit einem Dorfe
Pflegte die Errichtung eines Hofes in dessen Nähe durch den Lehnsmann zur Folge zu haben. Dieser Hof besaß zur
Erhöhung seiner Bedeutung häufig eine Kapelle (Oratorium). Wenn auch solche Oratorien anfangs der Großpfarre
unterstellt waren, so wurde diese Abhängigkeit infolge des Verfalls der Gauorganisation bald bedeutungslos und der
Inhaber des Hofes machte dessen Gotteshaus durch freie Einsetzung des Geistlichen und Einhebung des Kirchen-
einkommens zu einer sogenannten Eigenkirche. Der so hervorgerufene Verfall des Kirchenwesens führte zu den von
Rom veranlaßten Reformbestrebungen des Bischofs Heinrich Zdik von Olmütz (1126—1150), durch welche die Trennung
von kirchlicher und weltlicher Organisation angestrebt wurde. Die damit verbundenen, äußerst erbitterten Streitig-
keiten zogen sich bis um das Jahr 1230 hin, so daß erst damals sich das Eigenkirchenwesen auflöste.
Wir müssen uns daher bei Kirchenbauten des 12. und 13. Jahrhunderts stets vor Augen halten, daß ihrer viele
Eigenkirchen waren und daß der steinerne Bau einer solchen, bei sonst vorherrschender Holzkonstruktion auch vom
Standpunkt der Wehrhaftigkeit gesehen, für den Besitzer von größter Be-
deutung sein mußte. Ich habe daher als Einteilungsgrund der mährischen
Rundkirchen unter Zuziehung des böhmischen Vergleichsmaterials ihr Ver-
hältnis zum Wehrbau genommen. Dabei konnte ich vor allem zwei Gruppen
seststellen: einerseits Rundkirchen, die auf großen landesherrlichen
Burgen standen, z. B. Znaim, in Böhmen Plzenec, Budeö, andererseits
solche, die der einzige Bau einer kleinen Wehranlage waren, z. B.
8tkpkov, in Böhmen Hradesin, Kostelec.
St. Katharina in Znaim (Abb. 96—98).
Znaim wurde als Grenzfeste und Gauburg von Bretislav I. gegründet.
Diese Burganlage lag auf einer dreiseitig schroff abfallenden, durch einen
Halsgraben abgeschnittenen Geländezunge. Inmitten der Vorburg steht
auf einem Felskegel die St. Katharinen-Kapelle. Dieser Felskegel ist heute
leider ummauert. Er fiel, zumal gegen Norden, ungefähr 6 in senkrecht ab.
Trotz zahlreicher Restaurierungen ist der ursprüngliche Bauzustand dieser
Rundkirche klar ersichtlich. Das Mauerwerk aus reihenweise gelegten kleinen,
quaderartigen Bruchsteinen wird an Hauptbau und Apsis von einem leicht
gekehlten Gesimse unter dem Dachansatz abgeschlossen. Die ursprüngliche
Kuppel trägt den Unterbau einer runden Laterne, d. h. eines mit Schall-
Abb. 97. Grundriß der St. Katharinen-Kapelle
in Znaim.