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Curtius, Ernst
Gesammelte Abhandlungen (Band 2) — Berlin, 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.33815#0055

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II. Studien zur Geschichte des griechischen Olymps.

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an Quellen, Bächen und Flüssen, ihre heiligen Stätten hatte,
welche auch die See mit menschenähnlichen Wesen bevölkerte
und den Himmelsgestirnen mit Opfern und Gebeten nahte.

Dieser Naturdienst hat sich in der Stille ungestört durch
Jahrtausende erhalten als äitesterVolksglaube; seine Oestaiten
sind nie verdrängt und entthront, nie verabsäumt und vergessen
worden. Ohne sie war auch die Götterwelt nicht zu denken.
In unzähligen Sagen sind sie mit den Olympiern verhunden
worden, ja, bei feierlichen Anlässen werden die Landestöchter,
„die in den lieblichen Hainen wohnen und an den Quellen der
Ströme", aus ihren heimlichen Plätzen in den Olymp berufen
(Ilias XX 7). Aber sie bilden nur die Plebs im aristokratischen
Götterrathe, stimmlos und machtlos, oime Eindufs auf die Welt-
begebenheiten, auch ohne individuelle Persönlichkeit. Den
Landesbewohnern sind sie menschlich immer die nächsten ge-
blieben, im öifentlichen Oultus aber hinter den Olympiern
zurückgetreten, denen das Nationalgefühl der Hellenen die
Tempel errichtet, die Bilder geschaifen, die grofsen Feste ge-
stiftet hat. Hier würden wir nach meinem Urtheil irre gehen,
wenn wir nach einer „Naturbasis" suchen wollten: die Olympier
lassen sich nicht aus Aether und Luft, aus Erdwärme und
Bodennässe, aus Wind und Gewittern erklären; sie sind als
ganze und volle Gottheiten in den Verein eingetreten, den
Hestia zu einem Familienkreise gemacht hat.
 
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