VII. Die Greburt des Erichthonios.
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risse sauber abzuputzen bat man sich nicbt die Mühe gegeben;
so ist man namentlich am unteren Rande des Drachenleibes
unvorsichtig mit dem Messer entlang gefahren.
Diese Behandlungsweise steht mit dem Charakter der
Innenzeichnung in auffallendem Contraste, denn diese ist mit
gröfster Sorgfalt gemacht, und zwar ist sie, wie eine genauere
Beobachtung der Arbeit vermuthen läfst, nicht als Relief
modellirt, sondern in der dachen Form, aus welcher der Ab-
druck genommen ist, vertieft ausgeftihrt worden. So erklärt
sich am einfachsten die volle &leichmäfsigkeit der Oberdäche,
die vollkommene Regeimäfsigkeit der parallelen Striche im
Haar und im Gewande. Den Gewandfalten der Athena sieht
man deutlich an, dafs sie in eine glatte Fläche eingedrtickt
worden sind; eben so sind die ldeinen runden Erhebungen,
welche den Schlangenleib ganz bedecken, offenbar durch Punk-
tiren in der weichen Form hervorgebracht worden; denn es
wtirde eine unverhältnifsmäfsig grofse Mühe verursacht haben,
wenn man die dichte Menge derselben in erhabener Arbeit
hätte herstellen wollen. An der linken Hand des Schlangen-
mannes verrätli sich dasselbe Verfahren. Sie ist nicht frei
modellirt, sondern die Umrisse der Finger sind in die Forrn ein-
geritz.t worden; darurn tritt die Hand nicht in plastischer
Deutlichkeit hervor, sondern macht den täuschenden Eindruck,
als wenn ilire innere Seite dem Beschauer zugekehrt wäre.
Kurz man hat, wie ich glaube, die ganze Innenzeichnung des
Reliefs negativ ausgeführt und die Form, aus welcher es ab-
gedrtickt worden ist, wie einen Stempel bearbeitet. Daraus
erklärt sich auch die feine Miniaturarbeit, welche unserem
Relief im Vergleich mit anderen Terracottareliefs eigen ist,
bei denen das Detail der Farbe überlassen worden ist. Der
dunkelfarbige Thon, der eine grofse Härte besitzt, ist mit
einer sehr feinen, milchweifsen Thonlage wie mit einer Haut
überzogen: von einem Farbenüberzug sind keine Spuren er-
halten.
Der Gegenstand der Darstellung ist unverkennbar, und
mit Freude begrüfsen wir hier die erste aus dem Boden Athens
hervorgegangene, die erste in allen Hauptsachen vollständig er-
haltene plastische Darstellung des Erichthoniosmythos, von der
wir voraussetzen dürfen, dafs sie unmittelbar aus dem Geiste
attischer Ueberlieferung entsprungen ist, und die also auch
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risse sauber abzuputzen bat man sich nicbt die Mühe gegeben;
so ist man namentlich am unteren Rande des Drachenleibes
unvorsichtig mit dem Messer entlang gefahren.
Diese Behandlungsweise steht mit dem Charakter der
Innenzeichnung in auffallendem Contraste, denn diese ist mit
gröfster Sorgfalt gemacht, und zwar ist sie, wie eine genauere
Beobachtung der Arbeit vermuthen läfst, nicht als Relief
modellirt, sondern in der dachen Form, aus welcher der Ab-
druck genommen ist, vertieft ausgeftihrt worden. So erklärt
sich am einfachsten die volle &leichmäfsigkeit der Oberdäche,
die vollkommene Regeimäfsigkeit der parallelen Striche im
Haar und im Gewande. Den Gewandfalten der Athena sieht
man deutlich an, dafs sie in eine glatte Fläche eingedrtickt
worden sind; eben so sind die ldeinen runden Erhebungen,
welche den Schlangenleib ganz bedecken, offenbar durch Punk-
tiren in der weichen Form hervorgebracht worden; denn es
wtirde eine unverhältnifsmäfsig grofse Mühe verursacht haben,
wenn man die dichte Menge derselben in erhabener Arbeit
hätte herstellen wollen. An der linken Hand des Schlangen-
mannes verrätli sich dasselbe Verfahren. Sie ist nicht frei
modellirt, sondern die Umrisse der Finger sind in die Forrn ein-
geritz.t worden; darurn tritt die Hand nicht in plastischer
Deutlichkeit hervor, sondern macht den täuschenden Eindruck,
als wenn ilire innere Seite dem Beschauer zugekehrt wäre.
Kurz man hat, wie ich glaube, die ganze Innenzeichnung des
Reliefs negativ ausgeführt und die Form, aus welcher es ab-
gedrtickt worden ist, wie einen Stempel bearbeitet. Daraus
erklärt sich auch die feine Miniaturarbeit, welche unserem
Relief im Vergleich mit anderen Terracottareliefs eigen ist,
bei denen das Detail der Farbe überlassen worden ist. Der
dunkelfarbige Thon, der eine grofse Härte besitzt, ist mit
einer sehr feinen, milchweifsen Thonlage wie mit einer Haut
überzogen: von einem Farbenüberzug sind keine Spuren er-
halten.
Der Gegenstand der Darstellung ist unverkennbar, und
mit Freude begrüfsen wir hier die erste aus dem Boden Athens
hervorgegangene, die erste in allen Hauptsachen vollständig er-
haltene plastische Darstellung des Erichthoniosmythos, von der
wir voraussetzen dürfen, dafs sie unmittelbar aus dem Geiste
attischer Ueberlieferung entsprungen ist, und die also auch